Abriss und Neubau an der Alexanderstraße – Klinikum Dortmund schafft Platz für die Schule für Gesundheitsberufe

Die Jugendstil-Gebäude an der Alexanderstraße werden einem Neubau weichen. Gestalterische Elemente, die konserviert werden können, sollen wiederverwendet werden. Foto: Denkmalbehörde Dortmund

In den Jahren 1903 und 1904 entstanden drei Häuser am Ende der Alexanderstraße, deren aufwändige Fassadengestaltung in üppigem Jugendstildekor auch heute noch den Vorübergehenden ins Auge fällt. Architekt und Bauherr war Heinrich Schewe, der die Gebäude als bürgerliche Einfamilienhäuser konzipierte. Auch wenn die Fassaden auf den ersten Blick wie eine Einheit wirken, zeigen sich in den Details der aufwändigen Komposition der Jugendstil-Elemente viele kleine Unterschiede, die jedem Haus einen individuellen und spannungsreichen Charakter verleihen.

Nutzung änderte sich über die Jahre – Keine Eintragung in Denkmalliste möglich

Die über 100 Jahre, die die Gebäude nun stehen, sind jedoch nicht spurlos an ihnen vorübergegangen. Bei zwei Häusern fehlen die markanten Dachhäuschen mit den Giebeln zur Straßenseite, die Rückfassaden aller drei Gebäude sind weitreichend überformt. ___STEADY_PAYWALL___

Zahlreiche Umbauten im Inneren folgten, als die Gebäude nach 1950 in den Besitz des angrenzenden Städtischen Klinikums übergingen und die ursprüngliche Nutzung als Einfamilienhäuser aufgeben wurde. Die Gebäude wurden zu einer Nutzungseinheit zusammengelegt und dienten fortan verschiedenen Aufgaben. Deutlich auch im öffentlichen Straßenbild wahrnehmbar sind diese Eingriffe am mittleren Gebäude, hier wurde der ursprüngliche Eingang vermauert und ist heute nicht mehr zu erkennen.

Die drei Gebäude wurden durch die städtische Denkmalbehörde und dem Fachamt für Denkmalpflege, der LWL-Denkmalpflege, Landschafts- und Baukultur in Westfalen innen und außen auf ihren Denkmalwert hin überprüft. Dabei wurde festgestellt, dass die Gebäude nicht mehr den Überlieferungszustand besitzen, der für eine Eintragung in die Denkmalliste der Stadt Dortmund erforderlich gewesen wäre.

So soll der neue Gebäudekomplex aussehen. Visualisierung. Entwurf: weicken architekten

Bis 2008 befand sich die alte Blutbank des Klinikums in den zusammengelegten Häusern. Seither stehen sie leer und sind ohne eine umfangreiche Sanierung nicht weiter nutzbar, da viele Teile schadstoffbelastet sind.

Der Versuch, die auffälligen Jugendstilfassaden in den Neubau zu integrieren, schlug fehl, weil für die vorgesehenen zukünftigen Nutzungen ein behindertengerechter Zugang benötigt wird, der über die Altbauten und ihre Eingänge im Hochparterre nicht zu realisieren ist. Auch die Deckenhöhen und die Dachgestaltung stellten sich diesbezüglich als sehr schwierig dar.

Von daher ist vorgesehen, die Gebäude mitsamt der einfachen Wohnheimbauten links und rechts, die in den 1950er Jahren entstanden sind und weitgehend leer stehen, abzubrechen und durch einen größeren Neubau zu ersetzen. Die Fassadenelemente der Jugendstil-Gebäude, die sich konservieren lassen, sollen entfernt und eingelagert werden, um sie an passender Stelle wiederverwenden zu können. Dies gilt auch für Ziergitter und Tür- und Fensterelemente, die sich für eine Verwendung an anderer Stelle eignen.

Es sollen Schule, Kita, Praxis und Elternhaus entstehen

Das neue Gebäude, das zusammen mit dem Laborgebäude am Beginn und der Pathologie am Ende der Straße, zukünftig das Straßenbild prägen soll, wird die lang ersehnte „Schule für Gesundheitsberufe“, eine Kita und ein Elternhaus, das aus Stiftungsmitteln finanziert wird, sowie die Praxis für Pränatalmedizin aufnehmen.

Durch den Neubau der Schule für Gesundheitsberufe können fünf ausgelagerte Standorte aufgegeben werden, u.a. in der Petri-Schule an der Beurhausstraße und an der Sckellstraße, die zudem in ihren jetzigen Standorten nur temporär geduldet sind. Mit dem neuen Standort wird die Klinik die Zahl der Ausbildungsplätze um 75 erhöhen können und einen neuen Ausbildungsgang für Anästhesietechnische Assistent*innen (ATA) gründen. Für die Erhöhung der Ausbildungsplätze gibt es (zeitlich befristet) Fördergeld von 1,5 Millionen Euro vom Land Nordrhein-Westfalen.

Durch die Einrichtung einer Kita wird eine merkliche Erhöhung um 60 Kita-Plätze im Kreuz-/Klinikviertel geschaffen; das Elternhaus für Eltern chronisch kranker Kinder entsteht mit 18 Appartements in unmittelbarer Nähe zur Kinderklinik. Dazu passt auch das Neubauvorhaben der Kinderklinik als Aufstockung auf dem Dach des ZOPF (Haus C), d.h. in unmittelbarer Nähe des künftigen Elternhauses. Für die Neonatologie, einem Zweig der angewandten Kinderheilkunde, gilt das bereits jetzt.

„Auch wenn es bedauerlich ist, dass die Altbauten nicht in den Neubau integriert werden können, so schafft das Neubauvorhaben einen nachhaltigen und sozialen Mehrwert für den Zusammenhalt im Viertel, in der Stadt und für die Region“, betont das Klinikum.

