Alkoholabhängigkeit und die Gefährdung: Wenn der „Dry January“ nicht mehr ausreicht

Erfolgsgeschichten aus der Ambulanten Rehabilitation der Diakonie

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Zum Jahresanfang nehmen sich einige den guten Vorsatz einer einmonatigen Unterbrechung des eigenen Alkoholkonsums. Die Vorteile alkoholbezogenen Gewohnheiten zu stoppen sind spür- und messbar. Der Schlaf verbessert sich, der Blutdruck sinkt auf gesündere Werte, die Konzentrationsfähigkeit und das Leistungsvermögen nehmen wieder zu. Auch das Krebsrisiko kann gesenkt werden. Was aber kann man unternehmen, wenn es nicht mehr gelingt, das eigene Trinken zu beenden? Die Fachstelle Sucht der Diakonie Dortmund bietet Beratung bei Alkoholabhängigkeit und Gefährdung an. Darüber hinaus werden Menschen bei bestehender Abhängigkeit im Rahmen der medizinischen ambulanten Rehabilitation behandelt.

Erfolgsgeschichte von Rehabilitanden zeigt warum dieses Angebot wichtig ist

Wöchentliche Sitzungen statt langer Klinikaufenthalte ermöglichen es, die Sucht zu bewältigen und gleichzeitig im Alltag den vielfältigen Anforderungen und Verpflichtungen im Beruf nachkommen zu können. Auch das Familienleben profitiert von den positiven Auswirkungen der Behandlung. 

Zwei Dortmunder Suchterkrannkte mit ganz unterschiedlichem Hintergrund berichten von ihren Erfahrungen (Die Namen der Rehabilitanden wurden geändert): Vier kurze Worte, sicherlich ein paar Jahre zu spät, trafen Herrn P. (51) trotzdem mit so viel Kraft, dass er sein Leben sofort änderte: „Du trinkst Dich tot!“, sagte ihm ein befreundeter Arzt vertraulich ins Gesicht und das saß. Nur elf Monate später sitzt Herr P., von Beruf Anwalt, in der Fachstelle Sucht der Diakonie im Kaiserviertel.

Frank Schlaak, Leiter der Fachstelle Sucht der Diakonie in Dortmund. Foto: Diakonie

Er ist inzwischen schon weit gekommen auf dem Weg zurück in ein gesundes und selbstbestimmtes Leben ohne Alkohol. Tagsüber funktionierte er und hatte in der eigenen Kanzlei stets Nachschub in der Schublade. Selbst nachts stand der auf um Schnaps zu trinken. Dabei führt er aus, seine selbstständige Arbeit nicht vernachlässigt zu haben.

Allerdings dafür umso mehr seine Familie: Frau und Tochter haben sich im Laufe der Jahre mehr und mehr von ihm zurückgezogen. „Ich war in einer Spirale, die mich beinahe mein gesamtes Erwachsenenleben nicht losgelassen hat. Jetzt habe ich es geschafft und freue mich, dass das Thema Alkohol hinter mir liegt“, sagt Herr P. heute. Er weiß: „Jeder, der trinkt, schüttet irgendwas zu.“

Bei einigen Menschen ist der Weg ein Stück weit vorbestimmt

„Was Herrn P. viele Jahre Abhängigkeit gekostet haben, bis das eindringliche Signal ankam, dass er aufhören muss, geht bei manchen viel schneller“, erklärt Frank Schlaak, Leiter der Fachstelle Sucht der Diakonie. Ein Beispiel dafür ist Herr F., 28 Jahre: „Der Alkohol und ich haben einen Raketenstart hingelegt. Ab und zu getrunken habe ich seit ich sechs Jahre alt bin, doch richtig Fahrt aufgenommen hat die Sucht erst Jahre später im Homeoffice, als ich Schnaps getrunken habe“, erklärt der junge Immobilienkaufmann. 

Sein Weg war ein Stück weit vorbestimmt: nachdem seine Eltern an den Folgen ihrer Alkoholabhängigkeit verstorben waren, kam er über das Jugendamt in eine Pflegefamilie, die ebenfalls durch Alkoholkonsum belastet war. „Der Alkohol war einfach von Anfang an ein Teil meines Lebens und jeden Tag da“, erklärt Herr F. Beruflicher Druck wurde mit einer Steigerung des Alkoholkonsums versucht zu kompensieren. Dann ging es schnell: „Ich habe Gott sei Dank schon nach neun Monaten oder so die Kurve gekriegt. In dieser Zeit habe ich allerdings genug für mehr als ein Leben getrunken.“ 

Für ihn begann der Ausstieg mit einer Entgiftung: „Ich habe es erst allein versucht, aber nach einer Woche habe ich einen Krampfanfall bekommen, der mich beinahe umgebracht hätte.“ Frank Schlaak erklärt: „Ein Entzug sollte unter ärztlicher Aufsicht stattfinden, verbunden mit der Gabe von Medikamenten bei körperlichen Entzugserscheinungen, die lebensbedrohlich werden können.“ In der stationären Entzugsbehandlung entschied sich Herr F. für eine Therapie.

