Dortmund, die selbsterklärte „Großstadt der Nachbarn“, hat ein Problem: Einige Anwohner:innen – besonders aus den Außenbezirken – fürchten um ihre Sicherheit. Jugendliche fallen immer wieder mit Drogen- und Körperverletzungsdelikten sowie Ruhestörungen auf. Vor allem nachts haben dadurch viele Angst. Die Polizei reagiert, z.B. mit Schwerpunkteinsätzen, aber vielfältige Präventionsangebote sind ebenfalls unverzichtbar.
Rund 22 Prozent aller Straftaten wurden von Personen unter 21 Jahren begangen
Viele der Dortmunder:innen, insbesondere in den Außenbezirken, sind in Sorge über die ihrer Empfindung nach verschlechterte Sicherheitslage in ihrem Viertel. Mit einem Brief haben sich Ende Februar Anwohner:innen und Gewerbetreibende an Oberbürgermeister Thomas Westphal und Polizeipräsident Gregor Lange gewandt.
Letzterer versuchte zu beschwichtigen: „Gruppen von Jugendlichen, die Straftaten begehen und einschüchtern, verunsichern die Menschen in Dortmund und Lünen. Das können wir als Polizei Dortmund nicht hinnehmen. Und das haben wir im vergangenen Jahr mit zahlreichen Maßnahmen klargemacht“, findet der Polizeipräsident.
So gingen im vergangenen Jahr rund 22 Prozent aller Straftaten von Personen unter 21 Jahren aus (5.551 von 25.759) – eine Steigerung von zwei Prozent. „Bei den Körperverletzungsdelikten betrug der Anteil der Unter-21-Jährigen ebenfalls mehr als 20 Prozent in Dortmund (1.185 von 5494)“, erklärt Lange in seiner Antwort. Besonders deutlich wird die Jugendkriminalität jedoch bei Raubstraftaten. Mit 234 von 494 Täter:innen unter 21 machen sie einen Anteil von fast 50 Prozent aus.
Viele Faktoren für Schwerpunkteinsätze der Polizei
Auf sich sitzen lassen will Gregor Lange das nicht. Er geht in die Offensive: „Diesem Trend hat die Polizei Dortmund im letzten Jahr auf verschiedenen Ebenen den Kampf angesagt – mit vielen Erfolgen.“ Er verweist auf mehrere Schwerpunkteinsätze mit Fokus auf den Stadtteilen Scharnhorst, Aplerbeck sowie der Innenstadt.
Die Dortmunder Polizei steht vor der Aufgabe, auf der einen Seite Recht und Ordnung durchzusetzen, auf der anderen Seite muss die Behörde aber auch einen Rahmen von repressiven Maßnahmen finden.
„Auffällige Jugendliche [werden] auch im täglichen Dienst durch den Wachdienst bei erkennbarem Bedarf angesprochen, kontrolliert und mit erforderlichen Maßnahmen belegt.“ Doch ab wann ist der „erkennbare Bedarf“ gegeben?
Auf Nordstadtblogger-Anfrage erklärte die Polizei: „Die Polizei Dortmund führt Schwerpunktmaßnahmen anlassbezogen durch. Diese Anlässe können vielfältiger Natur sein und sowohl durch objektive, als auch subjektive Faktoren beeinflusst werden. Durch regelmäßige Betrachtungen der Kriminalitätslage können quantitative Häufungen und (örtliche) Schwerpunkte erkannt werden.“ Auch die Schwere der begangenen Straftaten und die damit verbundene Auswirkung auf das Sicherheitsgefühl der Bevölkerung fließen in die Bewertung und Intensität der Schwerpunktmaßnahmen ein.
Behörde geht in den Austausch mit den Bürger:innen
Schwerpunktmaßnahmen gibt es häufig, nicht nur in Bezug auf Jugendliche. Auch Suchtkranke und Autotuner rücken immer wieder in den Fokus von Polizeimaßnahmen, zumeist in der Innen- und Nordstadt. Auf die Kapazität von Polizeieinheiten in den Außenbezirken habe das aber keine Auswirkung, erläutert die Polizei.
„Hier werden anlassbezogen Kräfte aus verschiedenen Dienststellen und Direktionen temporär gebündelt. Zusätzlich hat sich die Polizei Dortmund beim Innenministerium mit Erfolg um eine Kräfteverstärkung bemüht und kann so regelmäßig auf die Unterstützung durch Beamtinnen und Beamte der Bereitschaftspolizei zählen.
Um dem gesunkenen Sicherheitsgefühl entgegenzuwirken, hat die Behörde ihr Präsenzkonzept zur Bekämpfung der Jugendkriminalität angepasst und das Jugendkommissariat personell verstärkt.“ Außerdem wolle man durch sogenannte „mobile Wachen“ mit Bürger:innen ins Gespräch kommen. Die Wachleiter:innen seien beauftragt worden, „den Austausch mit den lokalen politischen Gremien (z.B. den Bezirksvertretungen) zu suchen, um Probleme, Sorgen und Nöte in den Stadtteilen zu identifizieren, zu bewerten und geeignete Maßnahmen zu prüfen.“
Viele Präventionsangebote für Kinder und Jugendliche
Speziell bei jungen Beschuldigten geht es nicht nur um Repression, sondern in erster Linie um Prävention. Die Polizei pflegt daher engen Kontakt zur Jugendgerichtshilfe, Schulen und Trägern der Jugendarbeit. Mit Straffälligen werden Gespräche geführt und unter Umständen in das NRW-weite Projekt „Kurve kriegen“ vermittelt.
