Von Marcus Arndt
Überraschender Führungswechsel bei der Partei „Die Rechte“: Neuer kommissarischer Bundesvorsitzender ist der Dorstfelder Christoph Drewer. Christian Worch, der Gründer und Bundesvorsitzende der rechtsextremen Splitterpartei, hatte trotz Wiederwahl die Veranstaltung in Dortmund wutentbrannt verlassen und im Nachgang sein Amt hingeworfen. Drewer kann nun am morgigen Samstag erstmals als neuer Bundesvorsitzender beim Neonazi-Kongress „Gemeinsam für Europa“ auftreten, der in Dortmund stattfinden soll. Der Veranstaltungsort wird geheim gehalten.
Streit um ein Bekenntnis der Partei „zur deutschen Volksgemeinschaft“
Am 28. Oktober 2017 war der Parteigründer Christian Worch (61) vom Bundesparteitag in Dortmund in seinem Amt mit knapp 80 Prozent der abgegebenen gültigen Stimmen als Bundesvorsitzender bestätigt worden – es gab keinen Gegenkandidaten.
Ebenfalls in ihren Ämtern bestätigt wurden seine Stellvertreter Christoph Drewer aus Dortmund und der Wuppertaler Aktivist Kevin Koch.
Zu dem zehnköpfigen, überwiegend aus Nordrhein-Westfalen stammenden Vorstand, gesellt sich auch der Niederländer Stefan Wijkamp, welcher aufgrund seiner „Führer“-Verehrung und seines Aussehens auch der „Holland-Hitler“ genannt wird.
Nach den Wahlen sorgte auf dem Bundesparteitag ein Antrag des Landesverbandes Thüringen: „Der Bundesparteitag möge beschließen, dass die Partei ,Die Rechte’ sich voll und ganz zur deutschen Volksgemeinschaft bekennt“, für heftige Diskussionen zwischen Christian Worch, welcher den Antrag in seiner Gegenrede aus juristischen und politischen Gründen ablehnte, und den anwesenden Mitgliedern.
Nachdem der Antrag jedoch mehrheitlich angenommen wurde, verließ der Bundesvorsitzende in bester „Alice Weidel-Manier“ beleidigt den Parteitag. Im Nachgang verkündete er seinen Anhängern und Gegnern schriftlich seinen Rücktritt zum 31. Oktober 2017.
Kein Bedauern für „nationalsozialistisches und kommunistisches Unrecht“ mehr
Nachdem Worch den Parteitag verlassen hatte, wurde auch sogleich in einem der nachfolgenden Anträge der Satz „Wir bedauern zutiefst nationalsozialistisches und kommunistisches Unrecht und wollen dafür sorgen, dass derartige Verbrechen sich niemals wiederholen“ aus dem Parteiprogramm gestrichen, – mit der Begründung, dass „die heute aufwachsenden Generationen keine Verantwortung für geschichtliche Abläufe zu übernehmen haben“.
Bis zum nächsten angekündigten Bundesparteitag im Frühjahr 2018 wird Christoph Drewer das Amt des Bundesvorsitzenden kommissarisch übernehmen.
Christoph Drewer ist mit seinem Bruder Matthias kein Unbekannter in der Neonazi-Szene und bei der Justiz: Verschiedene Körperverletzungsdelikte brachten den Brüdern bereits mehrere langjährige Haftstrafen ein.
Da verwundert es auch nicht, dass Christoph Drewer bei der jährlichen rechten Kampfveranstaltung „Kampf der Nibelungen“ seines Dortmunder Kameraden Alexander Deptolla schon mal als erfolgreicher Kämpfer antritt.
Seine Erfahrungen mit der Justiz und als Kämpfer werden Drewer jedoch als Bundesvorsitzender nichts nützen: Weggebrochene Landesverbände und nach eigenen Angaben eine stagnierende Mitgliederzahl von ca. 600 wird auch ein Christoph Drewer nicht in den Griff bekommen.
Christian Worch zieht sich schmollend nach Parchim zurück
Dass Worch mit Kritiken seiner Kameraden an seiner Person oder seinem Führungsstil schlecht umgehen kann, ist anhand seiner Biografie und seiner Eitelkeit als Selbstdarsteller nicht verwunderlich.
Aufgewachsen ist Worch in Hamburg, seit seinem 21. Lebensjahr in der rechtsextremen Szene aktiv, er begann seine Karriere bei der NPD. Worch erbte früh zwei Mehrfamilienhäuser in Hamburg, einiges an Kapital und gilt als Millionär. Journalisten bezeichnen seinen Lebens- und Wohnstil allerdings als sehr bescheiden.
