Der Wohnungsmarkt in Dortmund ist stark angespannt und die Lage spitzt sich weiter zu – vor allem im preisgünstigen Segment. Das ist eines der Ergebnisse des neuen Wohnungsmarktberichtes 2024, den die Stadt Dortmund auf Basis der Zahlen des Jahres 2023 erstellt hat. Während die „Preisralley“ im Bereich des Wohneigentums gestoppt scheint – erstmals waren Kaufpreise sogar wieder gesunken – ist im Bereich der vermieteten Wohnungen kein Ende der Preissteigerungen in Sicht. Ein Grund: Der Wohnungsbau ist deutlich eingebrochen.
Die Zahlen der Baugenehmigungen und Baufertigstellungen brachen drastisch ein
Der Wohnungsmarktbericht 2024 des Amtes für Wohnen spiegelt die Situation auf dem Dortmunder Wohnungsmarkt im Jahr 2023 wider. Nach Jahren des kontinuierlichen Angebotspreisanstiegs für Wohnimmobilien führten veränderte Bedingungen auf dem Kapitalmarkt und Unsicherheiten in Folge von Krieg und Energiekrise zu einer zurückhaltenden Nachfrage.
Dies dämpft das Verkaufsgeschehen insgesamt und führt zu sinkenden Angebotspreisen für den Kauf von Wohnimmobilien. Dies zeichnete sich schon im vergangenen Jahr ab und wurde im bereits im Frühjahr vorgestellten Grundstücksmarktbericht mehr als deutlich. ___STEADY_PAYWALL___
Insbesondere seit Beginn des Ukraine-Kriegs mit den gestiegenen Energie- und Baukosten sowie den steigenden Zinsen waren viele Bauvorhaben vorerst gestoppt worden.
Bei den Bau-Fertigstellungen konnten im Vorjahr noch die höchsten Zahlen seit über 20 Jahren erreicht werden.
2023 sank die Zahl im Vergleich zum Rekord-Vorjahr 2022 um 35 Prozent auf 1.379 Wohneinheiten, die der Baugenehmigungen ging um 45 Prozent auf 1.446 Wohneinheiten zurück, berichtet Planungsdezernent Stefan Szuggat, dem auch das Amt für Wohnen untersteht. „Das ist der Schock aus Preis- und Zinsentwicklung.” Doch unverhältnismäßig wenig sei das nicht: Sie seien mit den „früheren konjunkturellen Zeiten Anfang der 2010er Jahre vergleichbar“.
Im ersten Halbjahr 2024 gibt es Anzeichen für eine Trendwende
Doch zufrieden sein kann Dortmund damit nicht: Die Stadt verfehlt ihr selbst gestecktes Ziel von 2000 neuen Wohnungen pro Jahr erstmals deutlich, nachdem in den Vorjahren die Zahlen bei 1700 bis 1900 lagen. Nur in einem Jahr wurde das Ziel mit rund 2100 Wohneinheiten übertroffen, brachte Oberbürgermeister Thomas Westphal die Zahlen in Erinnerung. Und die 2000 zusätzlichen Wohnungen würden dringend benötigt – gerade in einer wachsenden Stadt wie Dortmund.
„Wir brauchen den Wohnraum, damit Wohnungsmarkt überhaupt in Bewegung ist. Alle Neubauten führen dazu, dass Umzüge möglich und Bestände frei werden. Daher ist ganz wichtig, dass die Neubautätigkeit so weiter geht.“
Allerdings mache das erste Halbjahr 2024 Mut: „Wir haben es wieder schon mit Hinweisen auf eine Trendwende zu tun” sagte Westphal mit Blick auf die Bautätigkeit und die Indexpreisbildung.
Sein Dezernent untermauerte dies mit Zahlen: Für das erste Halbjahr 2024 stieg die Zahl der Baugenehmigungen im Jahresvergleich entgegen dem Landestrend um knapp 34 Prozent. Im Land NRW insgesamt ist die Zahl mit -7 Prozent noch weiter rückläufig. Die Dortmunder Entwicklung sei natürlich auch dem geschuldet, welche größeren Projekte fertig würden. „Ich würde das aber als positives Signal sehen”, zeigt sich Szuggat optimistisch.
