„Mahdgutübertragung“ ist wie eine Impfung für artenarme Wiesen

Das Umweltamt in Dortmund möchte die biologische Artenvielfalt im Grünland erhöhen

Blühende artenreiche Wiesen sind durch dauerhafte intensive Bewirtschaftung wie den Ackerbau selten geworden. Foto: Biologische Station Kreis Unna / Dortmund

Was nach dem Mähen einer artenreichen Wiese übrig bleibt, ist für eine artenarme Wiese wie eine Impfung, wenn es dorthin gebracht wird. Im Sommer plant das Umweltamt diese sogenannte Mahdgutübertragung auf ausgesuchten Flächen.

Umweltamt arbeitet an Konzept zur biologischen Vielfalt in Dortmund

Dafür arbeitet das Umweltamt eng mit ortsansässigen Landwirtschaftsbetrieben bzw. den Eigentümer:innen der Flächen zusammen. Im Vorfeld hatte die Biologische Station Kreis Unna / Dortmund im Auftrag des Umweltamtes nach potenziellen Spenderflächen für Mahdgutübertragungen in Dortmund gesucht.

In Frage kommen dabei artenreiche Flächen oder Flächen mit seltenen Arten. Im Umweltamt entwickelt ein Team zurzeit eine Biodiversitätsstrategie für Dortmund, über die der Rat der Stadt im Juni entscheiden soll.

Das Konzept schlägt viele Methoden vor, wie man wildlebende Arten fördern und Lebensräume schützen kann. Die Artenanreicherung im Grünland, auch per Mahdgutübertragung, ist eines der Mittel.

Artenreiche Wiesen sind durch intensive Bewirtschaftung selten geworden

Durch die immer intensivere Bewirtschaftung von Ackerland sind die viele Pflanzenarten auf den Feldern und ihrer Umgebung zurückgedrängt worden. Laut Bundesumweltamt kommen 40 Prozent aller in Deutschland gefährdeten Farn- und Blütenpflanzen im Grünland vor. Ein triftiger Grund also, artenreiches Grünland zu erhalten und zu fördern.

Im Fredenbaumpark wurden Maßnahmen zur Förderung der Artenvielfalt bereits erfolgreich umgesetzt. Archivfoto: Roland Gorecki für die Stadt Dortmund

Artenarmes Ackergras dominiert vielfach das Landschaftsbild. Insbesondere in der Milchviehhaltung ist es eine wichtige Nahrungsgrundlage und Voraussetzung für hohe Erträge.

Da es vier- bis fünfmal pro Jahr gemäht wird, haben die Pflanzen wenig Möglichkeiten, zur Blüte zu kommen und Samen für die Vermehrung zu bilden. Dadurch sind viele Arten selten geworden, von denen unsere Vorfahren viele noch als wertvolle Heilpflanzen kannten.

Übertrag von Pflanzensamen mit dem Wind funktioniert nicht mehr

In vielen Fällen genügt es schon, die Nutzung umzustellen, um die Vielfalt zu fördern. Bei der Ausdehnung von Grünland wird die Mahdhäufigkeit auf ein bis zwei Schnitte pro Jahr reduziert. Auch kleine, langsam wüchsige Pflanzen wie zum Beispiel der Ehrenpreis (Gattung Veronica) können so in der Wiese ihren Platz behaupten.

Doch oftmals sind im Boden durch eine langjährige und intensive Nutzung nicht mehr viele Samen von Blütenpflanzen erhalten, und auch die Samenausbreitung beispielsweise über Wind funktioniert in unserer Landschaft nicht mehr.

Zur Förderung der biologischen Vielfalt muss der Boden mit Samen von Wiesenpflanzen angereichert werden, die im Landschaftsraum typisch sind. Je nachdem, ob das Grünland gemäht oder beweidet wird, wie feucht oder trocken es ist und wie der Boden beschaffen ist, wird das passende Saatgut aus der Region ausgewählt.

