Ist Rugby wie American Football – nur ohne die Schutzbekleidung? Weit gefehlt. Bei diesem Sport ist vieles anders. Wir haben uns bei einem Spiel der Dortmunder auf der Mendesportanlage im Fredenbaumpark umgesehen. In der Nordstadt sind eben viele besondere Sportarten zu Hause….
Begeisterung: „Rugby ist die abwechslungsreichste Teamsportart der Welt“
Wenn man die Aktiven fragt, überschlagen sie sich: „Rugby – spektakulär, lehrreich, elegant, hart, schnell und beispiellos fair – in einem Wort: Großartig“, sagt Markus Grefer.
Er ist 2. Vorsitzender des Rugby Football Club Dortmund – kurz „RFC“ Dortmund. Für ihn ist Rugby „die abwechslungsreichste Teamsportart der Welt“. Hier gehören schnelle Pässe, flinke Vorstoße und Tacklings genauso zum Repertoire, wie gezielter, kontrollierter Körperkontakt.
„Denn entgegen der weit verbreiteten Meinung, wird der Gegner nicht mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln von den Füßen geholt, sondern gezielt zu Boden gebracht. Als Tackler bin ich nämlich für den „Getackelten“ verantwortlich“, erklärt Grefer.
Unterschied zum American Football: Im Rugby macht der Mann die Meter, nicht der Ball
Um sein Ziel zu erreichen sind Kraft, Schnelligkeit und nahezu blindes Verständnis untereinander notwendig. „Denn anders als beim kleinen amerikanischen Bruder des Rugby sind hier nur Pässe nach hinten erlaubt“, erklärt Grefer. „Im Rugby macht der Mann die Meter, nicht der Ball.“
Das Team des RFC ist ein internationales Trüppchen. Denn die heimischen Spielerinnen und Spieler – ja, es gibt auch Damen-Rugby – werden beispielsweise durch Studierende unterstützt, die fürs Studium ins Ruhrgebiet gekommen sind oder durch AusländerInnen, die hier leben und arbeiten. Aber es gibt auch Briten im Team, die schon lange hier leben.
Das Dortmunder Team wird vom deutschen National-Coach trainiert
Dazu gehören auch Bob Doughton (58) und seine Söhne Liam (25) und Max (28). Bob trainiert das Herren-Team in Dortmund und ist auch einer von zwei Coaches der deutschen Rugby-League-Nationalmannschaft.
Seinen Söhnen hat der Brite den Rugby nicht nur sprichwörtlich in die Wiege gelegt. Allerdings hatten seine Kinder in Deutschland denkbar schlechte Startbedingungen. Der Rugby-Sport ist kaum verbreitet.
„Ein echtes Entwicklungsland“ – bedauert die deutsch-britische Familie. Vor allem Liam ist die Enttäuschung anzumerken. Denn der Student wäre gerne Profi geworden. Doch der Rückstand im Vergleich zu England lasse sich nicht aufholen.
Im August gibt es ein Heimspiel der deutschen Nationalmannschaft im Fredenbaum
„Dort spielen schon Sechsjährige Vollkontakt“, weiß Liam. In Deutschland wäre das undenkbar. Daher spielt er „nur“ in der deutschen Nationalmannschaft.
Auch wenn etwas Wehmut durchklingt – auf den 6. August freut sich Liam schon sehr: Dann wird er mit seinen Nationalmannschaftskollegen beim Länderspiel Deutschland gegen Belgien auf dem Platz stehen.
Was ist daran besonders? Es wird ein Heimspiel: Erstmals wird die Nationalmannschaft ein Spiel in Dortmund austragen – auf dem Mendesportplatz.
Die Dortmunder Rugbyspieler erhoffen sich damit nochmal einen kleinen Schub für die Bekanntheit ihres Sports – und neue Zuschauerinnen und Zuschauer.
Noch keine Rugby-Jugendabteilung in Dortmund
In Dortmund gibt es noch andere Hürden für den potenziellen Rugby-Nachwuchs: Denn hier gibt es noch nicht mal eine Jugendabteilung. Die Betonung liegt auf „noch nicht“. Denn der junge Verein möchte das schnellstens ändern.
