Ingenieure halten den Betrieb des Nordbads nur noch bis 2025 für sicher

Schwimmbad in der Krise: Wie ein Gutachten die politische Debatte um das Nordbad verändert

Das Nordbad ist seit Jahren marode. Foto: Alexander Völkel für die nordstadtblogger.de

In der vergangenen Woche hatte der Rat der Stadt Dortmund das endgültige Aus des bisherigen Nordbads und einen Neubau an anderer Stelle beschlossen. Seit Jahren baufällig, sollte es dennoch nach Möglichkeit bis zum Bau eines Ersatzbads genutzt werden. Doch ein kritisches Gutachten droht diese Pläne bis auf weiteres außer Kraft zu setzen. Warum die Schließung früher kommt und welche Folgen das hat.

Das Nordbad ist seit mehr als zehn  Jahren sanierungsbedürftig

Das Nordbad am Dietrich-Keuning-Haus ist ein zentraler Treffpunkt für viele Bewohner:innen der Dortmunder Nordstadt. Schulklassen kommen hierher für den Schwimmunterricht, Sportvereine trainieren, Familien besuchen das Bad.  ___STEADY_PAYWALL___

Doch seit über einem Jahrzehnt ist klar: Das Gebäude ist in einem schlechten Zustand. Regelmäßige Prüfungen – zuletzt alle drei Monate durch ein externes Ingenieurbüro – stellten bisher sicher, dass der Betrieb weiterhin möglich war. Dennoch galt das Nordbad als Sanierungsfall und beschäftigte die Politik immer wieder.

Vergangene Woche fällte der Rat der Stadt Dortmund dann – eigentlich mit vielen Jahren Verspätung – eine weitreichende Entscheidung: Das marode Nordbad wird nicht saniert. Stattdessen soll ein Neubau an anderer Stelle realisiert werden, der die Bedürfnisse der Nordstadt für die nächsten Jahrzehnte decken soll. Bis dieser Neubau fertig ist, sollte das Nordbad die kommenden Jahre wie gewohnt weiterbetrieben werden, wenn dies denn weiter möglich ist.

Kritisches Schreiben bringt Pläne ins Wanken

Die Sicherheit des Nordbads wird seit Jahren im Auftrag der Stadt Dortmund vom Büro „Engels Ingenieure“ überprüft. Nun hat diese Firma in einem Schreiben klargemacht: Der Weiterbetrieb des Nordbads ist nur noch bis Mitte 2025 zu verantworten. 

Schule am Hafen Segelkurs im Nordbad
Selbst einen Segelkurs der Schule am Hafen gab es bisher im Nordbad. (Archivbild). Foto: Alexander Völkel für Nordstadtblogger.de

Danach sei das Risiko zu groß, Nutzerinnen und Nutzer in das baufällige Gebäude zu lassen. Diese Nachricht könnte weitreichende Konsequenzen haben: Ohne das Nordbad droht ein jahrelanges Schwimmbad-Vakuum in der Nordstadt.

Besonders betroffen wären die Schulen der Umgebung. Der Schwimmunterricht ist ein zentraler Bestandteil des Lehrplans, doch ohne Schwimmbad müssten Klassen auf andere Stadtteile ausweichen – ein logistisch kaum zu bewältigendes Unterfangen, zumal es keine freien Kapazitäten in anderen Stadtteilen gibt. Auch Vereine und Freizeitschwimmer stünden vor verschlossenen Türen.

Debatte im Stadtrat: Kritisches Schreiben blieb unerwähnt

In der entscheidenden Ratssitzung am 12. Dezember 2024, in der der Bau eines neuen Schwimmbads beschlossen und eine Sanierung des Nordbads verworfen wurde, erwähnte  Sportdezernentin Birgit Zoerner, dass seit dem Morgen ein kritisches Schreiben von „Engels Ingenieure“ zur Nutzbarkeit des Nordbads vorliege.

