Steinplatz im Wandel: Vom Bauernmarkt zum Nebenzentrum bis zum Platz mit Charme des Sozialwohnungsbaus

Ansichtskarte Steinplatz 1916 (Privatbesitz)
Eine Ansichtskarte  zeigt den repräsentativen Steinplatz in der Nordstadt im Jahr 1916. (Privatbesitz)

Helmut Lierhaus, der ehemalige Sprecher des Mietervereins Dortmund, schreibt und bearbeitet im Ruhestand Artikel im Online-Lexikon Wikipedia. Er erinnert an die Einweihung des rekonstruierten Eisengießer-Brunnens und an den Abschluss der Erneuerung des Steinplatzes sowie seine Umbenennung in Freiherr-vom-Stein-Platz vor fast genau 25 Jahren.

Platz entstand als Bauernmarkt für die schnell wachsende Bevölkerung der Nordstadt ab 1860

Der Platz unterliegt einem ständigen Wandel: Geplant als Bauernmarkt für die schnell wachsende Bevölkerung der Nordstadt ab 1860, entwickelt er sich zu einem modernen und wirtschaftlich prosperierendes Nebenzentren mit Straßenbahnknotenpunkt, Großkaufhaus und Geschäftshäusern.

Dann steht er im bis zum Zweiten Weltkrieg im Mittelpunkt eines Vergnügungsviertels mit Bier- und Festhallen, Varietés und der Bordellstraße Linienstraße. Nach der weitgehenden Zerstörung im Zweiten Weltkrieg kennzeichnete der wirtschaftliche Abstieg von Kohle, Stahl und Bier den Platz.

Und schließlich gibt es einen Neuanfang: Aus Mitteln des ersten Nordstadt-Programms 1990 gibt es eine Neugestaltung.

Eisengießer-Brunnen bleibt über alle Jahrzehnte das Sinnbild und Bindeglied

Sinnbild und Bindeglied zwischen dem früheren und dem heutigen Steinplatz ist der Eisengießer-Brunnen. Das nach Originalzeichnungen rekonstruierte Bauwerk wurde am 10. August 1990 von Alt-Oberbürgermeister Günter Samtlebe eingeweiht.

Der Eisengießerbrunnen nach einem Entwurf des Kölner Bildhauer-Professors Wilhelm Fassbinder. Foto: Alex Völkel
Der Eisengießerbrunnen nach einem Entwurf des Kölner Bildhauer-Professors Wilhelm Fassbinder. Foto: Alex Völkel

Die Nationalsozialisten hatten die Bronzestatue, die seit 1906 den Platz prägte, gegen Ende des Zweiten Weltkriegs für die Waffenproduktion eingeschmolzen. Die Unterkonstruktion blieb verschollen und das Arbeiterdenkmal geriet in Vergessenheit.

Das historische Vorbild und ihre Replika sind aber auch Beispiele für tatkräftigen Bürgersinn. Am 26. Januar 1906 war der erste Eisengießer-Brunnen durch Oberbürgermeister Wilhelm Schmieding enthüllt worden.

Verschönerungsverein bezahlte den „Steinplatzbrunnen“

Der örtliche so genannte Verschönerungsverein hatte den „Steinplatzbrunnen“ nach einem Entwurf des Kölner Bildhauer-Professors Wilhelm Fassbinder aus Spendengeldern errichten lassen.

Seine Wiederherstellung finanzierte der „Förderverein Eisengießer-Brunnen am Freiherr-vom-Stein-Platz e.V.“ – um den früh verstorbenen Bezirksvorsteher (heute Bezirksbürgermeister) Jürgen Alexander ebenfalls zur Hälfte der Gesamtkosten aus Spendenmitteln.

Für das insgesamt sechs Meter hohe und 28 Tonnen schwere Bauwerk (bei Wasserbetrieb) wurden „bei den Verantwortlichen in Handel, Handwerk und Industrie“, wie es in der Broschüre, die die Sparkasse Dortmund anlässlich der Einweihungsfeier herausgab, heißt, rund 300.000 DM eingesammelt.

Stadt Dortmund stellte Städtebaumittel zur Neugestaltung bereit

Die andere Hälfte steuerten Stadt und Land aus Städtebaufördermitteln bei, denn die Neugestaltung des Platzes gehörte zu den Projekten des allerersten Nordstadt-Programms.

Mit der Wiederinbetriebnahme erhielt der Platz auch einen abgewandelten Namen: Freiherr-vom-Stein-Platz. „Nach meiner Erinnerung erfolgte die Umbenennung, um das Rotlichtimage dieses ‚Eingangstors zur Nordstadt‘ abzuschütteln“, kommentiert Helmut Lierhaus.

„Die Politiker hätten gerne gleich die ganze Steinstraße, an der u.a. die Auslandsgesellschaft NRW in der ehemaligen Steinwache liegt, nach dem preußischen Bergbaubeamten und Staatsminister Heinrich Friedrich Karl vom Stein (1757 – 1831) benannt.“

Platz mit Charme der 1980er Jahre, als der Soziale Wohnungsbau rot geklinkert war

Der Steinplatz und die Münsterstraße heute. Foto: Alex Völkel
Steinplatz und Münsterstraße heute. Foto: Alex Völkel

Wer heute den Freiherr-vom-Stein-Platz als einen einladenden Eingangsbereich zur Nordstadt empfindet oder zumindest als städtebauliches Zeitzeugnis akzeptiert, muss allerdings schon etwas übrig haben für den Charme der 1980er Jahre, als der Soziale Wohnungsbau rot geklinkert war.

Ziel war es, dass die Gebäude gegenüber den vorausgegangenen Bausünden wieder freundlicher wirken und vor allem auch wieder für mittlere Einkommensgruppen interessant zu machen.

Dazu passt farblich die akkurate Klinker-Pflasterung über den gesamten Platz zwischen Leopold- und Münsterstraße und in Zimmer- und Münsterstraße hinein und eine betonlastige Sitz-Möblierung passend zu ebensolchen Balkonen. Stadtreparatur würden Planer das heute nennen.

Vom einstigen Glanz des Steinplatzes blieb nur der Eisengießer-Brunnen

Ansichtskarte Steinplatz mit Straßenbahn 1914 (Wikipedia)
Ansichtskarte Steinplatz mit Straßenbahn 1914 (Wikipedia)

Das Steinplatzviertel war im Bombenhagel des Zweiten Weltkriegs nahezu so zerstört worden wie die Innenstadt, dann aber nicht wieder aufgebaut worden.

In den 1960er Jahren wurde die Steinstraße mehrspurig ausgebaut und mit der Schließung des Schlacht- und Viehhofs zum 31.12. 1973 begann eine Phase als Brache und Provisorium, die erst mit der 1990 abgeschlossenen Neugestaltung und Bebauung in seine heutige Form bekam.

Vom Glanz des Steinplatzes vor und zwischen den Weltkriegen ist vorerst nur der Eisengießer-Brunnen geblieben. Aber einen Stillstand hat es nie gegeben.

1990 war der Platz wieder auf der Höhe seiner Zeit. Wie wird es weitergehen? Kommt die nächste Umgestaltung? Eine Fahrrad-Station „Metropolradruhr“ ist jüngst hinzugekommen. „Ein gutes Zeichen“, findet Lierhaus.

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