Gegründet wurde der RFC Dortmund im Dezember 2007 von einer Handvoll Studenten unter der Schirmherrschaft des ehemaligen Präsidenten Andrew Tarry. Ihre oberste Priorität: Einfach nur Rugby spielen! Mittlerweile gibt es differenziertere und anspruchsvollere Ziele.
Der Verein, der langsam an der 100-Mitglieder-Marke „kratzt“, will nach und nach weitere Schulprojekte aufbauen, um den Sport auch in Dortmund bekannter zu machen. Interessant ist, dass es Handballspielern leichter fällt als Fußballern, sich auf Rugby, seine Regeln und Taktiken einzulassen.
Handballer finden sich im Rugby schneller zurecht als Fußballer
„Die meisten Anfänger haben Probleme, den Ball nach hinten zu passen“, weiß Coach Doughton. Er freut sich, wenn Handballer vorbeikommen. „Sie haben eine bessere Hand-Auge-Koordination und wissen, wie man Verteidigungslinien und Spielzüge aufbaut“, erklärt der Coach.
Dennoch will er keinen anderen Interessierten abhalten, Rugby auszuprobieren. Vorab räumt er mit gängigen Missverständnissen auf: „Es geht nicht darum, in jemanden hinein zu laufen, sondern in Lücken zu stoßen.“
Vor allem will Bob, dass seine Spieler Spaß am Spiel haben – und dabei ihre Leistungen verbessern. Die Herrenmannschaft des RFC Dortmund hat aktuell einen Kader von 35 Spielern.
Sie spielten in der abgelaufenen Saison in der Regionalliga des Rugby-Verbandes NRW und trafen auf Mannschaften wie Bochum/Witten, Osnabrück und Münster. Außerdem treten sie in Turnieren an.
„Wir haben uns zum Ziel gesetzt, unseren Sport und unseren Verein in Dortmund und darüber hinaus bekannter zu machen“, verdeutlicht Grefer. „Wir wollen uns professionell aufstellen, unseren Verein vergrößern und weiterhin mit konstanter Leistungssteigerung auf uns aufmerksam machen.“
Die „Rubgy-Divas“: Dortmund hat auch eine Frauenmannschaft
Bereits jetzt bietet der Verein den Rugbysport auch für Studierende im Rahmen des Allgemeinen Hochschulsports an. Die einzige Barriere gibt es nur im Kopf: „Einfach mal ausprobieren“, raten die Aktiven.
Das gilt für Männer wie für Frauen: „Wir haben sehr sportliche und auch unsportliche Typen – Kleine, Große, Dicke und Dünne“, sagt Jana Böttcher ganz plakativ und will so Hemmschwellen ausbauen. Sie ist selbst Spielerin bei den „Rugby-Divas“ und zugleich 1. Vorsitzende des Vereins.
Die Frauen pflegen ein gutes Miteinander und unternehmen auch in der Freizeit viel zusammen. So fahren sie beispielsweise zusammen zu Wettkämpfen und – bei anderen Sportarten undenkbar – helfen bei anderen Teams aus.
Dafür gibt es sogar einen Begriff: Diese Spielerinnen und Spieler nennt man „Piraten“. Denn nur so kann mitunter sichergestellt werden, dass die Teams genügend Spielerinnen haben. Das gilt mitunter auch für direkte Wettbewerber!
Daher war es auch nicht ungewöhnlich, dass sie bei einem Freundschaftsspiel mit den Frauen aus dem holländischen Alkmaar gemischte Teams gebildet haben.
Doch Freundschaft hin oder her – der sportliche Ehrgeiz soll nicht zu kurz kommen. Dafür sorgt Nev Granby. Wie bei den Männern hat auch hier ein Brite als Trainer das Sagen. „Es ist für uns ein Glücksfall, ihn als Trainer zu haben“, betont Böttcher.
Die Dortmunder Damen spielen regelmäßig auf Ligaturnieren und konnten sich im vergangenen Jahr erfolgreich für die bundesweite Meisterrunde qualifizieren.
Fairness und Respekt im Mittelpunkt
Wie kaum ein anderes Element prägen die Fairness und das Miteinander den Rugbysport. Auf dem Platz noch erbitterte Rivalen, nach dem Spiel aber gehören Shake-Hands, Klatschgassen und gemeinsame Gespräche zwischen den KontrahentInnen zum Sport.
