Von Roland Klecker
Integration durch Ausbildung. Mit dieser Zielvorgabe startete im März dieses Jahres das Gemeinschaftsprojekt „Handwerkliche Ausbildung für 100 Flüchtlinge“ der Handwerkskammer Dortmund.
Ziel: Betriebliche Ausbildung oder Einstiegsqualifizierung vermitteln
Es wird unter anderem unterstützt und gefördert durch die Agentur für Arbeit Dortmund, das Jobcenter Dortmund und das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung.
Gemeinsames Anliegen war es, jugendliche geflüchtete Menschen in fünf Monaten in betriebliche Ausbildung oder Einstiegsqualifizierung zu vermitteln. Über die Erfahrungen, geflüchtete Menschen in Ausbildung zu bekommen, informierten sich Projektpartner jetzt beim Dortmunder Elektrotechnik-Unternehmen Kocher.
Das Unternehmen hat zwei Projektteilnehmer in Ausbildung übernommen und berichtete den Gästen über die Erfahrungen mit den geflüchteten Menschen, die so auf dem Ausbildungsmarkt Fuß fassen konnten.
Am Gemeinschaftsprojekt nehmen über 100 junge Flüchtlinge teil
Die Teilnehmer wurden aus einer großen Gruppe von Interessenten nach einigen wesentlichen Kriterien ausgewählt. Dies waren unter anderem Aufenthalts- und Arbeitserlaubnis, Sprachbefähigung über die einfache Kommunikation hinaus sowie der erfolgreiche Abschluss einer Reihe von Praktika zur eigentlichen Berufswahl.
Über 100 geflüchtete junge Menschen starteten in das Dortmunder Gemeinschaftsprojekt, in dem sie in Modulen sukzessive auf eine duale Ausbildung im Handwerk vorbereitet und dann vermittelt wurden.
Neben berufsbezogenem Sprachunterricht, der Vermittlung handwerklicher Basiskenntnisse sowie interkultureller Lerninhalte konnten die Teilnehmer in einem dreiwöchigen Werkstatttraining ihre Neigungen und Talente entfalten.
Mit Erfolg: Knapp 70 Teilnehmer absolvieren das Seminar erfolgreich. 60 jungen Menschen konnten konkrete Angebote gemacht werden. Davon sind 33 direkt in eine Ausbildung vermittelt worden und 25 geflüchtete Menschen haben die Möglichkeit über eine Einstiegsqualifizierung in Ausbildung zu kommen.
Viele Zugewanderte haben kein Verständnis für das Ausbildungssystem
„Ein gelungenes Projekt, das wir gern wiederholen möchten. Im Verlauf sind wir auf einige Herausforderungen gestoßen, die uns aber nur bestätigt haben, wie wichtig eine solide Vorqualifizierung ist“, betont Berthold Schröder, Präsident der Handwerkskammer Dortmund.
„Viele Zugewanderte aus dem arabischen Kulturkreis haben kein Verständnis für unser System der Ausbildung“, weiß Raimund Becker, Vorstand Regionen der Bundesagentur für Arbeit, darzulegen: „Die meisten wollen sofort Geld verdienen, nicht zuletzt um die Daheimgebliebenen zu versorgen.“
Zu finden sind diese Menschen dann als Lagerhelfer, in Reinigungsbetrieben oder ähnlichen einfachen Berufen wieder. Eine große Aufgabe im Rahmen dieses Projektes sei es, die jungen Leute für das deutsche System der Dualen Ausbildung zu begeistern und ihnen später Chancen als gut entlohnte Fachkräfte aufzuzeigen.
„Wer sich heute anstrengt und auf einen etwas höheren Lohn verzichtet, auf den warten später Einkommen von zwei- bis dreitausend Euro. Das kann ein großer Anreiz sein, aber jeder muss individuell abgeholt werden“, führt Becker weiter aus.
