Interaktionen im Fokus: Konflikte im Dienstleistungssektor nehmen zu

„Dienstleistung“: Die DASA Dortmund widmet der Arbeit mit Menschen einen Ausstellungsbereich

Kuratorinnen der DASA: Magdalena Höbel, Sarah-Louise Rehahn, Magdalena Roß
Kuratorinnen der DASA: Magdalena Höbel, Sarah-Louise Rehahn, Magdalena Roß Erik Latos | Nordstadtblogger

Ob Haare schneiden, eine Kasse bedienen oder Patienten pflegen – all das und viele weitere berufliche Tätigkeiten fordern von den Beschäftigten im Dienstleistungssektor soziale Interaktionsarbeit. Diese Art der Arbeit erfordert tagtäglich eine Menge an Kraft, Empathie, Hingabe und auch soziale Kompetenzen. Diesen Aufgabenaspekt wird jedoch in der Arbeitswelt zu wenig Beachtung geschenkt. Dieser Forschung von unter anderem Jonas Wehrmann möchten die drei Kuratorinnen Magdalena Höbel, Sarah-Louise Rehahn und Magdalena Roß nun einen Ausstellungsraum in der DASA für die nächsten 15 Jahre bieten.

„Mensch-Mensch-Schnittstelle“ – ein bisher totes Wissenschaftsfeld

Die Ausstellung „Dienstleistung – Eine Ausstellung über die Arbeit mit Menschen“ basiert auf den Ergebnissen der Forschungsabteilung der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin. Laut Leiter der Ausstellung Arbeitswelt, habe es noch nie so eine Ausstellung gegeben, die nicht den Menschen zeigt, sondern reduziert ist auf die „gemeinsamen Probleme“ in der Dienstleistungsbranche.

Jonas Wehrmann - Wissenschaftlicher Mitarbeiter / Forschung zu psychischen Belastungen in der Interaktionsarbeit
Jonas Wehrmann – Wissenschaftlicher Mitarbeiter / Forschung zu psychischen Belastungen in der Interaktionsarbeit Erik Latos | Nordstadtblogger

Das Motiv der Forschung und der Ausstellung sei, laut Wissenschaftlichen Mitarbeiter Jonas Wehrmann zu zeigen, dass in der produktbezogenen Industrie Gefahrenquellen mittlerweile erkannt und ausgeschaltet werden, allerdings lässt sich bei der Arbeit mit dem Menschen das menschliche Gegenüber nicht ausschalten. Es brauche daher neue Gestaltungs- und Lösungsansätze in der Dienstleistungsbranche, denn die Prämissen in der Produktion seien nicht dorthin nicht übertragbar.

„Interaktion ist Arbeit“, hält Jonas Wehrmann fest, „Es ist Kooperationsarbeit. Kunde und Dienstleister:in müssen zusammenarbeiten“, damit zum Beispiel beim Friseur die gewollte Frisur herauskäme. Gute Interaktionsarbeit benötige die richtigen und genau definierten Rahmenbedingungen, zeitliche und personelle Ressourcen, genügend Zeit, gute Qualifizierung und Führung der Vorgesetzten und eine gute physische Arbeitsraumgestaltung.

Arbeit in der Kommunikation anhand von drei Beispielen

Der Ausstellungsraum zur Interaktionsarbeit ist direkt an der Ausstellung zum Gesundheitswesen angeschlossen. Die Installationen sollen zusammen an eine Shopping Mall erinnern, die in drei Teilbereiche aufgeteilt ist. Für die wissenschaftliche Arbeit und Ausstellung wurden über 100 Menschen interviewt, die zum Teil auch in der Ausstellung zu hören sind.

Magdalena Roß - Kuratorin in der DASA
Magdalena Roß – Kuratorin in der DASA Erik Latos | Nordstadtblogger

Da circa 34,5 Millionen Menschen in sehr vielseitigen Dienstleistungsberufen arbeiten und nicht alle vollständig gezeigt werden können, werden als Beispiele eine Person bei der Sozialen Arbeit, im Service und bei der Polizei gezeigt, erklärt die Kuratorin Magdalena Roß.

Der gesamte Ausstellungsraum lädt zum interagieren ein, so im  Bereich der Spracharbeit, die Box der Missverständnisse, die Konflikttreppe und die Telefonzelle. Es gälte in der Interaktion zu fragen: „Was kann es sonst noch heißen?“, beschreibt Kuratorin Roß.

Die Ausstellungsstücke sollen zeigen, welche Arbeit aber auch welche Macht die Sprache mit sich bringt, da durch diese Konflikte entstehen, eskaliert oder gelöst werden können.