Teilnehmende seien „überwiegend im Alterssegment von 8 bis 15 Jahren“, „deren Lebensumstände erhebliche Risikobelastungsfaktoren aufweisen, die ein dauerhaftes Abgleiten in die Kriminalität erwarten lassen.“ Viele Präventionsangebote richten sich aber in erster Linie nicht an kriminelle, sondern vielmehr generell an Jugendliche – zum Beispiel durch Drogenprävention an Schulen.
Allein könne man das Problem Jugendkriminalität nicht bekämpfen, erklärt die Polizei. „Hier sind viele verschiedene Beteiligte gefragt – beginnend im Elternhaus der Jugendlichen über Schulen und städtische Ämter bis hin zu Vereinen und Trägern der Jugendarbeit.“
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CDU-Dortmund fordert mehr Präsenz von Polizei und Ordnungsamt in den Vororten (PM)
Die CDU Dortmund steht für eine ausgewogene Sicherheitspolitik, die alle Stadtteile berücksichtigt. Deshalb fordert die CDU Dortmund Polizeipräsidenten Gregor Lange und Oberbürgermeister Thomas Westphal zum Handeln auf undbietet politische Unterstützung an.
Seit geraumer Zeit erreichen die CDU Dortmund immer häufiger Beschwerden von Anwohnern und Geschäftsleuten über die ihrer Meinung nach gestiegene Kriminalität vor ihrer Haustür – insbesondere in den Stadtbezirken Aplerbeck, Brackel und Scharnhorst. Dies wurde auch am 1. Februar bei einer Veranstaltung mit der aus Dortmund stammende Ministerin Ina Brandes und Innenminister Herbert Reul in Asseln thematisiert. Mehr als 400 Bürgerinnen und Bürger nutzen die Gelegenheit, um beiden Spitzenpolitikern ihre Sorgen und Nöte vorzutragen.
Ende Februar richteten sich nun Geschäftsleute und Anwohner aus Aplerbeck hilfesuchend an den Dortmunder Polizeipräsidenten Gregor Lange und an Oberbürgermeister Thomas Westphal. Im Fokus der Beschwerde stehen dabei Jugendgruppen, die durch Alkohol- und Drogenkonsum, Gewaltdelikte und Ruhestörungen rund um die Endhaltestelle der U47 sowie im Rosengarten auffallen. Während Oberbürgermeister Westphal den Betroffenen nicht einmal antwortete, kontert Polizeipräsident Gregor Lange mit vermeintlich verbesserten Kriminalitätsstatistiken auf real empfundene Ängste und beschriebene Beobachtungen.
Polizeipräsident Gregor Lange führt u.a. ins Feld, dass z.B. die Straßenkriminalität um 13,80 % gegenüber dem Vorjahr gesunken wäre. Diese Statistik ist umso erstaunlicher, da die offizielle Bekanntgabe der Kriminalitätsstatistik 2023 erst Mitte März zu erwarten ist. Für die CDU ist klar, dass Statistiken keine Probleme lösen, Kriminalität im Dunkelfeld erst gar nicht abbilden und nur einen Ausschnitt der Lebenswirklichkeit vor Ort darstellen. Die CDU ist von der Professionalität der Polizei überzeugt und sieht die sehr gute Arbeit. Das trifft auch im Besonderen auf die Leistung der Polizeibeamten der Wache Aplerbeck zu. Allerdings sieht die CDU auch die Notwendigkeit, das Sicherheitskonzept für die Stadt Dortmund zu überprüfen und anzupassen. „Wir erleben eine positive Entwicklung der Kriminalität in der Innenstadt und auch in Teilen der Nordstadt, dafür danken wir unserer Polizei“, so der Dortmunder CDU-Vorsitzende Sascha Mader. Und weiter: „Statistiken lösen keine Probleme. Deswegen darf Polizeipräsident Lange in seinen Bemühungen nicht nachlassen, die Vororte gleichermaßen im Blick zu haben und den dort lebenden Menschen und Geschäftsleuten das gleiche Maß an Schutz und Sicherheit zukommen zu lassen.“
Eine Beschwerdeführerin, die aus Angst vor Konfrontationen mit den Jugendbanden namentlich nicht genannt werden möchte, äußert ihren Frust über die Antwort des Polizeipräsidenten: „Ich finde es schon unglaublich, dass man reale Ängste und Beobachtungen von Anwohnern und Geschäftsleuten mit vermeintlich besser werdenden Statistiken als unbegründet abtut. Niemand kennt seinen Ortsteil besser als die, die dort leben und sich tagtäglich dort bewegen.“
Auf Antrag der CDU-Ratsfraktion wurde mit den Ratsfraktionen der Grünen und der FDP/ BLI Haushaltsmittel für zwölf neue Stellen beim kommunalen Ordnungsdienst bewilligt. Die CDU fordert die Stadtverwaltung jetzt auf, diese Stellen schnellstmöglich zu besetzen und das zusätzliche Personal vor allem auch in den Vororten auf die Straße zu bringen. „Die Einsatzkräfte von Polizei und Stadt müssen vor Ort sichtbar sein“, so Sascha Mader. Gerade nach Einbruch der Dunkelheit fühlen sich die Menschen oftmals nicht mehr sicher in ihren Ortsteilen. Es darf keinen Freiraum für das von den Anwohnern und Geschäftsleuten beschriebene Verhalten geben. Hier muss frühzeitig und mit angepassten Einsatz- und Präsenzkonzepten für Polizei- und Ordnungskräfte entgegengewirkt werden. Zusätzlich kann im Aplerbecker Rosengarten z.B. eine Verbesserung der Beleuchtungssituation Sicherheit schaffen..“
„Ich werde mit Polizeipräsident Lange Kontakt aufnehmen und die Situation in den Vororten besprechen“, kündigt Sascha Mader an.