„Anders wohnen – anders leben“ ist das Motto des Tages des offenen Wohnprojekts, der am 23. August erstmals in Dortmund stattfindet. Sechs dieser Projekte laden sich an diesem Tag Gäste ein (mehr zum Projekt am Ende des Textes). Mit von der Partie sind auch die Beginen – das Nordstadt-Wohnprojekt für Frauen stellen wir vor.
Von Claudia Behlau
In einer kleinen ruhigen Sackgasse – nur einen Steinwurf von den lauten Hauptverkehrsstraßen und dem Trubel der Nordstadt entfernt – beginnt eine andere Welt. Hier wurde 2006 der „Beginenhof Dortmund“ errichtet – eine moderne, freundliche Wohnanlage im Grünen, in der ausschließlich Frauen leben: Junge und Alte, Besserverdienende und Rentnerinnen mit kleinem Einkommen, Mütter oder Singles. Frauen aller Religionszugehörigkeiten oder sexueller Neigungen.
Beginenhof wurde auf einem Grundstück der Evangelischen Kirche errichtet
Norma Köster, die seit 2008 hier in einer kleinen Erdgeschosswohnung mit eigenem Garten lebt, fasst die Stimmung zusammen: „Wenn ich von der Arbeit komme und durch das Gartentor gehe, ist es wie der Eintritt zu einer Oase. Ich kann sofort abschalten. Unser Beginenhof ist wie eine Insel mitten in der Nordstadt.“
Der Standort in der Gut-Heil-Straße in der Nordstadt wurde bewusst gewählt. Nicht nur, weil man den Alleinverdienerinnen und Rentnerinnen hier eine günstige Miete bieten kann.
„Die evangelische Kirche hat uns dieses Grundstück in der Nordstadt angeboten. Das war ein Glücksfall für uns. Man kommt von unserem Beginenhof überall gut hin. Die Haltestelle ist vor der Tür, ebenso der Wochenmarkt, der Fredenbaum-Park, viele Ärzte und auch das Krankenhaus“, schildert Rosemarie Ring.
Im Jahr 2001 kam die Idee einer Neugründung in Dortmund auf
Nach dem Besuch des ersten modernen Beginenhofs in Bremen brachte sie die Idee 2001 nach Dortmund. Zahlreiche Frauen beteiligten sich an der mehrjährigen Planung.
Eine private GbR setzte das Projekt mit großteils sozial geförderten Wohnungen um. Und längst sind auch Frauen aus Bochum, Soest oder Hagen in den Dortmunder Beginenhof gezogen. Auch Männer sind willkommen. Aber nur als Gäste.
Das Alter der Mieterinnen reicht von Mitte 30 bis Anfang 80. 31 Frauen und drei Kinder, aber auch Katzen und Hunde leben in der Wohnanlage, die durch einen Innenhof sowie einen großen Garten mit Blumen, Gemüse und Obst und zahlreichen Ruhebänken eine besondere Qualität hat.
Die Frauen Leben in ganz normalen Mietwohnungen
Unterschiede zu anderen Mietwohnungen gebe es im Beginenhof nicht, sagt Rosemarie Ring. Jede Mieterin habe einen klassischen Mietvertrag und könne selbstverständlich leben, wie sie wolle, und kommen und gehen, wann sie wolle.
Allerdings gebe es freiwillige Regeln. So finden monatliche Treffen im Gemeinschaftsraum statt, an denen sich jede Mieterin an Entscheidungen – etwa zur Gartengestaltung oder zu finanziellen Ausgaben – beteiligen kann.
Auch sollen sich alle im Rahmen ihrer Möglichkeiten an der Gartenarbeit beteiligen. Darüber hinaus gibt es regelmäßige Veranstaltungen: Feste, Koch- und Bastelgruppen oder Kulturangebote unter dem Motto „Bewegende Frauen“.
„Wir sprechen von Wahlverwandtschaften und verlässlicher Nachbarschaft“
Den Unterschied zu anderen Mietwohnungsbauten macht – neben dem Geschlecht der Bewohnerinnen – das gemeinschaftliche Wohnen und Leben, die Verantwortlichkeit füreinander aus.
„Wir sprechen von Wahlverwandtschaften und verlässlicher Nachbarschaft“, sagt Rosemarie Ring. Ganz im Sinne der historischen Beginen, die seit dem 12. Jahrhundert in religiösen Gruppen zusammenlebten.
Der strenge Glaube ist heute zwar keine Voraussetzung mehr in einem Beginenhof. Aber ein ganz wichtiges Ziel wird immer noch angestrebt: Keine Frau soll hier vereinsamen.
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KONTAKT:
- Beginenhof Dortmund, Gut-Heil-Straße 18
- www.beginenhof-dortmund.de
- www.dachverband-der-beginen.de