Der Sprungturm des Nordbades ist seit fast zwei Jahren gesperrt, weil das Geländer nicht mehr den Vorschriften entspricht.
Der Sprungturm des Nordbades ist seit fast war über Jahre gesperrt, weil das Geländer nicht mehr den Vorschriften entsprach. Nordstadtblogger-Redaktion | Nordstadtblogger

Dieses Schreiben – das der Redaktion jetzt vorliegt – enthält jedoch brisante Informationen: Das Unternehmen erklärte darin, dass die letzte Begutachtung des Nordbads im März 2025 erfolgen werde – demnach ist eine Nutzung des Bades höchstens bis Juni 2025 möglich.

In dem Schreiben heißt es: „Angesichts dieses zu erwartenden Zeithorizonts [Anm.: bis zur Fertigstellung eines Ersatzneubaus] sehen wir uns außerstande, weiterhin die oben genannten, temporären Freigaben im Hinblick auf die Betonkonstruktion im Keller auszusprechen. Somit werden wir nach der anstehenden Begehung im November 2024 den Keller des Nordbads nur noch ein letztes Mal (März 2025) begehen, um die Betonschäden zu dokumentieren. Im besten Fall werden wir für die Trägerkonstruktion dann eine Freigabe für den Zeitraum bis Juli 2025 aussprechen können.“

Streit um Informationspolitik der Sportverwaltung

Das kritische Schreiben, das der Stadt Dortmund nun endgültig nach Jahren des Hinauszögern die Pistole auf die Brust legt und eine Schließung des Bades in naher Zukunft verkündet, ist jedoch bereits auf den 28. November 2024 datiert und war der Sportverwaltung und auch der Dezernentin zum Zeitpunkt der politischen Debatte im Stadtrat längst bekannt.

Katrin Lögering (Grüne) kritisiert die Sportverwaltung scharf. Julius Obhues | Nordstadtblogger

Das sorgt nun für große Kritik und Unmut in der Politik, da der Inhalt des Schreibens entscheidend für die politische Debatte gewesen wäre. Hätte der Stadtrat gewusst, dass das Nordbad bereits Mitte 2025 geschlossen werden muss, hätten alternative Pläne diskutiert werden können. Denn mit einem Neubau kann voraussichtlich erst in rund vier Jahren nach durchgeführter Planungsphase begonnen werden. Eine Sanierung des Bestandsbades, die am 12. Dezember im Rat verworfen wurde, wäre dann schon längst abgeschlossen.

„Diese Enthüllung stellt die Argumentation von CDU und SPD, die sich für einen Neubau an anderer Stelle aussprachen, um während der Bauzeit das Schulschwimmen abzusichern, grundlegend in Frage. Denn das Schulschwimmen endet nun wahrscheinlich bereits im Sommer“, ärgert sich Katrin Lögering, Fraktionssprecherin der Grünen. 

Rat wird im Januar erneut über die Zukunft des Nordbades diskutieren müssen

Lögering stellt fest: „Die vorzeitige Schließung des Nordbads schafft eine neue Ausgangslage für die städtische Bäderlandschaft und erfordert eine umgehende Neubewertung der Situation.“ Ohne eine Lösung droht der Nordstadt nun eine jahrelange Schwimmbadpause – mit erheblichen Folgen für Schulen, Vereine und die Anwohner:innen.

Die Zukunft des Nordbads bleibt also weiterhin ungewiss. Fest steht nur: Ein Weiterbetrieb nach Mitte 2025 wird kaum möglich sein. Die Grünen beantragen nun eine Debatte über die neue Situation für die nächste Sitzung des Ausschusses für Kultur, Sport und Freizeit am 21. Januar 2025, um die sofortige Sanierung des Nordbads zu fordern und tragfähige Lösungen für das Schulschwimmen und das Vereinsschwimmen zu erarbeiten. 