Volumen der Anträge für öffentlich gefördertes Bauen summieren sich auf 102 Millionen Euro
Da das Bauen in den vergangenen Jahren deutlich teurer wurde, wäre eine freie Vermietung außer im hochpreisigen Segment fast unmöglich. Das Interesse an Wohnraumfördermitteln ist daher seit langem nicht mehr so groß wie derzeit.
Das Amt für Wohnen hat im Jahr 2023 Fördermittel von insgesamt 52,1 Millionen Euro für 357 Wohnungen in Neubau- und Modernisierungsprojekten bewilligt. Das ursprünglich vereinbarte Globalbudget von 35 Millionen Euro konnte damit erneut deutlich übertroffen werden.
Da die Kosten für Bauen und Sanierung gestiegen sind, reicht das reguläre Globalbudget im Vergleich zu früheren Jahren nur für eine niedrigere Zahl von Bauvorhaben. Zudem sind die Mittel wegen der hohen Nachfrage 2024 viel früher im Jahr ausgeschöpft: „Der Bedarf an geförderten Wohnungen steigt, aber Topf des Landes ist deutlich überzeichnet“, skizziert Szuggat die schwierige Lage.
Vor dem Hintergrund, dass sich der öffentlich geförderte Mietwohnungsbestand aufgrund von Bindungsausläufen bis zum Jahr 2033 von aktuell rund 21.000 auf ca. 12.000 Wohnungen drastisch reduzieren wird, sei nicht nur aus Sicht der Stadt Dortmund die Stärkung und Sicherung des bezahlbaren Wohnraums dringend notwendig und eine Aufstockung der Fördermittel dringend geboten.
Zum Vergleich: Vor 20 Jahren gab es in Dortmund noch ca. 45.400 öffentlich geförderte Wohnungen mit einem Marktanteil von rund 15 Prozent. Heute macht ihr Anteil gerade noch 6,7 Prozent aus – in zehn Jahren sinkt er auf rund 3,5 Prozent.
Daher ist verstärktes öffentlich gefördertes Bauen unabdingbar, doch die Mittel reichen nicht: „Das Globalbudget ist ausgeschöpft. Wenn wir alle eingehenden Anträge auflisten, dann kommen wir ein Volumen von 102 Millionen Euro“, berichtet Szuggat auf Nachfrage von Nordstadtblogger, wenngleich die Anträge noch nicht alle reif für eine Erteilung einer Baugenehmigung seien.
In den kommenden vier Wochen seien aber Förderanträge mit einem Volumen von mehr als 30 Millionen Euro mit Bescheiden zu hinterlegen. Tempo bei der Bearbeitung mache Sinn, denn dass könnte die Stadt – so zumindest die Signale des Landes – zusätzliche Mittel abrufen.
Angebotsmiete für Neubauwohnungen lag 2023 bei 12,13 Euro/m² netto kalt
Das wäre dringend nötig: Denn die positive Bevölkerungsentwicklung und die damit einhergehende Zunahme der Haushalte führen zu einer steigenden Nachfrage auf dem Wohnungsmarkt.
Im Zuge des Bevölkerungswachstums hat sich auch die Zahl der Haushalte weiter erhöht. Zum Stichtag 31.Dezember 2023 gab es in Dortmund 320.585 Privathaushalte und damit 1.044 mehr als im Jahr 2022. Die durchschnittliche Haushaltsgröße beträgt weiterhin 1,9 Personen.
Insbesondere die Nachfrage nach bezahlbarem Wohnraum ist nach wie vor hoch. So stieg die Zahl der sozialleistungsbeziehenden Haushalte ebenso wie die Anzahl der wohnungssuchenden Haushalte für eine öffentlich geförderte Wohnung deutlich an. Insbesondere für Single-Haushalte und große Familien wird es schwieriger, eine bezahlbare Wohnung zu finden.
Die durchschnittliche Angebotsmiete für Bestandswohnungen (Median Wiedervermietung) hat sich im Vergleich zum Vorjahr um 4,0 Prozent auf 8,59 Euro/m² netto kalt erhöht. Der Preisanstieg im Neubau setzt sich fort, jedoch mit stark abgeschwächter Dynamik. Der Median der Angebotsmieten für Neubauwohnungen lag 2023 bei 12,13 Euro/m² netto kalt.
