Oberbürgermeister Ullrich Sierau hat, wie in den Jahren zuvor das Nordstadtbüro an der Bornstraße besucht um den dort ansässigen Streifenteams der Ordnungspartnerschaften für ihre Arbeit zu danken. Zugleich nutzte er die Gelegenheit eine Bilanz des letzten Jahres zu ziehen. Die Task Force Nordstadt war im Jahr 2013 in über 25000 Einzelfällen aktiv. Das sind Personalienfeststellungen, Platzverweise, Straf- und Ordnungswidrigkeitenanzeigen und vieles mehr. Die Zahl der Anzeigen ist im Vergleich zum Vorjahr deutlich um 1051 auf 2629 Anzeigen (Stand 8.12.13) gestiegen. Im Schnitt sind 14 Mitarbeiter der Task Force in der Nordstadt stationiert, die nach Bedarf aufgestockt werden.
Auf Streife durch Brunnen- und Schleswiger Viertel
Zuvor hatte er sich in Begleitung von Rechtsdezernentin Diane Jägers, dem neuen Obmann der Nordstadt, Ubbo de Boer, Tobias Marx vom Nordstadtbüro und den Streifengängern Daniel Bathe und Lukas Höing ein Bild von der Entwicklung im Brunnen- und Schleswiger Viertel gemacht. In der Rückschau sieht er im Quartier an der Brunnenstraße eine positive Entwicklung, was den Rückgang der Prostitution und den Zustand der Immobilien angeht.
Das Inkrafttreten des Verbots der Straßenprostitution und des Kontaktaufnahmeverbots für Freier seit Mai 2011 und die Instandsetzung einiger Häuser durch die DeGoWo trugen dazu bei. Weniger positiv sieht er die Situation im Viertel um die Schleswiger Straße. „Rund um den Schleswiger Platz muss sich noch einiges verbessern“, sieht er verstärkten Handlungsbedarf. Zwar habe auch dort die offene Straßenprostitution abgenommen, „aber das ist wohl auch jahreszeitlich bedingt und hat auch traurigerweise mit dem Tod einiger schwerstabhängiger Prostituierter zu tun.“
Ausweisungen von Straßen als Anliegerstraßen soll Suchverkehr von Freiern empfindlich stören
Hingegen hat sich der Suchverkehr von Freiern rund um den Nordmarkt verstärkt. Man beabsichtigt im nächsten Jahr in den Abendstunden Straßen rund um den Platz als Anliegerstraßen auszuweisen. „Wer dann dreimal um den Platz fährt wird von uns aufgeschrieben“, erklären die Ordnungskräfte Daniel Bathe und Lukas Höing. „Die bekommen dann ein Bußgeld zugeschickt.“
Polizeieinsätze sollen auch im neuen Jahr für Unruhe in der Szene sorgen
„Eine Politik der tausend Nadelstiche“ nennt Rechtsdezernentin Diane Jägers die Strategie der Stadt: „Wir machen es ihnen dort ungemütlich.“ Durch eine Intensivierung der Verkehrsüberwachung verspricht man sich eine Verbesserung der Situation. Oberbürgermeister Sierau wünscht sich zudem für das neue Jahr mehr Polizei in den Vierteln. Zu einem weil die Kompetenzen der Ordnungskräfte begrenzt seien und die Polizei dort weiter agieren könne, wo die Mitarbeiter des Ordnungsamtes an ihre gesetzlichen Grenzen stießen. Zum anderen hätten Polizeieinsätze wie im November, als die Polizei für mehrere Tage Unruhe in dubiose Geschäfte und illegales Treiben brachte, sich als erfolgreich erwiesen. Ebenso habe auch der Aufenthalt zweier bulgarischer Polizisten für weitere Unsicherheit in einschlägigen Kreisen gesorgt. „Die waren mit vielen ihrer Landsleute per Du,“ erklärt Sierau den Bekanntheitsgrad einiger Nordstadtbewohner bulgarischen Ursprungs bei den Ordnungshütern aus der Heimat.
Neues Wohnungsaufsichtsgesetz muß sich in der Praxis erst einmal bewähren
Zur Zeit zählt man 99 Problemhäuser in der Nordstadt, davon 13 mit gravierenden Mängeln. „Die werden wir weiter beobachten“, listet Tobias Marx, Geschäftsführer des Nordstadtbüros, auf. In 2014 rechnet man mit einer leichten Zunahme. Zuletzt konnte man wieder vermehrt Verkäufe von Häusern oder einzelnen Wohnungen beobachten.
Der Verdacht liege nahe, dass dort eventuell neue Matratzenlager eingerichtet werden könnten. Ob dies mit der EU-Erweiterung ab 2014 zu tun habe, könne nicht bestätigt werden. Ab 2014 gilt für Rumänen und Bulgaren die volle Freizügigkeit – dann dürfen sie wie alle anderen EU-Bürger in Deutschland uneingeschränkt arbeiten. Die Möglichkeiten, die das ab Januar geltende Wohnungsaufsichtsgesetz in Hinsicht auf die Problemhäuser den Kommunen bietet, sieht die Rechsdezernentin „begrenzt optimistisch.“
Wohnungsaufsichtsgesetz soll Matratzenlager verhindern
Mit Hilfe dieses Gesetzes bekommen die Städte und Gemeinden in Zukunft ein Werkzeug an die Hand, mit dem sie gegen Vermieter vorgehen können, die ihre Häuser vernachlässigen oder durch ausbeuterische Vermieterpraktiken wie unzumutbare Wohnverhältnisse und Überbelegungen einen möglichst hohen Profit erwirtschaften wollen. Das Gesetz legt – neben einer grundlegenden sanitären Ausstattung – fest, dass einer Person in einer Mietwohnung mindestens neun Quadratmeter zustehen. Bei Verstößen kann die Kommune empfindliche Bußgelder verhängen.
„Das Gesetz ist eine stumpfe Waffe,“ beurteilt Jägers die Neuregelung in der Praxis: „Die Gesetze zur Unverletzlichkeit der Wohnung und zum Eigentum sind starke konkurrierende Gesetze“, erklärt die Juristin ihre Skepsis und sieht es eher als zusätzliches Werkzeug im Portfolio der städtischen Maßnahme zur Bekämpfung der Mängel im Stadtbezirk. Andere Kritiker wie der Städtetag NRW befürchten, dass der hohe Verwaltungsaufwand in der Praxis eine schnelle Problemlösung erschwert.
Obmann Ubbo de Boer bezieht ab Januar ein Büro in der Auslandsgesellschaft und am Borsigplatz
Ubbo de Boer, der neue ehrenamtliche Obmann im Stadtbezirk, sieht ebenfalls Entwicklungen zum Positiven. De Boer ist in der Nordstadt aufgewachsen und kennt Borsigplatz und Heroldwiese noch als Spielplatz seiner Kindheit. Während seiner Studienzeit hat er im Brunnenviertel gewohnt. Als Obmann für die Nordstadt nimmt Ubbo de Boer ab Januar 2014 Anregungen, Hinweise, Fragen, Wünsche und Kritik entgegen und kommuniziert sie zwischen den beteiligten Stellen.
Er will zwischen den Menschen und der Verwaltung als Sachwalter der Bevölkerung vermitteln. Zwei Mal in der Woche wird er in den Räumlichkeiten der Auslandsgesellchaft an der Steinstraße und ein Mal in der Woche im Büro des Quartiersmanagements am Borsigplatz anzutreffen sein.