Gruppen bietet den Teilnehmenden die Möglichkeit sich gegenseitig aufzubauen

Herr P. entschied sich Ende letzten Jahres sofort für diese Variante und entgiftete ebenfalls für drei Wochen in einer Klinik: „Ich brauchte diese aseptische Umgebung, hier konnte ich als Trinker reingehen und kam dann als anderer Mensch wieder heraus.“ Trotzdem war ihm klar, dass es mit körperlicher Entgiftung allein nicht getan ist und er weitere fachliche Unterstützung benötigt. Die Entscheidung zur Abstinenz liegt für beide nun elf Monate zurück. 

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Die Ambulante Reha bietet viele Möglichkeiten, sich gegenseitig aufzubauen. „Es gibt Situationen in der Rehabilitationsgruppe, da sieht man jemandem an, dass etwas nicht gut läuft. Eine Woche später berichtet diese Person dann von einem Rückfall. Wir versuchen, uns gegenseitig zu stärken“, so Herr F..

Sein Kollege aus der Reha, Herr P., unterstützt: „Am Anfang träumte ich oft von Alkohol und wachte dann mit einem Schuldgefühl auf. Dann war ich erleichtert, dass nichts passiert ist. In den Gruppen hier kann ich offen reden, alles abladen. Das ist extrem befreiend.“ Seine sozialen Kontakte haben auch wieder einen anderen Stellenwert bekommen, vor allem im Hinblick auf die Familie.  

Einrichtungsleiter Frank Schlaak, unterstreicht den Wert der Gruppenangebote und den damit verbundenen vertraulichen Rahmen: „Alle Mitarbeitenden unterliegen der Schweigepflicht. Auch deswegen können die Teilnehmenden offen und vertraulich sprechen. Die Aussicht auf die nächste Sitzung ist für viele ein wichtiger Anker. Die Teilnehmenden verspüren ein wachsendes Verbindlichkeitsgefühl und erleben den Austausch in der Gruppe als hilfreich und unterstützend.“

Nicht ausreichende Finanzierung der ambulanten Suchthilfe

Rund 2 Millionen Menschen in NRW haben ein Alkoholproblem, 400.000 von ihnen gelten laut Gesundheitsministerium als abhängig. In Dortmund sind es gut 25.000 Menschen, die alkoholabhängig sind oder zumindest in gesundheitsschädlicher Weise trinken. „Trotzdem ist die ambulante Suchthilfe in unserer Region nicht auskömmlich finanziert“, weist Frank Schlaak auf die nichtzufrieden stellende Finanzierung der Suchthilfe hin. 

Der Weg zur Suchtberatung ist häufig kein leichter, weil Scham eine große Rolle spielt. Herr P. sagt, was ihm geholfen hat, diesen Schritt zu gehen und weitere folgen zu lassen: „Der erste Kontakt am Telefon zur Diakonie Suchtberatung war schon sehr freundlich, so dass ich schnell ein gutes Gefühl hatte. Dies hat sich im persönlichen Erstgespräch und in der Motivationsgruppe bestätigt. Die Reha führt das fort.“

Die Diakonie Fachstelle Sucht in Dortmund wendet sich an Menschen, die sich über ihren Alkoholkonsum Gedanken machen oder einen problematischen Konsum betreiben. Auch Anstöße von Dritten führen zu einem Besuch der Beratungsstelle. Darüber hinaus behandelt die Beratungsstelle seit 1999 auch Menschen bei bestehender Alkoholabhängigkeit im Rahmen der medizinischen ambulanten Rehabilitation und unterstützt Angehörige von Abhängigen und schulen Unternehmen und Einrichtungen im Umgang mit Suchtfragen.

Übrigens: das Alkoholfasten macht aus gesundheitlichen Gründen immer Sinn, es muss nicht zwangsläufig zu Jahresbeginn stattfinden, sondern lässt sich so oft durchführen, wie man es möchte.

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Reaktionen

  1. #ichwerdelaut: In einer Aktionswoche geht es um das Leben in suchtbelasteten Familien – Was wird aus den Kindern, wenn ihren Eltern Alkohol wichtiger ist? (PM)

    #Ich werde laut – das ist das Motto der bundesweiten COA-Aktionswoche. COA steht Children of Alcoholics (deutsch: Kinder von Alkoholiker*innen). Vom 16. bis 22. Februar gibt es auch in Dortmund viele Veranstaltungen, die Kindern aus suchtbelasteten Familien eine Stimme geben wollen.

