Normalerweise hört man aus der Kirche und den Räumen der kroatischen Gemeinde in der Nordstadt Kirchenglocken und sakrale Gesänge oder sieht dort Volkstänze. Seit eineinhalb Jahren sind dort jedoch an jedem Samstag die „Kampfschreie“ von 15 Kindern aus Kroatien, Polen, Türkei, Deutschland und Griechenland in St. Aposteln zu hören. Kirche und Kampfsport? Geht das zusammen? Es geht. Sehr gut sogar.
Sport als Werkzeug für Integration und Verständigung
Die Idee für das kostenlose Training hatte der Taekwon-Do Meister Toni Petrušić. „Ich bin überzeugter Christ und pflege einen guten Kontakt zur Gemeinde.“ Er wollte den Kindern aus der Nordstadt die Möglichkeit zu geben, anderes zu lernen als das Gesetz der Straße.
„Der koreanische Kampfsport hat sich als ideales Werkzeug für die Integration der Kinder und Jugendlichen bewährt“, erklärt der erfahrene Trainer Toni Petrušić.
Die kleine eingeschworene Trainingsgruppe lernt in der Dortmunder Nordstadt Disziplin, Selbstachtung und Respekt vor dem Gegenüber, unabhängig von Hautfarbe, Nationalität und Religion.
Talent als Geschenk – das möchte der Trainer nun weitergeben
„Nicht nur nehmen, sondern auch geben – das ist meine Lebenseinstellung“, betont der ehrenamtliche Trainer der Kinder. „Ich habe viele sportliche Erfolge gefeiert, auch international. Mein Talent war ein Riesengeschenk, davon muss ich auch etwas weitergeben.“ Die Kinder und Eltern nehmen es dankbar an.
Offen für alle Nationalitäten: Auch muslimische Kinder kommen
Was als Angebot für Kinder der kroatischen Gemeinde in der Clemens-Veltum-Straße begann, steht mittlerweile auch anderen Interessierten von außerhalb der Gemeinde offen.
„Ich komme gerne hier hin. Für mich als Muslim ist das kein Problem“, betont Ramadan Simsek. Gleich drei seiner Kinder – darunter auch zwei Mädchen – kommen samstags zum Training in den Gemeinderaum in der Kirche St. Aposteln in der Nordstadt.
Muslime und Christen könnten gut zusammen Sport machen und sich dabei vertragen, kennenlernen und respektvoll verstehen. Auch könnten die Jungen und Mädchen gut zusammen Sport machen. Einige Muslime haben dagegen Vorbehalte, Diese teilt er nicht: „Wir sind da ganz demokratisch“, schiebt der Kurde Simsek nach. „Ich habe auch schon in der Kirche mitgebetet.“
Angebot bringt mehr Spaß und Leben in die Kroatische Gemeinde
Auch Mila Skaro findet das Angebot gut. Ihre Tochter Maria (10) ist von Anfang an dabei. „ich freue mich, dass die Kinder zusammen sind und ihre Sprache nicht verlernen“, sagt die Kroatin. „Es ist schön zu sehen, wenn Kirche Spaß macht – also nicht nur Kirche ist“, schiebt sie schmunzelnd nach. „Unser Priester ist sehr engagiert. Er hat das Gemeindeleben lebendiger gemacht“, ergänzt Toni Petrušić.
Alle Kinder bestehen die Prüfung – bald winken Wettkämpfe
Seit einigen Wochen fieberten die sechs- bis 14jährigen Sportlerinnen und Sportler nun auf ihre erste Prüfung zu. Während sonst die Eltern nebenan bei einem Kaffee „klönen“, dürfen sie dieses Mal für die Prüfung mit im Raum sein. Für die Trainierenden war es die erste große Prüfung und damit eine neue Herausforderung, die – wie alles andere auch – der Persönlichkeitsentwicklung dient.
Fast schon ungläubig verfolgten die Eltern, was ihre Kinder alles gelernt haben. Die Philosophie und Techniken des Sports, die Bedeutung der Regeln, selbst die koranischen Ausdrücke hatten ihre Kinder perfekt drauf. Entsprechend stolz war Toni Petrušić, dass alle Kinder bestanden. Einige von ihnen haben Potenzial. „Wenn sie weiter so trainieren, will der Trainer mit ihnen ab Herbst auch zu Wettkämpfen fahren.
Neue Kinder sind immer willkommen
Wer Interesse hat, kann einfach samstags um 10 Uhr bei der kroatischen Gemeinde in der Kirche St. Aposteln vorbeischauen. Der Gemeinderaum ist über den Kirchhof in der Clemens-Veltum-Straße 100 erreichbar. Neue Kinder mit ihren Eltern sind dort in der Nordstadt immer willkommen.