Der Heimathafen an der Speicherstraße 15 bietet Beratung, Bildung, Qualifizierung und (Ess-)Kultur für Zugewanderte, Geflüchtete und Menschen aus dem Stadtteil. Gleichzeitig präsentierte das Haus den 1. Dortmunder Dekolonialtag unter dem Motto „How to decolonize Heimat“ im „Pferdestall“.
Früher Handel mit Kolonialwaren, heute ein Ankerpunkt
Aus dem ehemaligen Lagerhaus mit Pferdestall, von dem aus das Ruhrgebiet mit „Kolonialwaren“ beliefert wurde, ist ein neuer „Ankerpunkt” in der Nordstadt geworden, so Bezirksbürgermeisterin Hannah Rosenbaum. „Der Weg, auch wenn er herausfordernd war, hat sich wirklich gelohnt, das kann man jetzt schon sagen.”
Einen langen Atem hätten sie alle gebraucht, das wiederholen die Verantwortlichen mehrmals an diesem Tag. Die Federführung für diese Verwandlung lag bei der Stiftung Soziale Stadt, die das Projekt in enger Kooperation mit dem Amt für Stadterneuerung umgesetzt hat. Insgesamt flossen sieben Millionen Euro Fördermittel in das Bauprojekt. ___STEADY_PAYWALL___
„Für uns war von vorneherein klar, dass wir uns mit der Geschichte des Ortes beschäftigen wollen“, erläutert Andreas Koch, Geschäftsführer der Stiftung Soziale Stadt.
Am Eröffnungstag richtete er Dankesworte an die Menschen, „die an das Projekt geglaubt haben”, an die Architekten und an „die vielen fleißigen Menschen, die Stein auf Stein saniert haben. Es war einiges zu tun, kann ich nur sagen. Das Resultat ist spitze und jetzt freue ich mich auf den Betrieb des Ganzen.”
Der Bund deutscher Architekten hatte bereits 2015 auf den erhaltenswerten Charme dieser Immobilie hingewiesen und eine soziale Neunutzung im Rahmen des Entwicklungsprozesses in der Speicherstraße angeregt.
Auch im Amt für Stadterneuerung erkannte man das besondere Flair: „Die Idee war: Identität stiften, sowohl architektonisch als auch inhaltlich”, berichtet Uta Wittig-Flick. Und wichtiges Ziel sei gewesen, die Menschen aus dem Stadtteil an den Hafen zu bringen: „Hier bringen wir die Nordstadt ans Wasser.”
Bildung und Beratung im Hafen für Alle
Oberbürgermeister Thomas Westphal überreichte zur Eröffnung ein Herz mit „Echt Nordstadt”-Schriftzug. Er bezeichnete das neue Zentrum als „Mosaikstein von Bildung und Beratung in unserem „Hafen für Alle“. Dortmund als wachsende Stadt hat hier eine weitere Einrichtung, die jungen und neuen Einwohner*innen hilft, ihren eigenen Weg in unserer Stadt zu gehen. Denn in Dortmund zählt, wo man hinwill.”
Alle Aktivitäten im Haus verfolgen gemeinnützige Zwecke. Die Betreiberin, die GrünBau gGmbH, ist in der Dortmunder Nordstadt tief verwurzelt.
„Und wer mit einer Einrichtung bei uns im Haus in Kontakt kommt, wird vielleicht gleich abgeholt von einem der anderen Angebote. Damit möchten wir Halt geben, für manche Menschen mit Fluchtgeschichte oder Langzeitarbeitslosigkeit ist das essenziell und letztlich fördert das die Integration“, fügt Andreas Koch hinzu. Es solle „ein Haus für Alle” sein.
Kaffeezeremonie im Programm von „how to decolonize coffee”
Das Gebäude soll laut Stadt mit ca. 1.900 Quadratmetern Nutzfläche ein Bindeglied zwischen Tradition und Zukunft schaffen. In der Gegenwart röstet Eden Tesfagergis im früheren Pferdestall eritreischen Kaffee und beschreibt dabei den Prozess: „Wenn es anfängt zu rösten, wird es ölig.”