Im „Stimmungsbarometer 2023“ innerhalb des Wohnungsmarktberichtes beurteilen die teilnehmenden Expert:innen die Lage auf dem Dortmunder Mietwohnungsmarkt überwiegend als angespannt bis sehr angespannt. Das mangelnde Angebot an kleinen, aber auch an großen und familiengerechten Wohnungen im unteren Preissegment wird vom Großteil der Befragten als vorrangiges Problem des Dortmunder Mietwohnungsmarktes benannt.
Dortmund verfügt noch über ausreichend Wohnbauflächen
An Bauland müsste es aktuell nicht scheitern, versichert Stefan Szuggat: „Der Bestand an baureifen Bauflächen ist enorm groß: Es gibt in Dortmund 82 Hektar baureife Flächen, wo sofort ein Antrag gestellt werden könnte.”
Dazu kämen noch über 100 Hektar, die planrechtlich in Bearbeitung seien und eine Baureifmachung zeitnah zu erwarten sei. Dort könnten künftig rund 9.000 Wohnungen entstehen – ca. 7.000 Wohnungen in Mehrfamilienhäusern und rund 2.000 Wohnungen in Ein- und Zweifamilienhäusern.
Auch auf einem anderen Feld ist die Stadt aktiv: Obwohl die Leerstandsquote vergleichsweise gering ist, will die Stadt wegen des großen Wohnungsbedarfs weiter Druck machen. Die mittels der Stromzählermethode erhobene strukturelle Leerstandsquote betrug zum Stichtag 31. Dezember 2023 rund 1,9 Prozent. Somit standen rund 6.100 Wohnungen länger als sechs Monate leer.
Im Vergleich zum Vorjahr gab es einen leichten Anstieg um rund 480 Wohnungen, was jedoch kein Indiz für eine nachlassende Marktanspannung ist.
Ein Beitrag zur Nutzung der Potenziale soll die Kontrolle der länger als sechs Monate leerstehenden Wohnungen durch das Amt für Wohnen sein: Bis zum Jahresende 2024 sollen erste Quartiere kontrolliert und auf mögliche Leerstände überprüft werden. Zusätzlich hat das Amt für die Bürger:innen eine Meldemöglichkeit unter der E-Mail-Adresse leerstand@stadtdo.de geschaffen.
Wohnungsknappheit verschärft sich: Es gibt immer mehr Single-Haushalte
Die Ein- und Zweipersonenhaushalte stellen mit rund drei Viertel aller Privathaushalte nach wie vor die größte Haushaltsgruppe dar. Im Jahr 2023 lebten 159.710 Einpersonenhaushalte und somit 857 Haushalte mehr als im Vorjahr in Dortmund. Der Zuwachs der Haushalte resultiert somit zum größten Teil aus der Gruppe der Einpersonenhaushalte.
Wenn auch im Verhältnis dazu die Gruppe der Mehrpersonen- bzw. Familienhaushalte mengenmäßig einen kleinen Anteil ausmacht, ist ihr Zuwachs in den letzten fünf Jahren für den Dortmunder Wohungsmarkt aber durchaus relevant.
Insgesamt stieg die Anzahl der Haushalte mit fünf und mehr Personen in diesem Zeitraum um 720 Haushalte an. Hieraus ergibt sich eine gestiegene Nachfrage nach großen Wohnungen. Es wird angestrebt, insbesondere auch großen und familiengerechten Wohnraum neu zu schaffen, um dem Bedarf gerecht zu werden.
Hinzu kommt, dass ein Teil der großen familiengerechten Mietwohnungen – ähnlich wie bei den Einfamilienhäusern – lediglich von ein oder zwei Personen bewohnt werden. Aber selbst wenn sich ein Ein- bzw. Zweipersonenhaushalt wohnflächenmäßig verkleinern möchte, scheitert dieser Wunsch nicht selten an den in den letzten Jahren stark gestiegenen Angebotsmieten.
Dortmund wächst zwar von außen, verliert aber immer mehr Menschen ans Umland
Nach einem starken Zuzug aus der Ukraine im Vorjahr – ausgelöst durch den Angriffskrieg – und dem damit verbundenen hohen Außenwanderungsgewinn ging der Wanderungssaldo im Jahr 2023 deutlich zurück. Mit einem Plus von 4.645 Personen lag er dennoch weiterhin auf einem hohen Niveau und überkompensierte die Verluste aus der natürlichen Bevölkerungsentwicklung, was letztlich verantwortlich für das Bevölkerungswachstum in Dortmund war.
