Die Verwaltung lernt dazu: Deutlich kleinlauter und problembewusster gab sich Stadtplaner Stefan Thabe bei der Vorstellung des Masterplans Einzelhandel in der Bezirksvertretung (BV) der Nordstadt. In der vergangenen Woche hatte Thabe von den Teilnehmern einer Bürgerversammlung am Borsigplatz zum selben Thema verbal viel Prügel einstecken müssen. Die Anwohner hatten das Gefühl, dass der Stadtplaner ihre Sorgen und Probleme nicht ernst nehme (Die Nordstadtblogger berichteten – Link am Ende des Artikels).
Bürger und Politiker forderen schnelle Lösungen für den Borsigplatz
Daher griff Thabe die Anliegen der Bewohner dieses Mal gleich auf, als er das Konzept des Masterplans in der BV vorstellte. Notwendig wurde dies, weil das Thema schon in der Bürgersprechstunde aufschlug. Ein Anwohner der Oestermärsch kritisierte die Schließung des Aldi-Marktes zum 28. September. Damit würde die letzte fußläufige Einkaufsmöglichkeit im Bereich des Borsigplatzes wegfallen.
Daher bat auch der frühere Bezirksvorsteher Theo Schröder im Namen des Seniorenbeirats mit Nachdruck darum, mögliche Alternativen auszuloten. Zwar gebe es auch kleine Geschäfte. Allerdings scheuten sich viele Ältere, dort einzukaufen – ganz abgesehen davon, dass es keine vergleichbaren Sortimente zu einem Vollsortimenter gibt.
Vollsortimenter für 11.000 Anwohner hat für die Bezirksvertretung oberste Priorität
Daran setzte auch Brigitte Jülich (SPD) an: „Es gibt nur kleine Geschäfte wie Gemüsehändler. Aber die haben eben nicht alles.“ „Die Aussagen der Bürger waren aussagekräftig und deutlich“, erinnerte Bezirksbürgermeister Siegfried Böcker (SPD). „Es wäre gut, wenn da endlich Bewegung reinkäme.“ Thomas Bahr (CDU) machte sich für mögliche Koppelgeschäfte stark: Wenn die Handelsketten an anderer Stelle etwas wollten, müsse die Stadt sie gleich verpflichten, dafür auch am Borsigplatz etwas zu machen. Doch dies wies der Stadtplaner entschieden zurück – die Stadt dürfe sich im Umkehrschluss nicht erpressbar machen.
Mobile Lösungen und Wöchenmärkte als Notlösungen
Mobile Lösungen wurden ebenso angesprochen wie temporäre Nutzungen, ein Wochenmarkt oder auch Neubaupläne. Die Bewohner des Quartiers – immerhin leben dort mehr als 11.000 Menschen – bräuchten einen Vollsortimenter, so Böcker. „Die Leute sollen sich dort wieder die Taschen füllen können. Wenn sie es denn können.“
Sorge um Münsterstraße: „Der untere Bereich schmiert völlig ab“
Die Sorge, der Borsigplatz sei der größte Problemfall, teilten die BV-Mitglieder unisono. Aber auch andere Bereiche – insbesondere Teilbereiche der Münsterstraße – böten Herausforderungen. „Der untere Teil der Münsterstraße schmiert völlig ab. Das kommt in dieser Deutlichkeit nicht vor“, kritisierte Böcker. Im Gegenteil: Von hoher Aufenthaltsqualität ist die Rede. „Wer schreibt denn sowas“, schimpfte seine Parteifreundin Brigitte Jülich. Viel mehr sollte man darauf achten, dass „die Pommebude nur Pommes und nicht auch Stoff verkauft und die Bude Bier für den Konsum auf dem Sofa und nicht zum Konsumieren auf der Straße“.
Plan dient als Steuerungsinstrument und zur Rechtsicherheit bei der Bauleitplanung
Doch diese Kritik wies Thabe deutlich zurück. Es gehe dabei rein räumlich um gute Aufenthaltsqualität wie Stadtmobiliar. „Soziale Probleme, Illegalität und Kriminalität gibt es. Aber sie ist nicht Thema des Masterplans Einzelhandel. Diese integrierte Sichtweise kann und will ich hier nicht abbilden. Dafür gibt es die Integrierten Stadtentwicklungskonzepte“, so Thabe. Ganz abgesehen davon, dass dann der Plan nicht 500, sondern 5000 Seiten hätte. Der Plan diene eben nur der Rechtssicherheit und nicht dem Marketing oder anderen Zielen. „Den brauche ich, um vor Gericht gewinnen zu können“, so Thabe. Das letzte Wort in Sachen Masterplan hat der Rat. Die Bezirksvertretung gab grünes Licht.
Weiterer Bericht: Der letzte Supermarkt schließt: Kein Nahversorger mehr für 11.000 Bewohner am Borsigplatz
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Bag
Der Borsigplatz ist schon seit längerer Zeit ausgestorben, auch die dort lebenden Menschen, würden, wenn sie könnten schon lange hier wegziehen. Der Drogenhandel nimmt immer mehr zu, das ist der eigentliche Übel. Doch die Polizei schaut nur zu, in der letzten Zeit, konnten diese immer weniger Festnahmen verzeichnen. Nach nach hinweisen und Anzeichen, keine Reaktion. Kein wunder, das alle vom Borsigplatz flüchten. Schade, das solche Verhältnisse nicht im Dortmunder Süden herrschen. Dort hätte man sofort reagiert.