Seit in der Finanzkrise Investoren und Fonds aller Art begannen, vornehmlich in Wohnimmobilien zu investieren, geht es in immer mehr Wohnungen weniger ums Wohnen als um Rendite. Seither entscheidet der Markt, wo Menschen leben. Der Film „Sold City“ ist der dritte Teil einer Trilogie. Mit dem Untertitel „Der marktgerechte Mieter“ beziehen sich die Filmemacher auf die vom Kulturmagazin „Titel, Thesen, Temperamente“ zu den „Best of 2020“ gewählten Filme „Der marktgerechte Mensch“ und „Der marktgerechte Patient“. In Kooperation mit attac Dortmund und dem Dortmunder Mieterverein, lädt das sweetsixteen-Kino im Kulturort Depot in der Nordstadt zur Filmpremiere am kommenden Sonntag, 2. Juni, ab 12 Uhr. Der Film wird in zwei Teilen präsentiert, zwischendurch wird es eine kleine Pause geben.
Mehr Mieter:innen in Großstädten – allein in Berlin 82 Prozent
Seit die Gemeinnützigkeit des Wohnbaus fast überall in Europa aufgehoben ist, gilt Wohnen nicht mehr als Menschenrecht. Nun entscheidet der Markt, wo Menschen leben. Damit hat sich ein beispielloses System der Vernichtung bezahlbaren Wohnraums etabliert, das unsere Gesellschaft im Kern auseinander dividiert.
In Deutschland allgemein und besonders in den Großstädten leben traditionell mehr Menschen zur Miete als in Eigentum. In Berlin sind es sogar 82 Prozent. Diese Menschen sind zunehmend bedroht.
Eine neoliberale Politik seit der Jahrtausendwende, dann aber vor allem die Finanzkrise sind die Ursache dieser Entwicklung. Seitdem kreist sehr viel internationales Kapital um das sogenannte Betongold.
Ein vergleichsweise guter Mieter:innenschutz in Deutschland wurde zum Wohle des Kapitals mehr und mehr aufgeweicht. Seither geht es nicht mehr ums Wohnen, sondern um Geldanlage.
Einziger Störfaktor beim Kassemachen sind die Mieter:innen
„Sold City“ zeigt auf der einen Seite die Ursachen dieses Immobilienbooms, wie die Betroffenen ihn erleben und w ieman sich dagegen wehren kann. Es wird aber auch über den Tellerrand nach Wien oder in das hochkapitalistische Singapur geschaut.
Hier stößt man auf eine beispielhafte Wohnungspolitik – sinnvoll und denkbar auch hierzulande? Der 1.Teil von „Sold City“ befasst sich unter dem Untertitel „Eigentum vor Menschenrecht?“ mit dem System der Umwandlung von Wohnraum in Konzern-Eigentum. Banken, Fonds und internationales Anlagekapital drängen in die Städte.
Kaum jemand scheint mehr sicher vor dem Verkauf seiner Wohnung. Beim Kassemachen sind die einzigen, die dabei stören, die Mieter:innen. So formuliert es Daniel Dieckmann aus der Habersaathstrasse in Berlin.
Ein Blick über den Tellerrand nach London und Wien
Beim Entmieten und Zwangsräumen werden die Eigentümer mit ihren teils kriminellen Methoden von der Polizei gedeckt. Wohnen ist Daseinsvorsorge und Menschenrecht. Doch die Politik scheint sich völlig von ihrer Versorgungspflicht zu verabschieden.
Der Sozialwohnungsbau schwindet im Dienste privater Investoren seit Jahrzehnten trotz milliardenschwerer Subventionen. Wie sieht das in anderen Großstädten wie London oder Wien aus um die das Investorenkapital ebenso kreist?
Der zweite Teil des Films widmet sich dem System, das großen Wohnkonzernen erlaubt, mit der Miete hauptsächlich die Dividenden der Aktionäre zu finanzieren. Dies wird zum einen mit der Forderung der Volksinitiative „Deutsche Wohnen & Co“ nach Enteignung großer Wohnungskonzerne verbunden.