So funktioniert die Vermehrung der Artenvielfalt durch die Mahdgutübertragung

Wildblumen-Wiese am Borsigplatz. Archivfoto: Thomas Engel für Nordstadtblogger.de

Eine andere Möglichkeit zur Artenanreicherung besteht darin, artenreiche Wiesen zum Zeitpunkt der Samenreife zu mähen und das Mahdgut auf eine artenarme Fläche im selben Naturraum zu bringen und dort aufzutragen.

Zuvor wird der Boden der Empfängerfläche gelockert. So können aus den Samen, die sich im Mahdgut befinden, am Standort neue Pflanzen sprießen. Die Arten werden also übertragen, daher auch die Bezeichnung Mahdgutübertragung.

Durch diese recht aufwändige, aber wirkungsvolle Methode können gebietsheimische, an die naturräumlichen Gegebenheiten angepasste Pflanzen gezielt verbreitet werden.

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Reaktionen

  1. Artenvielfalt ist Lebensqualität – Dortmund entwickelt kommunale Strategie zum Schutz der biologischen Vielfalt (PM)

    Die Stadt Dortmund setzt sich schon lange aktiv für den Schutz der biologischen Vielfalt ein. Jetzt legt das Umweltamt ein Konzept vor, das alle Anstrengungen bündelt, Schwerpunkte setzt und Aufgaben nennt.

    Biologische Vielfalt ist ein Gewinn für alle und erhöht nicht zuletzt die Lebensqualität für die Menschen in der Stadt. Dortmunds Freiräume wie Kulturlandschaften und Industrienaturflächen, Gewässer, Wälder Parks und Friedhöfe und Privatgärten bergen ein großes Potential für die biologische Vielfalt. In städtischen, strukturreichen Gebieten ist die Artenvielfalt oft höher als auf monotonen Ackerflächen – allerdings auch fragiler.

    In allen Handlungsfeldern will die Stadt Dortmund künftig konkret darauf achten, Verbindungen zwischen verschiedenen Biotopen, also Lebensräumen, zu schaffen und zu stärken. Aber auch die Stadtgesellschaft wird aufgefordert, sich für die Artenvielfalt einzusetzen.

    Lebensräume und Nahrungsquellen verschwinden, weil es immer weniger Freiflächen gibt und genutzte Flächen immer stärker beansprucht werden, etwa durch sehr dichtere Bebauung, intensive Landwirtschaft oder komprimierte Freizeitnutzung. Das sind die Hauptursachen für den Verlust der biologischen Vielfalt nicht nur in Dortmund. Die geplante kommunale Biodiversitätsstrategie zielt darauf ab, dieser Entwicklung auf allen Ebenen entgegenzuwirken. Dazu hat das Umweltamt sieben Leitbilder und Handlungsfelder erarbeitet:

    1. Planungsrelevanz: Biodiversität soll auf allen Planungs- und Handlungsebenen berücksichtigt werden

    2. Lebensraumsicherung: Lebensräume und Artenvielfalt sollen gesichert oder wiederhergestellt werden (Handlungsfeld „Schutzgebiete und Biotopverbund“)
    Artenhilfsprogramme: Gefährdete Arten und Biotope sollen geschützt werden (Handlungsfelder
    3. „Arten- und Biotopschutz, Agrar- und Kulturlandschaft, Wald“)

    4. Naturnähe im öffentlichen Raum: Die Biodiversität in Grünanlagen und Parks soll gefördert werden (Handlungsfeld „Grün- und Freiflächen im Siedlungsbereich“)

    5. Flächenbewirtschaftung und Ressourcenschutz: Natürliche Ressourcen sollen nachhaltig geschützt und Übernutzung vermieden werden (Handlungsfelder „Agrar- und Kulturlandschaft, Wald, Bodenschutz“)

    6. Kooperationen und Partnerschaften: Alle relevanten Akteur*innen im Arten- und Naturschutz sollen vernetzt arbeiten (Handlungsfeld „Kooperationen und Partnerschaften“)
    Umweltbildung: Die Bevölkerung soll für die Bedeutung der Biodiversität sensibilisiert werden (Handlungsfeld „Öffentlichkeitsarbeit und Umweltbildung“)

    Der Aufbau ist modular und so flexibel, dass zeitliche und räumliche Prioritäten gesetzt und zum Beispiel auch Förderprogramme berücksichtigt werden können. Zwei Mitarbeiter*innen im Umweltamt kümmern sich um Biodiversität und um die Umsetzung der neuen Strategie.

