Nordstadt-BV thematisiert Lage an Johannes-Kita: Diskussion um Zäune, öffentliche Toiletten und Drogenprobleme

Für den Außenbereich des Drei-Gruppen-Kindergartens bedarf es einer grundsätzlichen Lösung.
Für den Außenbereich des Drei-Gruppen-Kindergartens bedarf es einer grundsätzlichen Lösung.

Die Situation rund um den evangelischen Johannes-Kindergarten zwischen Heroldstraße und Düppelstraße machte im Sommer Schlagzeilen. Die Kirche hatte das Außengelände ihrer Kita geschlossen, weil es dort wiederholt zu massiven Verunreinigungen und auch Vandalismus kam. In der Bezirksvertretung der Innenstadt-Nord hatte Elternvertreterin Nora Ribero-Oertel im Juni Alarm geschlagen. Nun diskutierte die BV die Situation und mögliche Lösungen erneut.

Verunreinigungen und Vandalismus auf dem Spielplatz fast immer nachts

Mirza Demirovic als Fachreferent des Jugendamtes für die Nordstadt machte deutlich, dass die Behörde erst durch den Hilferuf des Elternrates auf die desolate Situation aufmerksam gemacht wurde.

Jugendamt, das Büro für Kinderinteressen, die Drogenberatung und weitere Einrichtungen sind seitdem mit dem Problem befasst. So gibt es jetzt mehrere Aktivitäten auf dem Spielplatz Düppelstraße. Doch deutlich wird: Gegen das eigentliche Problem bringt das nichts. Für eine Lösung kann nur die Kirche als Eigentümerin des Geländes sorgen.

„Wir sind nicht für den Zaun zuständig“, machte Demirovic deutlich. Denn anders als beispielsweise die katholische Kita oder die Schule in der Nachbarschaft hat der evangelische Kindergarten nur einen sehr niedrigen Zaun. Der Kirchenkreis hat es aber bisher nicht geschafft, einen neuen und vor allem höheren Zaun errichten zu lassen.

Die BezirksvertreterInnen machten deutlich, dass das Viertel schon seit Jahren problematisch ist – wenn auch nicht „in dieser Virulenz“, betonte Cornelia Wimmer (Linke und Piraten). Sie habe gehört, städtische Mitarbeiter wollten nicht mehr mähen, „weil ihn dabei Fäkalien um die Ohren fliegen.“

Kritik der Bezirksvertretung: Evangelische Kirche muss endlich höheren Zaun bauen

„Man muss leidenschaftslos feststellen, dass der Spielplatz nicht mehr das ist, was er mal war. Auch da gibt es Fäkalien. Wir müssen auch da gucken, wie es weiter geht und wie der Spielplatz wieder ein Spielplatz wird. Es ist ein ziemlich unerquicklicher Ort geworden“, so Wimmer.

Junkies, Dealer und Vandalen fühlen sich von dem Kindergarten magisch angezogen.
Junkies, Dealer und Vandalen fühlen sich von dem Kindergarten magisch angezogen.

Brigitte Jülich (SPD) kritisierte, dass die Evangelische Kirche so langsam handele. „Die Kirche hat angekündigt, einen höheren Zaun zu bauen. Aber bei der Kirche ist das wie bei der Stadt – das dauert länger.“  „Da müssen jetzt alle Beteiligten drauf drängen, dass endlich der Zaun errichtet wird“, fasst Nordstadt-Obmann Ubbo de Boer die Diskussionen zusammen.

Die Kritik, dass die Sanierung von Problemhäusern die Lage an der Kita verschärft habe, teilt Dorian Marius Vornweg nicht: „Der Abschnitt auf der Heroldstraße ist schon seit Jahren problematisch. Die Sanierung von Problemhäusern drückt nicht massenhaft Leute auf die Straße“,  betont der CDU-Fraktionschef und stv. Bezirksbürgermeister der Nordstadt.

Dem widerspricht Demirovic: Es gebe beispielsweise bei der Drogenberatung ein Allzeit-Hoch von Obdachlosen, die hier ihre Postadresse gemeldet hätten. Auch Diakonie und AWO bieten diese Möglichkeit an – Zahlen von diesen Einrichtungen lagen Demirovic allerdings nicht vor.

Der Jugendamtsmitarbeiter berichtete noch von zwei weiteren Facetten: Der hintere Bereich des Spielplatzes Düppelstraße soll der katholischen evangelischen Kita zugeschlagen werden. Er soll dann mit in die zu erneuernde Umzäunung. Die Freifläche könnte so Junkies und Dealern entzogen werden. Die Papiere sind längst unterschriftsreif. Doch die Kirche habe noch nicht reagiert. „Sie müssten das Gelände endlich übernehmen“, forderte Demirovic.