In Singapur leben 86 Prozent der Bevölkerung im Kommunalen Wohnungsbau
Zum anderen wird wohnungspolitisch über den Tellerrand in andere Länder geschaut. In London ist die Situation für Mieter:innen noch um einige Zacken schärfer. Anna Minton, Buchautorin und Dozentin beschreibt die Verdrängung der arbeitenden Bevölkerung nicht mehr als Gentrifizierung, sondern als Sterilisierung der Städte.
Nur Wien schafft es scheinbar spielend, dass private Investoren zwei Drittel als geförderte Wohnungen bauen müssen und die Mieter:innen darin ihr Leben lang sicher sind. Warum ist das bei uns nicht möglich?
Boden ist ein begrenztes Gut. Wenn viel „freies Kapital“ über dem Boden kreist, explodieren die Bodenpreise. Genau das ist seit der Finanzkrise passiert. Ein unlösbares Problem? Es wird nach Singapur geschaut, einem hochkapitalistischen Stadtstaat.
Dort leben aber 86 Prozent der Bevölkerung im Kommunalen Wohnungsbau. Ein Boden-Enteignungsgesetz macht das möglich. Warum sollte das nicht auch bei uns funktionieren? Interessierte könne sich hier den Trailer zum Film anschauen. (Sollte an dieser Stelle das Videofenster nicht erscheinen, bitte einmal den Browser aktualisieren.)
Weitere Informationen:
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Einladung zum sonntäglichen Filmscreening von „Sold City“ mit anschließender Diskussion am 10.11.2024 im Depot (PM)
Warum steigen die Mieten immer weiter? – Sonntagskino mit „Sold City“, dem neuen Film von Leslie Franke und Herdolor Lorenz und anschließender Diskussion mit den Regisseur*innen und Aktiven von Recht auf Stadt Ruhr und dem Solidaritätsnetzwerk Dortmund.
Passend zum herbstlichen Wetter, bei dem man sich langsam lieber wieder drinnen aufhält, lädt der Planerladen am Sonntag den 10.11.2024 um 12 Uhr im sweetSixteen Kino zu einem gemütlichen und kostenfreien Filmscreening von „Sold City“ ein. Das Team Franke und Lorenz haben damit nach ihrem Erfolgsfilm „Der marktgerechte Patient“ wieder die Probleme neoliberaler Politik ins Visier genommen. Diesmal mit der Frage warum Menschen ihr, gerade auch bei diesem Wetter so dringend benötigtes Zuhause bzw. ihren Wohnraum verlieren und warum die Mieten in deutschen Großstädten weiter steigen und steigen.
Der Film „Sold City“ dokumentiert mit Interviews und live Szenen ‚von der Straße‘ den Ausverkauf der Stadt in verschiedenen deutschen und europäischen Städten. Gezeigt werden die Auswirkungen durch steigende Mieten, Entmietung, das Auslaufen von Bindungen im Sozialen Wohnungsbau und die Umwidmung von Mietwohnungen in Eigentumswohnungen. Aber auch kreativer Protest und Lösungsansätze aus dem Ausland werden gezeigt. Für weitere Infos und den Trailer siehe https://www.sold-city.org/de/.
Ab ca. 14 Uhr soll in der anschließenden Diskussion die Möglichkeit bestehen, dass die beiden Regisseur*innen von der Produktion des Films erzählen, Nachfragen gestellt werden und Mitglieder von Recht auf Stadt (RAS) Ruhr und vom Solidaritätsnetzwerk Dortmund helfen können, den Film auf die Situation in Dortmund zu übertragen.
Die Veranstaltung ist kostenlos für alle. Organisiert wird die Veranstaltung von der Planerladen gGmbH und wird in diesem Projekt aus Mitteln des Aysl-, Migrations- und Integrationsfonds (AMIF) der EU kofinanziert.