    Der Verwaltungsvorstand hat die Biodiversitätsstrategie nun an die politischen Gremien weitergeleitet. Im Juni entscheidet der Rat darüber.

    Hintergrund: Biodiversität

    Biodiversität oder biologische Vielfalt bezeichnet die Vielfalt von Arten und ihrer Gene sowie die Vielfalt von Lebensgemeinschaften und Lebensräumen. Sie ist Grundlage für intakte Ökosysteme und erfüllt ökonomische und soziale Funktionen. Genetische Vielfalt macht Populationen widerstandsfähig gegen Krankheiten und sich ändernde Umweltbedingungen.

    Seit 2010 ist Dortmund als Gründungsmitglied im Bündnis „Kommunen für biologische Vielfalt“ vertreten. Bisher fehlte aber eine gesamtstädtische Strategie für den Erhalt und die Förderung der biologischen Vielfalt im Stadtgebiet.

  2. „Marten blüht auf“ – Neue biodiverse Wiesen sorgen für mehr Artenvielfalt und Grün im Stadtteil (PM)

    Sie sehen nicht nur schön aus, sondern bringen auch viele Vorteile für die Umwelt mit sich: biodiverse Wiesen. Nun gibt es sie auch im Stadtteil Marten. Im Steinhammer Park sind mehrere biodiverse Wiesen angelegt worden.
    Dafür haben die Martener Quartierskoordination und das Grünflächenamt der Stadt Dortmund zusammengearbeitet. Die Blühwiesen sind dabei nur der erste Schritt: Die Aktion ist der Auftakt einer Reihe unter dem Motto „Marten blüht auf“.

    An zwei ausgewählten Orten im Steinhammer Park ist nun mit der Aussaat des Regio-Saatguts begonnen worden. Später sollen weitere Flächen dazukommen. Auch Insektenhotels, Nistkästen und Informationstafeln zu einem „Lehrpfad Biodiversität“ sind geplant, damit Marten weiter aufblühen kann.

    Positive Auswirkungen auf Mensch und Natur

    Blühwiesen haben einen besonders hohen Anteil an blühenden Pflanzen. Dadurch bieten sie Bienen, Hummeln, Schmetterlingen und vielen weiteren Tieren Nahrung und Schutz und fördern so die Verbreitung von Arten. Sie schaffen eine bunte Blütenvielfalt, tragen zur Verbesserung der Luftqualität bei und haben positive Auswirkungen auf das Stadtklima, aber auch auf das Wohlbefinden der Menschen.

    Der Steinhammer Park ist Martens zentrale Grünfläche. Er bietet durch die unterschiedlichen Spiel- und Sportgeräte bereits jetzt großen Erholungswert, der dank der Wiesen weiter steigt. Ziel ist es außerdem, das Umweltbewusstsein im Stadtteil zu steigern.

    Eine Idee aus der Bürgerschaft

    Die Idee für die Wiesen stammt aus der Martener Bürgerschaft selbst und wurde bei einem der Runden Tische der Martener Akteure entwickelt. Die Martener Quartierskoordination hat dieses Beteiligungsformat ins Leben gerufen, um gemeinsam mit den örtlichen Akteuren*innen aus Marten an der Entwicklung des Stadtteils zu arbeiten. Als ein Ergebnis der Runden Tische kristallisierte sich der Wunsch heraus, dass die Freiräume in Marten besser erlebbar und auch stärker ökologisch ausgerichtet werden sollen. Die biodiversen Wiesen tragen dem Rechnung.

    Weitere Informationen zur Martener Quartierskoordination unter dortmund-nordwaerts.de/quartierskoordination. Für Fragen und Anregungen stehen die Quartierskoordinatoren jederzeit unter 0231 50-28240 oder per Mail unter quartiermarten@stadtdo.de zur Verfügung.

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