CDU und OB wollten die Ratsgremien umgehen - nun wird dort diskutiert

Keine schnelle Entscheidung im Stadtrat für einen neuen Standort für den Drogenkonsumraum

Grünes Licht für den Dortmunder Doppelhaushalt gab der Stadtrat. Foto: Alex Völkel für Nordstadtblogger.de

Es ist eines der kontroversesten Themen der letzten Monate: Die Suche nach alternativen Standorten für den Drogenkonsumraum in der City. Vor allem die CDU-Fraktion hat es zum Thema auserkoren und feuert aus allen Rohren gegen den Vorschlag der Stadtverwaltung. Eigentlich hätte im Rat eine Diskussion und eine Entscheidung fallen können. Doch insbesondere SPD und Grüne ließen den Druck aus dem Kessel und entschieden sich gegen eine Befassung. Sie fordern – wie normalerweise üblich – erst eine Befassung in den Ratsgremien und den Bezirksvertrtungen, bevor der Rat darüber entscheidet. 

Fast alle Fraktionen sehen den CDU-Vorschlag mit der Treibstraße als Scheinlösung

Im Ältestenrat fand sich für das Vorgehen eine Mehrheit – sehr zum Missfallen der CDU. Während in Sachen Haushalt traute Zweisamkeit in der Grün-Schwarzen Projektpartnerschaft herrschte, sind sich bei Drogenkonsumraum Grüne und CDU unterschiedlicher Meinung. ___STEADY_PAYWALL___

Der Drogenkonsumraum ist derzeit am Grafenhof. Die Stadt will aber einen neuen Standort suchen.
Der Drogenkonsumraum ist derzeit am Grafenhof. Die Stadt sucht aber einen neuen Standort.

Während die CDU sowohl den bisherigen Standort geschlossen haben will und den neuen Vorschlag Küpferstraße ablehnt und stattdessen einen von fast allen Fraktionen und der Verwaltung als völlig ungeeignet erachteten eigenen Vorschlag macht, waren die Grünen schon gegen die die Schließung des bisherigen Standortes.

Daher verwundert es nicht, dass die sich die Grünen-Fraktion dafür aussprach, die Vorlage „Sonderstab Ordnung und Stadtleben“ nicht zu beraten. Bestandteil der Vorlage sind die Vorschläge der Verwaltung, die Verlagerung des Drogenkonsumraums vom Grafenhof zum Standort Küpferstraße sowie die Standorte Rheinische Straße und Bornstraße als dezentrale Konsumorte zu qualifizieren. 

Grüne fordern die Befassung aller Ratsgremien vor einer Entscheidung

„Die Entscheidung über die Zukunft des Drogenkonsumraums ist eine der sozialpolitisch sensibelsten und wichtigsten in der Stadt. Sie wird über viele Jahre, vielleicht sogar Jahrzehnte die Grundlage für einen der wichtigsten Pfeiler der Drogen- und Suchthilfe in Dortmund sein. Genau deshalb braucht es ausreichend Zeit, um alle Informationen, Möglichkeiten, Anregungen und Bedenken sorgsam abzuwägen, um zu einer Entscheidung zu kommen, die sowohl der Situation der betroffenen Menschen als auch den Ansprüchen der Stadtgesellschaft gerecht wird“, begründeten die Grünen-Fraktionssprecher:innen Katrin Lögering und Dr. Christoph Neumann schon vorab die Entscheidung.

Katrin Lögering (Grüne) Julius Obhues | Nordstadtblogger

„Mit der bisherigen, von der Verwaltung eingebrachten Vorlage soll zunächst der Rat eine Entscheidung treffen, die anschließend von den inhaltlich betroffenen Gremien nur noch zur Kenntnis genommen wird. Das ist insbesondere bei dieser Entscheidung nicht unser grünes Verständnis von einer demokratischen Entscheidungskultur. Wir wollen, dass zunächst alle zuständigen Ausschüsse sowie die betroffenen Bezirksvertretungen aus ihrer Sicht über die Vorlage beraten und eine Empfehlung aussprechen können“, betont das Grünen-Führungsduo.