Dr. Ludwig Jörder (SPD) zeigte sich darüber verwundert: „Früher habe ich immer gedacht, dass die evangelische Kirche darauf wartet.“ Aber dass „der Träger nicht tätig wird und sich nicht meldet“, wunderte den Bezirksbürgermeister der Nordstadt.

Forderung nach öffentlichen Bedürfnisanstalten in der Nordstadt

Demirovic schlug zudem vor, den durch einen Weg zweigeteilten Spielplatz zu überplanen. „Wenn wir die Wegefläche zur Heroldstraße dem Spielplatz zuschlagen, dann hätte das Ordnungsamt auch eine Handhabe“ gegen Junkies und Dealer.

Cornelia Wimmer sah aber weniger in den Dealern, sondern in den fehlenden Toiletten das Problem für die evangelische Kita. Denn der Spielplatz sei vor allem durch Fäkalien unbespielbar geworden. „In der Nordstadt gibt es keine Möglichkeit, durchgängig und würdig aufs Klo zu gehen. Wir sollten über robuste Toiletten reden – es gibt ja nicht nur Sitzklos. Anscheinend brauchen wir das“, so Wimmer. Das könnte erheblich zur Reduzierung führen. „Nicht jeder wird sich dran halten. Aber wenn deutlich weniger Kacke rumliegt, wäre es gut“, so Wimmer.

„Öffentliche Bedürfnisanstalten werden das nicht lösen“, findet dagegen Andreas Urbanek (AfD). Das Problem sei, dass die Regelverstöße nicht geahndet würden. „Das rächt sich. Wir bekommen eine gesellschaftliche Verwahrlosung.“ Bei Linke und Piraten verfängt diese Position nicht: „Wenn ein Klo da ist, kann ich verlangen, dass jemand darauf geht. Wenn es aber nicht da ist, wie soll ich mit ordnungsbehördlichen Maßnahmen verhindern, dass sich jemand erleichtert? Ich brauche erst ein Angebot“, so Wimmer.

Verdrängung von Drogenhandel und Konsumenten als Problem

In Sachen Drogenkonsum und Handel erinnert David Grade (Linke und Piraten) erneut daran, dass Verdrängung nicht die Lösung, sondern ein Teil des Problems sei. „In dem Quartier wird es sicher noch mehr werden, weil Junkies und Dealer an anderen Orten vertrieben werden.“

Nach mehr als zwei Jahren hat das Ordnungsamtsbüro in der ehemaligen Nordstadt-Apotheke eröffnet.
Nach mehr als zwei Jahren hat das Ordnungsamtsbüro in der ehemaligen Nordstadt-Apotheke eröffnet.

Andere Lösungen würden ja nicht angegangen, erinnerte er an die Forderungen nach Legalisierung von weichen Drogen sowie ein Diamorphinprogramm, um den Kreislauf der Beschaffungskriminalität für Schwerstabhängige zu durchbrechen.

„Vertreibung im Kreis ist natürlich keine Lösung. Aber die Zustände auf den Spielplätzen können wir nicht hinnehmen. Doch Lösungen sehen natürlich anders aus als durch eine Verdrängung“, sagte Rico Koske (Grüne).

Auch Dr. Ludwig Jörder machte deutlich, dass ein Verdrängungskreisverkehr keine Lösung sei. „Aber wir können nicht damit aufhören, wo die Probleme nur noch bei uns sind.“ Daher stehen große Teile der Bezirksvertretung auch einem möglichen weiteren Drogenkonsumraum skeptisch gegenüber. In der Bürgerfragestunde wurde dies thematisiert, weil Ordnungsdezernentin Diane Jägers mögliche weitere Angebote ins Spiel gebracht habe.

„Ich befürchte, dass dadurch die Sicherheit für alle Bewohner beeinträchtigt und die Beschaffungskriminalität zunehmen wird. Es wird vermehrt zu Einbrüchen, Überfällen und Raub kommen“, warnte ein Nordstadt-Bewohner die BV. Doch eine Diskussion wollte Jörder darüber nicht führen: „Es gibt keine Initiative oder einen Vorstoß. Wenn dieser kommen sollte – das will ich nicht ausschließen – werden wir sicher diskutieren, wie wir damit umgehen und verfahren.“

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