Im Hinblick auf die Dortmunder Umlandwanderung ging der Wanderungsverlust im Jahr 2023 erneut etwas zurück, lag mit -820 aber weiterhin auf hohem Niveau.
Der leichte Rückgang des Wanderungsverlusts gegenüber dem Umland ist insbesondere auf den Rückgang der Fortzüge zurückzuführen. Dies betrifft insbesondere die Gruppen der 18- bis 30-Jährigen sowie der 31- bis 45-Jährigen.
Die ohnehin seit vielen Jahren geringe relative innerstädtische Umzugshäufigkeit sank im Jahr 2023 weiter, nachdem sie in den letzten drei Jahren auf niedrigem Niveau stagnierte.
Sie liegt mit 62 Umgezogenen je 1.000 Einwohner:innen auf dem niedrigsten Niveau seit Anfang der 1990er-Jahre. Die nun weiter gesunkene Umzugshäufigkeit lässt sich auf den angespannten Wohnungsmarkt mit stark steigenden Angebotsmieten sowie das geringe adäquate Wohnraumangebot zurückführen („Lock-in-Effekt“).
Mehr Zahlen und Ergebnisse liefert der ausführliche Wohnungsmarktbericht 2024. Hier gibt es ihn als PDF zum Download: Wohnungsmarktbericht_2024
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Stark angespannter Wohnungsmarkt: Die Mieten steigen, aber die Bereitschaft zum Bauen sinkt
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Wohnbauförderung – DIE LINKE+ schlägt Alarm (PM)
Die Hälfte der Dortmunder Bevölkerung hat aufgrund des niedrigen Einkommensniveaus Anspruch auf einen Wohnberechtigungsschein. Gleichwohl stehen bei 612.000 Einwohnern in Dortmund nur noch 22.000 öffentlich geförderte Wohnungen zur Verfügung.
„Die Bundesregierung hatte versprochen, in dieser Wahlperiode rund 400.000 Wohnungen zu bauen. Davon ist nichts zu sehen. Stattdessen verschlechtern Bund und das Land NRW die Förderbedingungen für den Wohnungsbau“, so Utz Kowalewski, Fraktionssprecher von DIE LINKE+.
Für den Neubau von Wohngebäuden spielen günstige Darlehen aus dem KfW-Förderprogramm eine wesentliche Rolle. Die Förderkonditionen des KfW-Förderprogramms haben sich im Verlauf des Jahres 2023 mehrfach verändert und stellen keine vorteilhafte Unterstützung für den Neubau von KfW 40 NH Gebäuden mehr dar. Der gesetzliche Mindeststandard KfW 55 erhält ebenfalls keine finanzielle Förderung mehr, sodass dem Wohnungsbau eine Finanzierungsunterstützung über Bundesmittel nun fehlt. Gleichwohl ist die Nachfrage nach KFW-Krediten hoch – durch die Zinspolitik der EZB versuchen private Investoren ihre Baukosten nun über die zinsgünstigeren KFW-Förderkredite zu drücken – daher sind die Förderprogramme des Landes NRW auch restlos überzeichnet. Dadurch ergibt sich durch den schleppenden Bearbeitungsstand maximale Planungsunsicherheit für die Erstellung von öffentlichem Wohnraum. So erklärt sich auch die hohe Zahl der Bauanträge und die gleichzeitig unterdurchschnittlich geringe Zahl der Baufertigstellungen. Das Land NRW hat zudem angekündigt, dass die Zinsen für KFW-Kredite im nächsten Jahr steigen sollen – damit droht ein regelrechter Zusammenbruch des Wohnungsbaus in NRW.
„Diese Förderprogramme sind aufgelegt worden, um einen energetischen Mindeststandard zu etablieren, um dem Klimawandel etwas entgegenzusetzen. Doch offenbar haben die Grünen bereits aufgegeben und lassen sich sowohl im Land, als auch im Bund bei diesem Thema am Nasenring durch die Manege führen“, meint Kowalewski.