Von Alexander Völkel
Es war etwas ganz Besonderes: Das erste Rugby-Länderspiel überhaupt in Dortmund, das erste seit sechs Jahren in Nordrhein-Westfalen.
Vor dem Rugby-League-Länderspiel waren drei Menschen besonders emotional bewegt: Die Spieler Liam Doughton (26) und Vivien Seelweger (21) und ihr Trainer Bob Doughton (58).
Denn für die Aktiven des RFC Dortmund war die Premiere ein Heimspiel – auf dem vereinseigenen Platz in der Nordstadt. Um so schmerzhafter war jetzt die Niederlage 12:26-Niederlage.
Länderspiele sind im Rugby selten – Spieler tragen selbst die Kosten
Anders als beispielsweise im Fußball sind Länderspiele im Rugby eher selten.
Denn der Aufwand ist groß und die Spieler müssen alle Kosten selbst aufbringen – von den Reisekosten über die Unterbringung bis hin zum Kauf des Trikots. Das gilt natürlich auch für Trainingsspiele wie vor zwei Wochen beim League-Turnier in Dortmund.
Jährlich gibt es für die Deutschen ein Spiel gegen die Niederlande – das findet am nächsten Wochenende in Rotterdam statt. Auch gegen Wales ist ein Termin angesetzt. Belgien stand für Deutschland erstmals auf dem Spielplan.
Hoch gesteckt waren die Ziele, auch wenn die Belgier als Favoriten galten. Doch es sah sehr lange gut aus: Gegen die gut eingespielten Gäste gingen die Deutschen sehr offensiv zur Sache und übernahmen auch die Führung.
Nach guter Leistung gaben die Deutschen den Sieg aus der Hand
Doch ab der Mitte der zweiten Halbzeit ging den Deutschen die Luft aus. Es offenbarten sich konditionelle Defizite, mit denen der Trainer nicht gerechnet hatte. Und der einsetzende starke Regen half auch nicht gerade, die nicht schwächer werdenden Belgier bei ihrer Aufholjagd zu stoppen.
So kassierten die Dortmunder Zum Ende der Partie drei erfolgreiche Versuche mit insgesamt 16 Punkten – ein erfolgreicher Angriff kann vier bis maximal sechs Punkte bringen. Entsprechend laut war der Jubel der Belgier.
„Dabei hätten wir mit 20 Punkten mehr gewinnen müssen“, ärgerte dich Coach Bob Doughton. Denn die Deutschen hatten deutlich mehr Ballbesitz. Sie verstanden es allerdings nicht, die Chancen zu verwerten.
„Wir haben das Spiel verloren – die Belgier haben es nicht gewonnen“, verortet der frustrierte Coach die Ursache bei seinem Team. Nun gilt es aus den Fehlern zu lernen und sich gegen die Niederlande. Doch leichter wird das nicht, da dann auch Leistungsträger fehlen werden.
Deutschland durfte nicht an der WM-Qualifikation teilnehmen
Bei den Spielen handelt es sich übrigens nur um Freundschaftsspiele: Denn eine Teilnahme an der Weltmeisterschaft war dem Team bisher nicht vergönnt. Wegen bürokratischer Versäumnisse durften sie nicht einmal an der laufenden Qualifikation teilnehmen. „Wir leisten daher Aufbauarbeit“, räumt Trainer Bob Doughton ein.
Eine Chance auf eine Teilnahme am Turnier hätten sich die Deutschen zwar nicht ausgerechnet – wohl aber auf eine spannende Qualifikationsrunde: Wales, Italien, Spanien, Irland, Serbien und Russland kämpfen um einen der drei verbliebenen WM-Tickets. Frankreich, England und Schottland sind wegen ihrer Platzierung bei der letzten Weltmeisterschaft automatisch dabei.
„Spanien haben wir sogar schon geschlagen“, berichtet Bob Doughton. Also fokussiert sich der deutsche Rugby-League-Verband nicht auf die sehr attraktive WM 2017 in Australien, Neuseeland und Papua-Neuguinea, sondern auf das nächste Turnier im Jahr 2021. Vivien und Liam könnten dann natürlich noch im deutschen Kader stehen.
Die Dortmunder Nationalspieler haben ausländische Pässe
Wobei sich beide Rugby-Spieler bewusst für Deutschland entschieden haben. Denn Liam Doughton hat sowohl einen deutschen als auch einen britischen Pass und Vivien Seelweger ist Franzose. Seit drei Jahren lebt er in Deutschland und ist mittlerweile für Deutschland spielberechtigt.
Ob sie es allerdings auch in die Nationalkader der beiden starken Rugby-Nationen England und Frankreich geschafft hätten, wäre fraglich. Denn die Trainingsmöglichkeiten waren für sie bisher in Deutschland nicht vergleichbar. Vivien war jeweils sechs Jahre in Holland und Norwegen, bevor es seine Eltern – beide sind Geologen – nach Bochum an die Ruhr-Uni führte.
Seinen Söhnen hat der Brite Bob Doughton den Rugby nicht nur sprichwörtlich in die Wiege gelegt. Allerdings hatten seine Kinder in Deutschland denkbar schlechte Startbedingungen. Der Rugby-Sport ist kaum verbreitet.
Deutschland ist Entwicklungsland – Dortmund wünscht sich Jugendabteiltung
Auch in Dortmund gibt es Hürden für den potenziellen Rugby-Nachwuchs: Denn bei dem erst im Jahr 2007 gegründeten Verein gibt es noch nicht mal eine Jugendabteilung. Die Betonung liegt auf „noch nicht“. Denn der junge Verein möchte das schnellstens ändern.
„Ein echtes Entwicklungsland“ – bedauert die deutsch-britische Familie. Vor allem Liam ist die Enttäuschung anzumerken. Denn der Student wäre gerne Profi geworden. Doch der Rückstand im Vergleich zu England lasse sich nicht aufholen.
„Dort spielen schon Sechsjährige Vollkontakt“, weiß Liam. In Deutschland wäre das undenkbar. Daher träumen die Dortmunder weiter von der WM 2021 – und davon, gegen Holland ein besseres Ergebnis zu erreichen.
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