Vor der Ratssitzung hat sich auch die Bezirksvertretung Innenstadt-Nord mit großer Mehrheit für den Erhalt des Nordbads ausgesprochen und die Sanierung ausgesprochen – doch die Wünsche der Politik vor Ort wurden von den Fachausschüssen und vom Rat nicht erhört. Das dürfte Wasser auf die Mühlen der anstehenden Diskussionen sein. Denn fest steht: Die Bürger:innen der Nordstadt, vor allem die Kinder, dürfen nicht auf der Strecke bleiben.


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Reaktionen

  1. Lohoff

    Ich kaufe das nicht und sehe klare finanzielle Interessen im Spiel.

    Als regelmässige Schwimmerin im Nordbad zeigen sich mir natürlich einige Dinge, die dem Alter geschuldet sind.

    So können die Einstiege in das Schwimmerbecken aus hartem Fliesenmaterial für Ältere sehr schmerzhaft in den Füssen sein. Einige Fliesen, dort wo man sich unter Wasser auf einer Stufe hinstellen kann, haben scharfe Kanten. Ich habe mich beim Abrutschen dort schon verletzt.

    Auch die „Dusche für alle“ im Bad ist seit vielen Jahren ausser Betrieb. Bis defekte Schränke, Toiletten oder Duschen repariert werden, kann es schonmal länger dauern.

    Ich habe allerdings eher den Eindruck, dass es an regelmässiger Wartung fehlt. Eine Baufälligkeit oder dass das Bad marode sein soll kann ich nicht erkennen. Wie es mit der Technik im Keller aussieht, können Aussenstehende natürlich nicht beurteilen.

    Ich vermute bei der ganzen Diskussion andere Gründe, im wesentlichen finanzielle, nämlich dass die Stadt kostenintensive Bäder loswerden möchte. Geld für den grünen Plastikrasenweg vom HbF zum Stadion bei der Fussball-EM wurde verplempert, um nur mal ein kleines Beispiel zu nennen. Von den Millionenverlusten des Fussballmuseums, für die wir Dortmunder, indirekt übrigens auch nicht Dortmunder, aufkommen müssen, schweige ich lieber.

    Den Anfang machte das Westbad, was durch einen Neubau in Wischlingen ersetzt wurde. Ermässigte Eintrittspreise für arme Menschen von 2€ gibt es dort nicht mehr. Städtisches Personal vom Westbad wurde auf das Nord- und Südbad verteilt. Die Bedingungen für die ärmeren Dortmunder haben sich durch den Wegfall des Westbads bereits deutlich verschlechtert.

    Mit einem Neubau des Nordbads erwarte ich eine weitere Verschlechterung. Wenn nur noch das Südbad mit einem 2€ Eintritt übrig bleibt, wird es dort noch voller, als es sowieso schon mit Vereinen, Kursen und Besuchern gleichzeitig ist.

    Ein Neubau des Nordbad soll am Fredenbaum realisiert werden, hörte ich. Die Erreichbarkeit per ÖPNV könnte dadurch für Menschen mit Behinderung deutlich schlechter werden. Ich befürchte auch eine weitere Kommerzialisierung rund um und im Fredenbaum, mit seinen letzten Resten an Wald und Parklandschaft.

    Der sog. „Lichterweihnachtsmarkt“ mit seinen umfangreichen Zerstörungen ist endlich weg und jetzt soll dort gebaut werden? Unglaublich. Wo bleibt der Protest von NABU, Grünen usw.? Ich höre nichts.

    Wann werden denn die Ergebnisse des „externen Ingenieurbüro“ bzw. „Engels Ingenieure“ mal der Öffentlichkeit zum Nachvollziehen zugängig gemacht? Wurde eine dritte, unabhängige Expertise eingeholt? Wann können die Dortmunder Bürger endlich städtische Planungen im Internet abrufen?

    Die Bürger, die letztlich alles Bezahlen müssen, werden wie schon so oft einseitig und häppchenweise von Politik und Verwaltung informiert. Das ist undemokratisch.

    MfG
    Wilma Lohoff

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