    Von informativen Präsenzveranstaltungen bis hin zu Online-Formaten – das Programm bietet vielen die Möglichkeit, sich zu informieren, auszutauschen und gemeinsam aktiv zu werden. Die Aktionswoche richtet sich an Fachkräfte, Betroffene und Angehörige gleichermaßen. Gemeinsam wollen die Veranstalter das Bewusstsein für die Herausforderungen und Bedürfnisse der sogenannten „vergessenen Kinder“ schärfen und ihnen Mut machen, ihre Stimme zu erheben.

    In Dortmund beteiligen sich die Fachstelle für Kinder aus suchtbelasteten Familien sowie die Psychologischen Beratungsdienste des Jugend- und Gesundheitsamtes an der Aktionswoche.

    Mit der COA-Aktionswoche 2025 wollen die Organisatoren den vergessenen Kindern eine laute Stimme geben: #ICHWERDELAUT

    Weitere Infos: coa-aktionswoche.de

    Veranstaltungen in Dortmund:

    Hilfen für Kinder alkoholkranker Eltern

    https://www.dortmund.de/themen/kinder-jugendliche-und-familie/netzwerke/hilfen-fuer-kinder-alkoholkranker-eltern/

    Online-Seminar: Auswirkungen von FASD

    Wie wirkt sich Alkoholkonsum während der Schwangerschaft aus? In diesem Seminar kann man mehr erfahren über die Folgen einer fetalen Alkoholspektrumstörung (FASD) und deren Auswirkungen auf Betroffene und ihr Umfeld.
    Termin: 17.02.2025 9:30 – 11 Uhr
    Referent Timm Hübner, Gesundheitsamt Dortmund in Kooperation mit der Präventionsfachstelle Jugendamt Dortmund, für Fachkräfte

    Anmeldung: https://us06web.zoom.us/j/89151401961?pwd=HlJGXSilBGHeHLp9hQjAdoVaLzfZ4X.1
    Meeting-ID: 891 5140 1961
    Kenncode: VA9qRx

    Praxisworkshop und Infonachmittag: Kinder aus suchtbelasteten Familien stärken

    Am Beispiel von SOULSURFER (gruppentherapeutisches Angebot des Psychologisches Beratungsdiensts und der Präventionsfachstelle/Jugendamt Dortmund) und SMILYKIDS (Selbsthilfegruppe Kreuzbund Dortmund).

    Dienstag, 18.02.2025, 14:30 bis 17:30 Uhr, Beratungsstelle Hombruch, Harkortstraße 36, 44225 Dortmund, Eltern, Angehörige und Fachkräfte, Workshopbeginn jeweils um 14:30, 15:30 & 16:30 Uhr

    Das Angebot ist kostenlos, eine Anmeldung ist nicht notwendig. Rückfragen an Noemi Kumpmann, E-Mail: nkumpmann@stadtdo.de, Tel.: +49 231 50-19218 oder die Beratungsstelle Hombruch Tel.: +49 231 50-11990

    Vorstellung des Präventionsprogramms Halt!

    Das Präventionsprogramm „HaLT – Hart am Limit” richtet sich an Jugendliche, die riskanten oder exzessiven Alkoholkonsum zeigen, sowie an deren Umfeld. Es verfolgt das Ziel, den bewussten Umgang mit Alkohol zu fördern und riskantem Verhalten vorzubeugen. Es setzt auf eine enge Zusammenarbeit zwischen Fachkräften, Eltern, Schulen und lokalen Partnern, um sowohl auf individueller als auch auf gesellschaftlicher Ebene eine nachhaltige Wirkung zu erzielen.

    Donnerstag, 20.02.25 um 14 bis 15:30 Uhr, Referent: Frank Schlaak – Leiter Fachstelle Sucht, Diakonie Dortmund, Arndtstraße 16, 44135 Dortmund. Für Fachkräfte

    Filmvorführung „Zoey“ für Schulklassen im Dortmunder U

    In dem 40-minütigen fiktionalen Spielfilm geht es um die 14-jährige Zoey, die mit dem Rückfall ihres alkoholkranken Vaters zu kämpfen hat. Der Alltag des Teenagers gerät ins Wanken, und sie muss Verantwortung für ihren Vater, ihren 8-jährigen Bruder und sich selbst übernehmen, was nicht ohne Folgen bleibt. 20./21.02.2025 im Kino im U, Fachbereich Schule in Kooperation mit der Präventionsfachstelle der Stadt Dortmund. Für Schulklassen der Dortmunder weiterführenden Schulen. Anmeldungen für alle Veranstaltungen über: https://coa-aktionswoche.de/mitmachen/aktivitaeten

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