Auch in den großen Rugbystadien dieser Welt ist dieser Geist lebendig. Eine Trennung von Fans der Heimmannschaft und Gästen, wie im Fußball üblich, ist beim Rugby undenkbar. Man sitzt nebeneinander, neckt und beglückwünscht sich.
Am Samstag Rugby-League-Turnier in der Nordstadt
Gleich zwei spannende Spiele bzw. Turniere richtet der Rugby Football Club Dortmund in den Sommerferien aus.
Am 23. Juli gibt es ein Rugby-League-Turnier in der Nordstadt. Es ist das abschließende Turnier der Turnierreihe der Nationalen Rugby-League-Deutschland e.V. (NRLD).
Die Turnierreihe gilt vor allem der Präsentation interessierter Spieler gegenüber dem Nationaltrainergespann Bob Doughton (RFC Dortmund) und Simon Cooper (TSV Karlshöfen).
Zunächst findet ab 11 Uhr eine Einführung in den League Sport statt, an der alle Interessierten teilnehmen können. Im Anschluss wird Rugby League im 9er Modus, d.h. mit neun Spielern pro Seite, in Turnierform gespielt. Der Tag endet mit einem regulären League Spiel mit 13 Spielern pro Seite. Auch interessierte Zuschauer sind herzlich willkommen. Der Eintritt ist frei.
Am 6. August gibt es das Länderspiel Deutschland gegen Belgien im Fredenbaum
Wer es in die Auswahl schafft, wird am 6. August beim Länderspiel gegen Belgien im Rugby League in Dortmund antreten. Es findet im Rahmen des neuen Dreiecksturniers statt, an dem Belgien, Deutschland und die Niederlande teilnehmen.
Ankick der Partie ist 16.30Uhr. Belgien ist als starker Gegner einzustufen, belegt auf aktuellen Weltrangliste ist Belgien an Platz 17 und auf Europaebene Platz 10. Die deutsche Mannschaft steht im internationalen Vergleich auf Platz 22 und im europäischen an 14. Position.
Der Eintritt der Veranstaltung beträgt fünf Euro. Für DortmundPass-BesitzerInnen, Kinder und Jugendliche unter 17 Jahren ist der Eintritt kostenlos. Für SchülerInnen und Studierende wird es einen Nachlass geben.
Eine kleine Regelkunde: Wir wird Rugby gespielt?
Doch wie wird Rugby eigentlich gespielt? Ein Spiel besteht aus zwei Halbzeiten mit jeweils 40 Spielminuten und einer Pause. Ansonsten wird das Spiel nur bei Verletzungen unterbrochen.
Weil es so ein kräftezehrender, vielfältiger Sport ist, müssen sich die Teammitglieder aufeinander verlassen können. Ein Erfolg ist nur möglich, wenn man sich gegenseitig unterstützt, denn der Ball will gegen den Gegner verteidigt werden.
Wird der Ball nach vorne gepasst oder geht verloren, kommt es zum bekanntesten Spielzug – dem „Scrum“ (übersetzt: Gedränge). Beim Gedränge drücken die bis zu acht Stürmer jeder Mannschaft gegeneinander, um den Ball zu erlangen, der in ihre Mitte eingeworfen wird. Im Profisport stehen sich in dieser Situation gerne mal bis zu zwei Tonnen Gewicht gegenüber.
Kontrolle ist im Rugby auch an anderer Stelle ein kennzeichnendes Merkmal: Um Punkte zu erzielen, muss der ellipsoide Ball im „Malfeld“ des Gegners abgelegt werden.
Zum Vergleich: Wo im American Football das Erreichen der Endzone ausreichend ist, ist beim Rugby noch nicht Schluss. Der Ball muss abgelegt und darf nicht verloren werden. Dies trägt der erfolgreichen Mannschaft fünf Punkte ein.
Außerdem ist es möglich, durch Kicken in das H-förmige Rugbytor, die sogenannten Malstangen, Punkte zu erzielen. Dies kann sowohl aus dem Spielgeschehen heraus erfolgen, als auch nach einem sogenannten Versuch, d.h. dem Ablegen des Balles im Malfeld.
Aus dem Spielgeschehen heraus bringt dies drei Punkte, als Erhöhung nach einem Versuch können hierdurch zwei zusätzliche Punkte errungen werden, so dass ein Versuch mit erfolgreicher Erhöhung sieben Punkte wert ist.
