Anlässlich des 150. Jahrestages der Gründung der ersten deutschlandweiten Gewerkschaft – dem Allgemeinen Deutschen Zigarrenarbeiterverein – wird Nordstadtbogger.de in den nächsten Wochen aus der 165-jährigen Geschichte der Dortmunder Sektion berichten, aus der später die NGG entstanden ist.
Nach der Zerschlagung der Gewerkschaften durch die Nazis arbeiteten Einzelne im Untergrund, und andere machten sich offen die Sache der Nazis zu eigen. Das Scheitern der Weimarer Republik führte 1933 in die faschistische Diktatur. Die „braune Katastrophe“ nahm ihren Lauf – mit bekanntem Ende.
Gewerkschaftshäuser von der SA besetzt
Die Vorläuferorganisationen der NGG warnten in ihren Publikationen (wie z.B. Einigkeit vom Januar 1932) zwar vor den Nazis, jedoch glaubten die deutschen Gewerkschaften lange nicht, dass Hitler seine politischen Vorstellungen in die Tat umsetzen würde. Doch die Braunhemden machten ernst.
Am 2. Mai 1933 wurden die Gewerkschaftshäuser von der SA besetzt, die Funktionäre fristlos entlassen, verhaftet, viele misshandelt und ermordet.
Das Ende der freien Gewerkschaften war gekommen. Sie wurden verboten und in die im Mai 1933 gegründete „Deutsche Arbeitsfront“ eingegliedert.
Viele Gewerkschafter ließen sich davon nicht entmutigen. So entstand um Alfred Fitz, bis 1933 Zweiter Vorsitzender des Verbandes der Nahrungsmittel- und Getränkearbeiter (VNG), ein illegales Netz von Vertrauenspersonen des ehemaligen VNG.
Viele Gewerkschafter landeten in Konzentrationslagern und Gefängnissen
Das Netz erstreckte sich auf eine ganze Reihe von Städten in Deutschland, in denen sich Widerstand von Kollegen des VNG regte – unter anderem auch in Dortmund. Die Namen der Dortmunder Mitglieder des Netzes sind nicht bekannt.
Das Netz stellte den Informations- und Nachrichtenaustausch ins Ausland sicher und versuchte zur Schwächung des faschistischen Regimes beizutragen.
Ende 1938 wurde Alfred Fitz von der Gestapo verhaftet und ins Konzentrationslager Sachsenhausen gebracht. Damit war das illegale Netz der Nahrungsmittel- und Getränkearbeiter zerschlagen.
Arbeiter als Teil der NS-Propagandamaschine
Auf der anderen Seite ließen sich viele Arbeitnehmer in die Propagandamaschine der Nationalsozialisten einspannen.
Ein Beispiel dafür ist die während des Zweiten Weltkriegs regelmäßig erscheinende Durchhaltebroschüre „Front und Heimat“ für die Belegschaft der Brauerei Thier. Darin wurden seitenweise Feldpostbriefe von Beschäftigten im Krieg im Sinne der Nazis zitiert.
„Aus einem Bunker im Osten“, so ist zu lesen, „grüßt Kamerad Dropalla. Er schreibt uns wörtlich: ‚Ich bleibe gern hier, denn ich weiß, dass der Sieg der unsere ist.’“
Außerdem wurden die Neuigkeiten aus dem Betrieb übermittelt, wie z.B. „Unsere Vorträge im Rahmen des Berufserziehungswerkes 1941/42 füllen die laufenden Wochen aus. Besonders ein Vortrag ‚Deutschlands Beitrag zur politischen Neuordnung Europas’, gehalten von Gauvolksbildungswart Dr. Marquardt, Bochum, fand reichen Beifall und war hoch interessant.“
Die früheren Teile der Serie auf nordstadtblogger.de:
- NEUE SERIE – 150 Jahre Gewerkschaft: Eine Geschichte von ständigen Kämpfen und neuen Herausforderungen
- SERIE (2) – Die NGG und ihre Vorläufer: Zigarrenarbeiter gehörten zu den Pionieren der Gewerkschaftsbewegung
- SERIE (3): Wilhelm Brülling – ein überzeugter Gewerkschafter und Mitbegründer der NGG in Dortmund
- SERIE (4): Arbeitsbedingungen der Bäcker um 1900 – Katastrophale Hygiene und Mäuse im Brot
- SERIE (5) Konsumverein in Dortmund gegründet: Mehr Mitbestimmung und eine bessere soziale Stellung für Arbeiter