Auch an diesem sonnigen Februartag ist das Café Berta wieder gut gefüllt. Eigentlich kann man es in der Sonne draußen gut aushalten. Trotzdem sind wieder viele in die „Einrichtung für alkoholkonsumierende Personen“, wie es im offiziellen Sprachgebrauch heißt, gekommen. Sie suchen das Gespräch, die Gemeinschaft oder einfach nur einen heißen Kaffee, den es hier umsonst gibt.
Das Berta stand seit seinem Bestehen immer wieder auf der Streichliste der Stadt
Die Flasche Bier müssen sie selbst mitbringen. Agnieszka Fach steht mittendrin in dem lauten Stimmgewirr an einem Stehtisch und unterhält sich mit einem Besucher. Es wird gescherzt und gelacht und wohl auch das eine oder andere ernste Wort gewechselt.
Die ehemalige Kneipe an der Ecke Nord- und Heroldstraße bietet auch Unterstützung bei der Schuldner- und Obdachlosenberatung sowie bei der Wohnungs- und Arbeitssuche. Eine der Aufgaben, der die Sozialpädagogin nun seit zwei Wochen nachgeht. Die Öffentlichkeitsarbeit ist auch eines ihrer Themen.
Und die ist wichtig: Immer wieder stand das Berta in seinem vierjährigen Bestehen auf der Streichliste der Stadt. Die Gefahr der Schließung ist erstmal wieder vom Tisch: Eine ungewöhnliche Koalition von Linken/Piraten, Grünen, FDP/Bürgerliste und CDU konnten die Schließung im Rat der Stadt erneut verhindern.
Die Besucher des Café Berta begrüßten Agnieszka Fach mit Blumen am ersten Arbeitstag
Somit gibt es einen Arbeitsplatz für Agnieszka Fach in den nächsten eineinhalb Jahren: Sie Fach vertritt in dieser Zeit Viktoria Simon während ihrer Schwangerschaft und Mutterzeit. „Ich hatte auch andere Angebote“, sagt die Sozialpädagogin, „aber ich habe mich wegen des Nordstadtbezugs für das Berta entschieden.“
Seit zehn Jahren wohnt sie in der Nähe des Nordmarktes und fühlt sich wohl in der nördlichen Innenstadt. Sie schätzt das kulturelle Angebot im Stadtbezirk. Das Café Berta kannte sie bislang nur von außen.
Nun kennt sie es auch von innen und ist begeistert von ihrem ersten Job nach Beendigung des Studiums. „Man hat mir den Einstieg leicht gemacht“, schmunzelt sie, „an meinem ersten Tag empfingen mich die Besucher mit einem Strauß Blumen.“
Mittlerweile kommt es ihr so vor, als sei sie schon wesentlich länger dort beschäftig als drei Wochen. „Es läuft“, sagt Fach. Das kann auch ihr Chef, Thomas Thanscheidt bestätigen.
Die „Einrichtung für alkoholkonsumierende Personen“ hat jährlich steigende Besucherzahlen
Der Leiter der Einrichtung kann auf steigende Besucherzahlen verweisen. Im Jahre 2012, zur Eröffnung der Einrichtung, kamen im Schnitt 1000 Besucher im Monat.
In 2015 stieg die Zahl auf monatlich 2800 Visiten. Auch der Anteil der Menschen mit Migrationshintergrund ist gestiegen. Thanscheidt schätzt in auf zirka vierzig Prozent. „Viele von denen kommen auf einen Kaffee und zum Klönen“, beobachtet er.
Das Café Berta sorgt dafür, dass weniger alkoholkonsumierende Personen auf den Straßen der Nordstadt zu sehen sind und diese im Café einen sicheren Raum für ihren Konsum finden. Zweimal in der Woche kommt der „Doc“ vom aufsuchenden medizinischen Dienst und behandelt das Klientel im Café Berta.
Das niederschwellige Angebot sorgt dafür, dass vielen, die sonst nur schwer erreichbar waren, nun geholfen werden kann. Eine neue Aufgabe für Agnieszka Fach.
Mehr zum Thema auf nordstadtblogger.de:
- Neuer Vorstoß: Verwaltungsspitze will den Trinkraum „Café Berta“ im Rahmen der Haushaltskonsolidierung schließen
- Kämpferische Nordstadt-BV: Ordnungsstreifen und Café Berta erhalten – „Rotkäppchen“ stehen zur Disposition
- BvB-Fanclub „Herz des Nordens” feiert im Café Berta
- Stadt soll „KOBER“ und „Café Berta“ weiter fördern
- Hilfsorganisationen fordern den Erhalt des „Cafe Berta“
- Künftig kein städtisches Geld für Trinkraum: Keine Zukunft mehr für das Café Berta
- Gäste des „Café Berta“ bitten Landtag um Hilfe
- Café Berta: Vom kritisierten „Saufraum“ zur akzeptierten Einrichtung
- Der BVB-Fanclub Herz des Nordens e.V.: Fußball ist ihr Leben – das soziale Engagement aber auch
- Haushaltsausschuss spricht sich für den Erhalt des Café Berta in der Nordstadt aus – SPD stimmt dagegen