Die unterschiedlichen Spielweisen beim Rugby:
Der Rugbysport kennt unterschiedliche Spielweisen, die alle vom RFC Dortmund gespielt werden.
Gemeinsam ist allen drei die Grundregel, dass nur nach hinten gepasst werden darf. Außerdem werden alle auf dem gleichen Feld ausgetragen, dass in etwa den Dimensionen eines Fußballplatzes entspricht.
Union – 15er Rugby
In dieser Spielvariante hat der „Scrum“ die vollen acht Stürmer und wird hart umkämpft. Geht der Ball ins Seitenaus ist ein Einwurf die Folge. In dieser Spielform gibt es klare Unterschiede zwischen den schwereren, stärkeren Stürmern und der leichteren, dynamischen Reihe.
League – 13er Rugby
League ist eine einfachere Variante des Rugbysports, bei der jedes Team eine feste Anzahl an Versuchen hat, mit dem Ball ins gegnerische Malfeld zu kommen, bevor der Ball übergeben werden muss.
Bei dieser Variante sind die Grenzen zwischen Stürmern und Reihe stark aufgeweicht. Allgemein ist es eine sehr schnelle und anstrengende Variante, die oft als die härtere gilt. Ein „Scrum“ hat hier sechs Spieler pro Seite.
Sevens – 7er Rugby
In dieser, ab diesem Sommer olympischen Variante des Rugbysports stehen nur sieben SpielerInnen auf dem Platz – bei gleicher Feldgröße. Das Spiel wird dadurch schneller und verliert etwas an Körperkontakt. Ein „Scrum“ besteht hier nur aus drei SpielerInnen pro Seite.
Agilität ist in dieser Variante ein wichtiger Faktor. Der Fokus verschiebt sich, im Vergleich zu League und Union, beim Siebener mehr in Richtung des Ballbesitzes. Bei den anderen beiden ist der Raumgewinn das Maß aller Dinge, auch wenn allgemein gilt, dass nur der, der den Ball hat, punkten kann.
Trainingszeiten und Kontakt:
Wer sich für Rugby interessiert, ist jederzeit willkommen. Trainiert wird montags und mittwochs von 18.30 bis 20.30 Uhr auf dem Mendesportplatz im Fredenbaumpark. In Abhängigkeit von Verfügbarkeit und Lichtverhältnissen ist das Training entweder auf Rasen oder auf Asche.
Männer und Frauen trainieren zeitgleich, aber getrennt. Die Hürden zur Teilnahme sind formal sehr niedrig. „Beim ersten Mal sind lediglich Sportsachen und – falls vorhanden Fußballschuhe – erforderlich.
Externe RUGBY-LINKS
Mehr Infos und Kontakt unter:
Hier gibt es noch Informationen zu den Spielregeln:
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Matthias Hase
15er- und 7er-Rugby = Union
13er-Rugby = League
Union ist populärere und weit verbreitete Variante des Rugbysports, die überwiegend auch in Deutschland gespielt wird und strukturierter und „professioneller“ als League betrieben wird. Rund 125 Vereine hinunter bis in die fünfte Liga mit rund 15.000 Aktiven sind unter dem Dach des Deutschen Rugby-Verbandes versammelt, der Union betreibt.
Und mag Union in Deutschland Randsportart sein, so herrschen im DRV dann doch professionellere Strukturen als im League. Dies betrifft den Spielbetrieb und die Nationalmannschaften. Die 7er-Nationalmannschaft wird zB durch den DOSB/das BMI gefördert und trainert mit sportwissenschaftlicher Unterstützung am Olympiastützpunkt Rhein-Neckar täglich trainiert. Mehrere Spieler sind zudem Soldaten in der Sportförderkompanie. Die 15er-Nationalmannschaft wird zudem von einem bekannten deutschen Getränkehersteller finanziell in Millionenhöhe unterstützt.
Ovale Grüße
Die deutsche 15er-Nationalmannschaft spielt in der Rugby Europe Championship unterhalb der Six Nations und belegt aktuell Weltranglistenplatz 26. Die 7er-Nationalmannschaft hat aktuell den vierten Platz bei der EM erreicht und nur knapp die Qualifikation für Rio verpasst. Der Spielbetrieb in Deutschland beginnt ab der U6.