Erst anschließend sollte dann der Rat diese Empfehlungen in seine weiteren Beratungen einfließen lassen, um sie fundiert führen zu können. „Deshalb muss die Vorlage zunächst in die Sitzungen der Ausschüsse im kommenden Jahr gehen”, heißt es weiter.

Dr. Christoph Neumann (Grüne) Foto: Alex Völkel für Nordstadtblogger.de

„Fraktionen, die dies anders sehen, müssen sich nicht nur die Frage stellen lassen, welche (Nicht-) Bedeutung Ausschüsse und deren Empfehlungen politisch für sie haben. Sie müssen auch beantworten, warum sie vor diesem Hintergrund trotzdem für eine Beratung zum Drogenkonsumraum im heutigen Rat sind“, so die Grünen.

„Vielleicht liegt die Antwort auch nur ganz einfach daran, schon jetzt vor der Kommunalwahl im kommenden Jahr Stimmung für sich selbst zu machen, ohne eigene umsetzbare Lösungen zu haben. Dafür spricht auch die Tatsache, dass es bis jetzt keine Ergänzungsanträge zur Vorlage gibt“, schießen die Grünen gegen ihren Projektpartner.

CDU reitet auf einer Protestwelle gegen den Verwaltungsvorschlag

Deren Replik ließ nicht lange auf sich warten – auch hier gab es eine vorab vorbereitete Stellungnahme. Darin kritisiert die  CDU-Fraktion SPD und Grüne für Vertagung der Beratung zum Umzug des Drogenkonsumraums in das nächste Jahr: „Mit diesem Schachzug verweigern sich SPD und Grüne der Debatte zur Standortverlagerung.”

Der mögliche künftige Drogenkonsumraum in der Küpferstraße liegt relativ abseits, aber dennoch im Einzugsbereich mehrerer Schulen. Luftbild: Stadt Dortmund

„Die CDU-Fraktion hat die vom SPD-Oberbürgermeister und der Verwaltung vorgeschlagene Verlegung des Drogenkonsumraums an die Küpferstraße als einzige Fraktion von Anfang in aller Deutlichkeit abgelehnt. Erst durch den massiven Protest von Lehrern, Schülern, Eltern, Anwohnern, Gewerbetreibenden und der Ev. Kirche hat bei den Fraktionen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen jetzt offenbar ein mutloser Rückzug auf Raten eingesetzt“, so die Kritik.

„In einem ersten Schritt haben die Fraktionen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen mit ihren Stimmen die Beratung der Ratsvorlage zur Verlegung des Drogenkonsumraumes kurzerhand vertagt“, heißt es von der CDU. 

„Die CDU-Fraktion bedauert, dass SPD und Grüne damit einer ersten Debatte in der Sache ausgewichen sind und ihre Fehleinschätzung zum Standortvorschlag Küpferstraße nicht eingeräumt haben. Die CDU-Fraktion hätte sich gewünscht, dass SPD und Grüne die vielen Stimmen des öffentlichen Protests ernst nehmen und sich in der Frage der Standortverlagerung des Drogenkonsumraums an die Küpferstraße endlich eindeutig von der Verwaltungsvorlage distanzieren”, heißt es weiter.

CDU wirft SPD und Grünen die Flucht vor der Debatte vor

„Angesichts der prekären Lage der für den Drogenkonsumraum vorgeschlagenen stadteigenen Immobilie in der Küpferstraße im Bereich von drei Schulen, verschiedenen Kindergärten, dem ÖPNV-Knotenpunkt Stadthaus sowie in Nachbarschaft von Wohnbebauung, Gewerbe und Handel, bleibt es uns unverständlich, warum SPD und Grüne der CDU nicht folgen und sich nicht gegen eine Verlagerung des Drogenkonsumraums an diesen Standort aussprechen“, kritisiert der CDU-Fraktionsvorsitzende Dr. Jendrik Suck die Ratsfraktionen von SPD und Grünen.