Er galt als Ziehsohn des 1991 an AIDS verstorbenen Neonazis Michael Kühnen und verehrt diesen bis heute. In den späten 70ern zog Worch mit Kühnen und weiteren Mitgliedern seiner „Aktionsfront Nationaler Sozialisten (ANS)“ durch Hamburg. Mit Eselsmasken verkleidet und Schildern, auf denen stand:
„Ich Esel glaub noch, dass in deutschen KZ’s Juden vergast wurden“
1980 kassierte Worch wegen dieser Volksverhetzung seine erste Haftstrafe von drei Jahren. Kühnen wurde bereits ein Jahr zuvor in dem sogenannten „Bückeburger Prozess“ zu vier Jahren Haft wegen Volksverhetzung, Aufstachelung zum Rassenhass und Gewaltverherrlichung verurteilt.
Der Bückeburger Prozess war ein Gerichtsverfahren im Jahr 1979 gegen mehrere Rechtsextremisten der „Wehrsportgruppe Rohwer“ sowie aus dem Umfeld der „Wehrsportgruppe Werwolf“ und der „Aktionsfront Nationaler Sozialisten/Nationale Aktivisten“ um Michael Kühnen. In diesem Verfahren wurden zum ersten Mal Rechtsextremisten in Deutschland als Terroristen verurteilt. (Quelle: Wiki)
Worch und Kühnen arbeiteten jahrzehntelang mit Siegfried Borchardt zusammen
Nach ihrer Haftentlassung 1983 machten Worch und Kühnen dort weiter, wo sie aufgehört hatten, und schlossen sich der Freiheitlichen Deutschen Arbeiterpartei (FAP) an. Kühnens „Aktionsfront Nationaler Sozialisten/Nationale Aktivisten“ (ANS/NA), zu deren Führungsmitgliedern auch der Dortmunder Siegfried Borchardt („SS-Siggi“) gehörte, wurde im gleichen Jahr verboten und er wandelte zusammen mit Worch und dem Rechtsextremen Thomas Brehl die Kameradschaften und Mitglieder in eine Reihe von verschiedenen Organisationen und Lesekreisen um.
Kühnen wollte damit ein drohendes Folgeverbot verhindern, um die Mitglieder dann anschließend in die 1984 neu gegründete „Gesinnungsgemeinschaft der Neuen Front“ (GdNF) zu übernehmen. Nach dem Tod Michael Kühnens 1991 übernahm u.a. Worch die Leitung der GdNF, konnte aber nicht verhindern, dass die Mitgliederzahlen rapide sanken und somit auch der Einfluss der GdNF.
Anfang 2000 lehnte Worch das Angebot der NPD ab, den Landesvorsitz in Hamburg zu übernehmen und begann sich von der NPD zu distanzieren. Gründe dafür sollen gewesen sein, dass Worch sich nicht mit dem damaligen Partei-Chef Holger Apfel und dessen neuer Parteilinie anfreunden konnte.
Apfels softer Führungs- und Parteistil blieb Worch immer unverständlich und es war für ihn unvereinbar, gleichzeitig radikale und seriöse Wähler zu bedienen. Zudem verkündete Apfel, den Wahlkampf auf der Straße in Form von Demonstrationen, Kundgebungen etc. auszusetzen.
Worch gründete 2012 die Partei „Die Rechte“ – Unterschlupf für Dortmunder Aktivisten
Nachdem 2011 die rechtsextreme DVU und die NPD fusionierten, deren Zusammenschluss Worch ein erbitterter Gegner war, kam es zu einem endgültigen Bruch zwischen Worch und der NPD.
Am 27. Mai 2012 gründete Worch in Hamburg zusammen mit einigen ehemaligen Mitgliedern der DVU die neue Partei „Die Rechte“. Sie war zunächst eine leere Hülle, diente dann aber vor allem den Aktivisten der verbotenen Kameradschaften Aachener Land und Hamm sowie des Nationalen Widerstandes Dortmund (NWDO). Initiiert aus Dortmund, gründeten diese dann auch im August 2012 den Landesverband NRW „Die Rechte“ und schlossen sich unter dem Deckmantel des Parteiengesetzes mit Worch als Bundesvorsitzenden neu zusammen.
Worch war in Dortmund kein Unbekannter: In den 2000er-Jahren meldete er mehrere Großdemonstrationen an – unter anderem die „Nationalen Antikriegstage“, bis dann junge Nationalisten wie Dennis Giemsch dies übernahmen.