Früher als es nur drei Fernseh-Programme und einen Sendeschluss gab, liefen vor diesem oft Filme wie der„Andalusische Hund“. Die Programmmacher schauten damals noch nicht so sehr auf die Quote. Diese Filme waren oft irritierend und anstrengend. Zwischendurch war man geneigt abzuschalten, aber man tat es nicht weil sie so interessant waren.
Anspruchsvoll, interessant und irritierend: Phonautics sind der Headliner der „Langer August Rocknacht“
So könnte man die Musik der Dortmunder Band Phonautics charakterisieren, die als letzte die „Langer August Rocknacht“ im gleichnamigen Kulturzentrum in der Dortmunder Nordstadt bespielten. Bezeichnet man deren Musik als Hardcore, würde man den durchaus komplexen Strukturen ihrer Songs nicht gerecht werden.
Zudem erinnert der Sound von Gitarrist Thomas Merkel oft an den New Wave der achtziger Jahre. Sie selbst nennen ihr Musik, wenn sie denn schon in einer Schublade Platz nehmen müssen, „Art-Core“ oder „Doom-Jazz“.
Die Band um Sängerin Christina May biedert sich nicht an. Sie machen ihr eigenes Ding und ziehen es konsequent durch. May selbst ist beeindruckender Mittelpunkt im Bandgefüge. Nur ab und zu zieht sie sich in die zweite Reihe zurück, wenn Bassist Arne Schlechter an das Mikrofon tritt. Die Frontfrau brüllt, schreit – sie singt!
Die Rocknacht endet weit nach Mitternacht
Die Texte sind anspruchsvoll, die Musik ebenfalls. Schnelle Wechsel, ruhigere Passagen, Brüche und Zäsuren kennzeichnen die Stücke. Phonautics sind vielfältig und sie wissen was sie tun. Das gefällt nicht jedem im Publikum. Die Halle im Hinterhof an der Braunschweiger Straße leert sich merklich. Das liegt auch an der späten Stunde nach Mitternacht. Jedoch bleiben einige, tanzen und „ertragen“ die siebzehn Stücke, die die Phonautics präsentieren, bis zum Schluss.
„Mir sind zehn Leute, die tanzen lieber, als Hundert , die schwatzend im Hintergrund stehen“, hat Sängerin Tina kein Problem damit. Die Vokabel „Kompromiss“ kommt im Wortschatz der Band nicht vor. Im nächsten Monat erscheint der zweite Tonträger der Gruppe, die seit 2006 existiert. Als Vinyl und/oder CD wird er von dem kleinen Dortmunder Label Inselkind Schallträger verlegt. „Geölter Blitz“ heißt das neue Album.
„Hammox“ und „The Beet“ sorgen für einen gelungenen Auftakt der Veranstaltung
Zuvor eröffneten die Bands „Hammox“ und „The Beet“ das kontrastreiche Abend-Programm der Rocknacht. Weitaus wenig brachial und irritierend als die Phonautics. Jedoch auch durchaus anspruchsvoll und abwechslungsreich. Vor allem eingängiger als der „Spätfilm“.
Hammox verbinden eine Vielzahl musikalischer Stilrichtungen zu einem eigenen Sound miteinander. Das ist frisch und kommt sympathisch rüber. Das ist auch Independent.
Genauso wie „The Beet.“ Die überzeugen mit ruhigen Nummern die Zuhörerinnen und Zuhörer. „Slow Rock“könnte man das nennen, aber durchaus unkonventionell. Robert Dortschy, den man als Schlagzeuger von Blomquist kennt, spielt Gitarre in der Formation um Sängerin Vera Hoffmann und zeigt dass er auch dieses Instrument beherrscht. Das kommt beim Publikum an.
Der Lange August ist ein schöner Ort für die Subkultur in der Nordstadt. Der Hinterhof mit Bambusgarten und die Halle versprühen metropoles Flair. Sie könnten auch in Berlin-Kreuzberg verortet werden. Die Konzert-Reihe soll in diesem Jahr ihre Fortsetzung finden, versprechen die Veranstalter. Immer Bands aus Dortmund finden dort eine Möglichkeit sich dem Publikum zu zeigen.