Reflektieren und sensibilisieren gegen den rauer werdenen Ton

In dem Bereich der Respektarbeit befinden sich Vorurteilsschubladen, um zu zeigen welche Vorurteile die Menschen im Alltag haben. Auch welche Spielzeuge welche Vorurteile haben wird diskutiert. Als interaktives Ausstellungsstück in diesem Bereich steht das Privilegienfigurenspiel. Dort sollen sich die Besucher:innen selbst fragen, welche Vorteile bzw. Privilegien sie haben.

Sarah-Louise Rehahn - Kuratorin in der DASA
Sarah-Louise Rehahn – Kuratorin in der DASA Erik Latos | Nordstadtblogger

Der gesamte Bereich soll „ein Appell an alle sein“, begründet Sarah-Louise Rehahn den Bereich. Es ginge um ein respektvolles miteinander, denn der Ton wird immer rauer. Daher sei es wichtig sich zu reflektieren und zu sensibilisieren und der eigenen Vorurteile bewusst zu werden.

Dass wir alle vielseitig sind soll auch der Muffinstand der Vielfalt unterstreichen. „Wir bestehen nicht nur aus einer Zutat“, erklären die Kuratorinnen. Am 22. September kann jede:r Besucher:in auch in der DASA seinen bzw. ihren eigenen Muffin basteln.

Herausforderung:  Gefühle zeigen sich bei jedem Menschen unterschiedlich

Der dritte Bereich stellt die Gefühlsarbeit in den Mittelpunkt. Dazu wird eine Gefühlsbadprojektion eingesetzt, in der die Besucher:innen eintauchen können und herausfinden, welche Gefühle sie mit den Darstellungen assozieren. Desweiteren werden Zitate von interviewten Personen gezeigt, die Probleme erlitten haben beim Versuch ihre Gefühle nicht zu zeigen.

Magdalena Höbel - Kuratorin in der DASA
Magdalena Höbel – Kuratorin in der DASA Erik Latos | Nordstadtblogger

Das Highlight der Kuratorin Magdalena Höbel ist das Schaufenster, das zeigt, welche Einflüsse und Rahmenbedingungen nötig sind, um einen gesunden Arbeitsplatz zu haben.

Neben einem Rückzugsort, Annerkennung und Reflexionsmaßen „wäre Unterricht zur Emotionsregulation in der Schule eine gute Grundlage“, so Magdalena Höbel. Um noch zu verdeutlichen wie schwierig das Lesen der Emotionen des Gegenübers ist, wurde ein Gefühlsscan zum Raten und Spielen eingerichtet.

Generell gibt es bisher zu wenig Annerkennung für Interaktionsarbeit – unter anderem in der Pflege – und eine Diskussion zwischen Arbeitgeber:innen und Arbeitnehmer:innen, was diese überhaupt umfasst. Die verbale und psychische sowie physische Gewalt nehme zu, so Wehrmann. Es gelte nun gesellschaftlich und wissenschaftlich den Fokus darauf zu legen.


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Reaktionen

  1. Zum 25. Geburtstag der „Route Industriekultur“ gibt es Programm in der DASA (PM)

    Seit 25 Jahren verbindet die „Route Industriekultur“ mittlerweile 27 Orte im Ruhrgebiet. Das ist auch für die DASA Arbeitswelt Ausstellung ein Grund zum Feiern. Vom 20. bis 22. September bietet sie im Rahmen der sogenannten „Local Heroes“-Wochen ein Jubiläumsprogramm.

    Eine Exklusiv-Führung durch die neue Ausstellung „Dienstleistung“ ist am Freitag, 20. September, von 15 Uhr im Angebot. Kuratorin Magdalena Höbel erläutert, was an der Arbeit mit Menschen so besonders ist. Dazu gibt es viele interaktive Stationen zum Ausprobieren. Die einstündige Veranstaltung ist kostenfrei. Eine Anmeldung beim DASA-Besucherservice unter der Rufnummer 0231 9071 2645 oder per Mail (besucherdienst-dasa@baua.bund.de) ist erforderlich.

    Am Samstag, 21. September, lädt die DASA im Rahmen der Dortmunder Museumsnacht zu einer Reise um die Welt ein und gratuliert der Route Industriekultur mit Gästen aus allen Ecken der Erde. Die Partner DORTMUND MUSIK und das Dietrich-Keuning-Haus gestalten ein buntes Programm: Von den „Physikanten“ bis zum Queer Slam, mit Tanzgruppen aus drei Kontinenten und einer Musikstraße zum Mitmachen. Tickets gibt es unter anderem in der DASA.

    Auch der Sonntag, 22. September, steht noch im Zeichen des 25. Geburtstags. Von 11-17 Uhr entstehen gebastelte Geburtstagsmuffins im Rahmen der sonntäglichen „Kreativ-Werkstatt“. Kinder ab 6 Jahren sind in einem offenen Programm eingeladen, kreativ zu werden. Der Eintritt für Familien beträgt 9 EUR.

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