Die Röstung ist ein Teil der eritreischen Kaffeezeremonie und alle schnuppern neugierig am Topf, in dem die Kaffeebohnen sich langsam dunkler färben. Anschließend erhitzt Eden Tesfagergis das benötigte Wasser direkt in der Kanne und kann den gemahlenen Kaffee zufügen.
„Man braucht Zeit für diese Zeremonie“, merkt Ronja Omid Iskander an, die den Programmpunkt „how to decolonize coffee” mitgestaltet. Am 26. Juni und 31. Juli finden im Rahmen von „how to decolonize Heimat” weitere Kaffeezeremonien statt. Und beim Hafengeburtstag, am 31. August, soll das fertige Kunstwerk auf dem Vorplatz präsentiert werden.
Das Kellergeschoss wartet noch auf Fertigstellung. Hier hatte eindringendes Wasser den Abschluss aller Bauarbeiten behindert.
Zum Hafengeburtstag soll Deutschlands erstes dekoloniales Denkmal stehen
Noch in der Entstehung ist auch das Kunstwerk, das auf dem Vorplatz platziert werden soll: Deutschlands erstes dekoloniales Denkmal. Ziel ist es, die deutsche Kolonialgeschichte sichtbar zu machen und an die Opfer dieser gewalttätigen und rassistischen europäischen Expansion zu erinnern.
Der Dortmunder Künstler Richard Opoku-Agyemang arbeitet derzeit gemeinsam mit Geflüchteten und Nicht-Geflüchteten am Konzept und ist optimistisch, dass nach den Vorbereitungen bald mit dem Bau begonnen werden kann. Vom 3. bis zum 21. Juni dauert dann die Bauphase, betitelt „how to build a memorial”.
Fidel Amoussou-Moderan wirkt als Kurator und Historiker am Projekt mit. Gemeinsam mit seinen Teilnehmenden erarbeitet er derzeit eine digitale Karte, an denen die verschütteten Spuren dieses kolonialen Erbes in Dortmund, auch im Dortmunder Hafen, sichtbar werden sollen.
Das Projekt „Heimathafen Nordstadt – Integratives Beratungs- und Bildungshaus“ wurde mit Mitteln der EU, des Bundes, des Landes NRW und der Stadt Dortmund über das Stadterneuerungsprogramm „Soziale Stadt – Dortmund Nordstadt“ finanziert.
Angebote im Heimathafen Nordstadt:
- Kooperationsprojekte mit diversen Akteur*innen, aktuell z.B. „how to decolonize heimat“: https://www.lwl-kulturstiftung.de/de/powr2024/powr-projekte/
- Ausbildungscoaching für junge Geflüchtete und Neuzugewanderte: https://gruenbau-dortmund.de/angebote/querschnittsaufgaben/#ausbildungscoaching
- Case Management des Kommunalen Integrationsmanagements (KIM CM): https://gruenbau-dortmund.de/angebote/querschnittsaufgaben/#thm
- Care Leaver Anlaufstation „Meeting Port am Hafen”: https://gruenbau-dortmund.de/angebote/jugendhilfe/#careleaver
- Jobcoaching der Plan B Förderzentren: https://gruenbau-dortmund.de/angebote/arbeitsmarkt/#plan-b-fz
- Restaurant und Ausbildungsgastronomie Nansen, darüber u.a. Vermietung des „Pferdestalls“ für externe Veranstaltungen: https://www.nansen-dortmund.de/
- Künftig Angebote der Jugendhilfe: https://gruenbau-dortmund.de/angebote/jugendhilfe/
Anm.d.Red.: Haben Sie bis zum Ende gelesen? Nur zur Info: Die Nordstadtblogger arbeiten ehrenamtlich. Wir machen das gern, aber wir freuen uns auch über Unterstützung!
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