Vom „Dorn im Auge“ zur Entlastungsmaßnahme am Grafenhof

Rückzugsort für Konsumierende: Inbetriebnahme der neuen Freifläche am Drogenkonsumraum

Die Freifläche (re.) soll ab Montag den Drogenkonsumraum am Grafenhof (li., braunes Gebäude) entlasten. Foto: Darya Moalim für Nordstadtblogger.de

Die Überlastung des Drogenkonsumraums im Grafenhof macht sich seit geraumer Zeit deutlich bemerkbar: Neben der hohen Auslastung spitzten sich die Beschwerden von Anwohner:innen und Passant:innen über die Anhäufung der Konsument:innen auf der Straße zu. Um dem entgegenzuwirken, dient ab Montag (10. Februar 2025) die Freifläche an der Ecke Grafenhof/Martinstraße, die sich genau gegenüber der Einrichtung befindet, als Aufenthaltsort, an dem Drogenkranke sich zurückziehen können.

Neugestaltung der ehemaligen Brachfläche als Rückzugsort für Konsument:innen

Was ein privater Investor einst bebauen wollte, stellt ab nächster Woche einen Rückzugsort für Drogenkonsumierende dar – beispielsweise zur Überbrückung von Wartezeiten.

Die Besucher:innen haben freien Zugang zu offenen Containern, Toiletten und Sitzbänken.

Die 350 Quadratmeter große, ehemalige Brachfläche war der Stadt Dortmund in der Vergangenheit eher ein Dorn im Auge: Wildwuchs breitete sich aus, ebenso das Campieren von Personen, was besonders bei den Anwohner:innen das Gefühl der Unsicherheit auslöste. Nun hat die Stadt die Fläche ausgebaut.

„Die Idee war, eine Entlastungsfläche zu schaffen – zum einen für den öffentlichen Raum, zum anderen auch für das Klientel“, berichtet Holger Keßling, Leiter des Gesundheitsamtes.

Außerdem wird der Sichtschutz am Zaun weiter ausgebaut, um den Konsument:innen einen geschützten Raum zu bieten.

„Denn wenn sich diese Menschen in den Hauseingängen aufhalten, werden sie vertrieben und gestört, was natürlich auch für sie selbst nicht ideal ist“, ergänzt Keßling.

„Deshalb haben wir entschieden, hier nebenan eine reglementierte Fläche einzurichten, auf der sich diese Personengruppe aufhalten kann. Sie wird witterungsgeschützt sein, mit Sonnenschutz im Sommer und zusätzlicher Beleuchtung, sodass die Menschen hier auch Ruhe finden können“, so der Leiter des Gesundheitsamtes.

Die Fläche wird von 7 Uhr morgens bis 20.30 Uhr abends geöffnet sein

Die Fläche wird ganzwöchig eine Stunde vor und eine halbe Stunde nach den Öffnungszeiten des gegenüberliegenden „Café kick“ zugänglich sein. Konkret bedeutet dies: von 7 Uhr morgens bis 20.30 Uhr abends. Nur „Es ist ganz wichtig zu betonen, dass dies keine Akzeptanzfläche ist. Hier wird weder der Handel noch der Konsum von Drogen toleriert. Die Fläche dient lediglich als Rückzugsort, um Entlastung zu bieten – aber es findet hier weder Handel noch Konsum statt“ so Keßling. – das entspricht den Öffnungszeiten des Konsumraums.

Holger Keßling, Leiter des Gesundheitsamtes. Foto: Darya Moalim für Nordstadtblogger.de

Offene Container, Toiletten und Sitzbänke können von den Besucher:innen frei genutzt werden. Ein Sichtschutz am Zaun soll den Konsument:innen einen geschützten Raum bieten.Zugleich ist die Anwesenheit von Sozialarbeiter:innen, Streetworker:innen und ein Sicherheitsdienst angedacht.

Keßling betont, dass sowohl die Polizei als auch das Ordnungsamt weiterhin im Umkreis tätig sein werden, um die Konsument:innen bei Bedarf zum Drogenkonsumraum zu verweisen. Zunächst ist eine Anmietung der Fläche durch die Stadt Dortmund für einen Zeitraum von zwei Jahren angedacht – vorausgesetzt, die Nutzung funktioniert gut und erzielt Wirkung. Wie es danach weitergeht, ist jedoch noch abzuwarten, erläutert Robert Litschke, Leiter des kommunalen Lagezentrums.

Klare Regeln und Schutzmaßnahmen für die Freifläche vorgesehen

Die Fläche soll dabei nicht als verlängerter Arm des Drogenkonsumraums dienen, wie Keßling unterstreicht. Vielmehr unterliegt sie klaren Regeln bezüglich des Konsums und Handelns: „Es ist ganz wichtig zu betonen, dass dies keine Akzeptanzfläche ist. Hier wird weder der Handel noch der Konsum von Drogen toleriert. Die Fläche dient lediglich als Rückzugsort, um Entlastung zu bieten – aber es findet hier weder Handel noch Konsum statt“ so Keßling.

Auf der Fläche gelten strikte Regeln, unter anderem sind Konsum und Handel untersagt. Foto: Darya Moalim für Nordstadtblogger.de

„Es dürfen auf diesem Gelände keine Straftaten begangen werden, weder Körperverletzungen noch Drogenhandel oder Konsum. Sollte es zu solchen Vorfällen kommen, würden die Sicherheitskräfte eingreifen“ ergänzt der Leiter des Gesundheitsamtes.

Im Falle von Ordnungswidrigkeiten oder Straftaten ist in der Regel das Ordnungsamt bzw. die Polizei zuständig. Die temporär anwesenden Sozialarbeiter:innen und Streetworker:innen bieten dennoch bei Bedarf medizinische und suchttherapeutische Unterstützung an.

Zuversichtliche Erwartungen hinsichtlich des Wirkungseffekts – auch von OB Westphal

Die Überzeugung, dass die Fläche einen positiven Effekt hat, ist jedoch sehr groß, wie Litschke und Keßling offenbaren. „Ein Vorteil für uns ist, dass die Zielgruppe, wenn sie diese Fläche annimmt, auch gut für das Hilfesystem erreichbar ist. So können sie durch Dialog, Kommunikation und andere Maßnahmen motiviert werden, Angebote des Hilfesystems in Anspruch zu nehmen“, fügt Keßling bei.

Die Besucher:innen haben freien Zugang zu offenen Containern, Toiletten und Sitzbänken.

Auch Oberbürgermeister Thomas Westphal zeigt sich optimistisch mit dieser Maßnahme: „Die Freifläche soll einen spürbaren Mehrwert für die Anwesenden, Gewerbetreibenden und Händler erzeugen. Natürlich werden drogenabhängige Menschen in der Innenstadt weiterhin sichtbar sein. Im Nahbereich des Drogenkonsumraums sollten sich jedoch Entspannungseffekte zeigen.“

Inwiefern die Fläche zukünftig weiterhin in der Nähe des Standorts des Drogenkonsumraums verbleiben wird, ist noch unklar. Grund dafür sind die laufenden politischen Diskussionen über einen möglichen neuen Standort. Zuletzt liefen Diskurse über einen neuen Standort in der Küpferstraße, der jedoch auf Widerstand seitens der nahegelegenen Schulen und der CDU stieß. Am 13. Februar wird im Rat ein Antrag von SPD und Grünen abgestimmt, der die Schaffung von zwei neuen Drogenkonsumräumen in der Nähe der Innenstadt vorsieht.


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