Zusammenspiel aller Partner als Schlüssel zum Integrationserfolg
Schlüssel zum Erfolg sei das gute Zusammenspiel aller Partner und die große Bereitschaft der Betriebe, Geflüchtete in Praktika zu nehmen, denn hier könnten die Teilnehmer durch ihr hohes Engagement überzeugen.
„Sie haben jetzt die Chance, einen guten Start im Handwerk hinzulegen. Ich bin überzeugt, dass die Meisten sie auch nutzen werden“, so Schröder.
„Wir müssen herausfinden, welche Kompetenzen und Qualifikation die Menschen mitbringen und dabei die Sprachbarrieren überwinden. Dieses Projekt ist bundesweit beispielgebend, wie die Integration in Ausbildung gelingen kann und gleichzeitig dabei hilft, den Fachkräftebedarf in betroffenen Branchen abzufedern“, lobte Raimund Becker.
„Die bisherigen Erfahrungen mit unseren zwei neuen Auszubildenden sind durchweg positiv. Beide sind hochmotiviert und lernen die Sprache schneller, als ich es umgekehrt könnte“, berichtet Thomas Kocher, Geschäftsführer und Inhaber Werner Kocher GmbH & Co.KG.
„Im Wettbewerb um Auszubildende lohnt es sich, neue Wege zu gehen“
Als Unternehmer hält er es für wichtig und notwendig, den geflüchteten Menschen eine Chance zu geben, damit sie in das Berufsleben integriert werden können. „Im Wettbewerb um Auszubildende lohnt es sich, neue Wege zu gehen – das Potenzial, das diese jungen Menschen mitbringen, sollte nicht verpuffen“, so Kocher.
„Wir möchten an den guten Erfolg des Projektes anknüpfen, es gemeinsam mit unseren Partnern weiterentwickeln und fortsetzen. Dieses Projekt braucht eine Wiederholung und auch Nachahmer“, verdeutlicht Astrid Neese, Vorsitzende der Geschäftsführung der Agentur für Arbeit Dortmund.
Wichtig sei, dass alle Arbeitsmarktakteure bei der Integration der geflüchteten Menschen in Arbeit und Ausbildung zusammenwirkten. „Dann können wir unser breites Maßnahmespektrum und unsere Angebote gut bündeln, um die Weichen zielgerichtet und an den individuellen Bedürfnissen bestmöglich ausgerichtet, zu stellen“, so Neese.
Geflüchteten bringen großes Potential und viele Kompetenzen mit
„Der Grundstein für eine erfolgreiche Bildungsbiographie muss früh gesetzt werden. Die geflüchteten Menschen bringen ein großes Potential und viele Kompetenzen mit“, ergänzt Frank Neukirchen-Füsers, Geschäftsführer Jobcenter Dortmund. Von 105 Teilnehmern sind am Ende der Qualifizierungsmaßnahme noch 68 dabei.
Insgesamt wurden 60 Teilnehmer vermittelt, davon 33 in Ausbildung 25 in ein weiteres Einstiegsqualifizierungsjahr für komplexere Aufgaben und zwei in sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse.
Insgesamt gab es nur vier Abbrüche seitens der Bewerber, was für einen besonders hohen Grad an Engagement spricht. Daher sei das Projekt im Zusammenspiel insbesondere der lokalen Akteure der richtige Ansatz für eine erfolgreiche berufliche und kulturelle Integration: „Wir freuen uns auf eine Fortsetzung“, so Neukirchen-Füsers.
Er stellte bereits die nächste Maßnahme in Aussicht: Wahrscheinlich schon ab November 2016 wird das Projekt über Dortmund hinaus erweitert auf die Kammerbezirke Kreis Unna und Hamm. Weitere 40 Flüchtlinge sollen so an eine nachhaltige berufliche Qualifikation geführt werden.
„Eine unglaublich große Chance für den Ausbildungs- und Fachkräftemarkt, gleichzeitig ein gutes Stück Integration von Flüchtlingen. Eine echte Win-Win-Situation“, resümiert Berthold Schröder.