OB Thomas Westphal musste sich die scharfe Kritik von Dr. Jendrik Suck (CDU) anhören. Foto: Alex Völkel für Nordstadtblogger.de

„So bleibt die unglückliche Vorlage von Oberbürgermeister und Verwaltung zu einem absolut ungeeigneten Standort weiter in der Welt und wird nun im nächsten Sitzungslauf zum Beratungsgegenstand der Ausschüsse. Statt sich im Rat der Debatte zur Standortverlagerung des Drogenkonsumraums an die Küpferstraße zu stellen und sich mit unseren Argumenten gegen diesen Standortvorschlag auseinanderzusetzen, flüchten sich SPD und Grüne in die Vertagung des entsprechenden Tagesordnungspunktes“, so Suck weiter. 

„Damit haben sich SPD und Grüne gezielt einer Ratsdebatte zu einer der aktuell – wie die SPD selbst erklärt – wichtigsten politischen Entscheidungen für unsere Stadt verweigert. Statt politische Haltung und Rückgrat zu zeigen und sich in der öffentlichen Ratsdebatte zur Verlegung des Drogenkonsumraums an die Küpferstraße eindeutig zu positionieren, vollführen beide Fraktionen eine Ausweichbewegung, um bloß keine politische Verirrung einräumen zu müssen“, schießt Suck gegen die beiden größten Fraktionen im Stadtrat. Dafür bekam er Applaus von der AfD, die dem CDU-Fraktionschef „voll umfänglich“ zustimmten und sich hinter ihn stellten, wie AfD-Ratsvertreter Tino Perlick deutlich machte. 

SPD und Linke+ fordern zuerst eine Diskussion in den zuständigen Gremien

Und wenig überraschend kritisiert der CDU-Fraktionschef auch die Vorgehensweise des OB: „Dem Oberbürgermeister waren unsere Vorbehalte gegen einen Umzug des Drogenkonsumraums an die Küpferstraße bekannt. Unsere Bedenken finden Bestätigung in der Protestwelle, die sich gegen die Küpferstraße formiert hat. Trotz des für jedermann offenkundig hochsensiblen Umfeldes schlägt der Oberbürgermeister diesen Standort vor.“

Carla Neumann-Lieven (SPD) Foto: Alex Völkel für Nordstadtblogger.de

„Scheinbar hat die dortige Verfügbarkeit einer geeigneten städtischen Immobilie den Ausschlag gegeben, im Vertrauen darauf, dass sich das Umfeld schon irgendwie managen und schützen lassen wird. Sehenden Auges läuft man so in die gleiche Problematik wie am Grafenhof“, so Suck. 

Eine Kritik, die die Fraktionen von SPD und „Die Linke+“ zurückweisen. Die SPD-Fraktionsvorsitzende Carla Neumann-Lieven machte deutlich, dass die SPD eine sofortige Entscheidung ablehne, „weil wir die Diskussionen im normalen Gremienlauf führen wollen, bevor wir einen Beschluss vielleicht im Februar fassen”.

Utz Kowalewski (DIE LINKE+) Foto: Klaus Hartmann

Dem schloss sich auch Utz Kowalewski (Die Linke+) an: „Die Meinungsbildung ist noch nicht abgeschlossen”, betonte der Fraktionsvorsitzende von „Die Linke+“.

„Man diskutiert nicht im Rat, bevor man die Facetten nicht beleuchtet hat. Man diskutiert erst in den Gremien, bevor man in den Rat geht”, forderte er die CDU und indirekt auch den OB auf, das Procedere wieder vom Kopf auf die Füße zu stellen. Dem folgte auch die Ratsmehrheit.


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Reaktionen

  1. Andi W

    Die CDU meint wieder Besserwisser vorm Herren zu spielen und glänzt selbst nur mit einem Witzvorschlag, der an Lächerlichkeit nicht zu übertreffen ist. Man kann sich die Diskussionen ja auch sparen und lässt alles so wie es ist.

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