 

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Reader Comments

  1. tremonius83

    Dies ist eine sehr traurige Entwicklung. Durch den Krieg sind bereits sehr viele Bauten der Gründerzeit verloren gegangen. Daher sollte man die Bauten, die Erhalten geblieben sind, auch besonders gut Pflegen.

    Zumal einer der Bewohner dieser gut erhaltenen, aber heruntergekommenen Jugendstilgebäude der berühmte jüdische Kinderarzt Dr. Stefan Engel war. Ein hochrenommierter Arzt, dessen Arbeit weltweit anerkannt war. Später musste er vor den Nazis nach London flüchten. Bis in die 1950er Jahre wurden die Gebäude als Einfamilienhäuser genutzt. Dann erwarben die Städtischen Kliniken die Gebäude und nutzten sie für ihre Zwecke. Seit einigen Jahren stehen die Gebäude leer und verfallen zusehends.

    Natürlich ist das Gebäude für die veränderte Nutzung umgebaut worden. Dennoch ist die Jugendstilfassade nahezu komplett erhalten. Allein die feine Ornamentik sowie die im Original erhaltenen Tür- und Fensterelemente würden aus meiner Sicht schon für den Denkmalwert sprechen. Dazu kommt noch, dass eines der Gebäude mit Dr. Stefan Engel einen berühmten Bewohner hatte. Nicht zuletzt hat diese Stadt hat durch den Krieg ohnehin nur noch wenig Altbausubstanz. Daher sollte man mit dem, was noch erhalten ist, auch pfleglich umgehen. Offensichtlich wurden hier wichtige Argumente, die für den Erhalt sprechen, nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt. Zum wiederholten male soll die Geschichte dieser Stadt mit Füßen getreten werden. Das ehemalige Wohnhaus von Dr. Stefan Engel abreißen zu wollen, grenzt schon an Kulturbarbarei.

    Man sollte alles Versuchen, um diese historischen Gebäude zu erhalten, sie zu sanieren und in den geplanten Neubaukomplex zu integrieren, selbst wenn man die Bauten nicht unter Denkmalschutz stellen kann. Wenn immer wieder erhaltenswerte historische Gebäude der Abrissbirne zum Opfer fallen, wird Dortmund zu einer Gesichtslosen Stadt verkommen.

  2. AndiDO

    Wenn es etwas gibt, dass Dortmund noch genug hat dann Gründerzeitler. Historisch herausragende Bauten sollten immer geschützt und erhalten werden. Bei solchen Gebäuden fällt mir das allerdings schwer und da gebe ich der Neuentwicklung eindeutig den Vorzug. Zum einen weil es keine großartig herausragenden Gebäude sind und weil der Erhalt einfach auch Kosten verursacht, die in keiner wirtschaftlichen Relation zum Neubau stehen.

  3. Checkerbunny

    Da wurde – lang ists her – aus ein paar Rudimenten einer Mauer, ein Adlerturm restauriert… Nun hat man mal mehr „Reste“ aus einer schönen Epoche. Da aber will man lieber abreißen statt zu sanieren? Bausünden haben wir genug!!! Und so sinnvoll der Nutzungsplan sein mag, täten ein Parkkonzept oder alternative Verkehrsideen eher Not!

  4. Max Schoenborn

    “ schafft das Neubauvorhaben einen nachhaltigen und sozialen Mehrwert für den Zusammenhalt im Viertel, in der Stadt und für die Region.“ – woher stammt dieser peinliche Text – schreiben die Nordtstadtblogger PRs einfach ab?

  5. Ulrike

    Na das ist doch mal ein wunderschöner, einzigartiger Entwurf, mit abwechslungsreichen individuellen, kreativen Details an den Fassaden, hervorragend zur Umgebung passend… ein überraschender Stil, den es so bisher noch nicht gab… nicht. Wieder langweiliger Klötzchen-Stil nach Euronorm. Siehe Funkenburg. Die deutschen Architekten haben es einfach nicht ‚drauf. LAAANGWEILIG! Sehr schade.

  6. Schade um ein Stück Geschichte: Abriss der alten Jugendstilhäuser bedauerlich (PM Grünen-Fraktion)

    Schade um ein Stück Geschichte: Abriss der alten Jugendstilhäuser bedauerlich

    Mit Bedauern nehmen die GRÜNEN im Rat der Stadt Dortmund den Abriss der drei Jugendstilhäuser in der Alexanderstraße zur Kenntnis. Für den an dieser Stelle geplanten Neubau wünschen sie sich jetzt eine architektonisch ansprechende Lösung.
    „Es ist schade, dass diese drei das Straßenbild prägenden Häuser so dem Verfall preisgegeben wurden, dass sie jetzt nicht mehr zu retten sind“, erklärt Svenja Noltemeyer, Ratsmitglied der GRÜNEN.

    Dass der nun an dieser Stelle freiwerdende Raum für den Bau einer Schule für Gesundheitsberufe und einer Kindertagesstätte genutzt wird, begrüßen die GRÜNEN. Auch das Vorhaben, durch den zusätzlichen Abriss der sich an die Jungendstilhäuser anschließenden 50-er Jahre-Bauten eine dann einheitliche Fassade entstehen zu lassen.

    „Doch der Entwurf der Architekten sollte in jedem Fall im Gestaltungsbeirat der Stadt beraten werden“, fordert Svenja Noltemeyer. Aus ihrer Sicht müsse gewährleitstet sein, dass sich ein neues Bauensemble optisch gut in das Straßenbild einfügt. „Der Gestaltung des Neubaus, der nun an die Stelle der ehemals herrschaftlichen Altbauten tritt, muss deshalb besondere Aufmerksamkeit gewidmet werden. „

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