Der Fall Mouhamed Lamine Dramé vor dem Dortmunder Landgericht

Zweiter Prozesstag: Die fünf angeklagten Polizeibeamt:innen schwiegen zu den Vorwürfen

Die Angeklagten betreten den Verhandlungssaal. Das Interesse der Besucher:innen ist ungebrochen groß. Foto: Karsten Wickern

Erneut fand die Verhandlung im Fall des getöteten Senegalesen Mouhamed Lamine Dramé ein rasches Ende. Für den zweiten Prozesstag am 10. Januar 2024 waren eventuelle Einlassungen der Angeklagten angedacht – diese schwiegen jedoch zu den Vorwürfen. Stattdessen verkündete Richter Thomas Kelm neue rechtliche Hinweise, die Auswirkungen auf das Strafmaß des mutmaßlichen Schützen und des Einsatzleiters haben könnten.

Plätze reichten nicht aus: Weiterhin starkes Interesse von Seiten der Zuschauer:innen

Der zweite Verhandlungstag im Fall des im August 2022 von Polizist:innen getöteten senegalesischen Geflüchteten Mouhamed Lamine Dramé startete – ebenso wie der erste – mit einer fünfundvierzigminütigen Verspätung und dauerte nur rund 30 Minuten. Auffallend wenig Presse im Vergleich zum starken Interesse an der ersten Verhandlung war erschienen, nur rund zwanzig Medienvertreter:innen belegten die vorderen Reihen des Gerichtssaals. Größer war jedoch der Andrang der Zuschauer:innen. Mehr als fünfzig Personen beobachteten die Verhandlung. Einige wenige konnten nicht mehr hereingelassen werden.

Der vorsitzende Richter Thomas Kelm. Foto: Karsten Wickern

Richter Thomas Kelm eröffnete die Verhandlung mit einem rechtlichen Hinweis zur „Notwehrlage“. Diese ist nur dann gegeben, wenn ihr ein rechtswidriger Angriff vorausgeht. Er wies darauf hin, dass sich Mouhamed Lamine Dramé selbst aus Notwehr auf die Polizeibeamten zubewegt haben könnte, nach dem rechtswidrigen Einsatz des Reizgases durch eine Polizeibeamtin.

Daraus resultiere dann, dass der Schütze selbst nicht in Notwehr gehandelt habe und stünde in einem Gegensatz zu der am 19. Dezember 2023 verlesenen Darstellung des Schützen. Kelm führte weiter aus, dass nun festgestellt werden müsse, ob sich Dramé aus der Notlage anders hätte befreien können und inwiefern er die Ausgangslage einschätzen konnte. Dem stimmte die Staatsanwaltschaft zu.

Einsatzleiter könnte ähnliches Strafmaß wie das des mutmaßlichen Schützen erwarten

Angedacht waren ursprünglich die Einlassungen der fünf angeklagten Polizist:innen, diese machten jedoch alle von ihrem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch. Richter Thomas Kelm gab daraufhin noch einen weiteren rechtlichen Hinweis der den Einsatzleiter in weiteren Prozessverlauf betreffen könnte. Dieser ist bereits wegen der Anstiftung zu gefährlicher Körperverletzung angeklagt, da er den Einsatz des Pfeffersprays und den der Elektroimpulsgeräte angeordnet haben soll.

Den Einsatzleiter könnte eine weitaus höhere Strafe erwarten als zuvor angenommen. Foto: Karsten Wickern

Nun gelte es zu überprüfen, inwiefern der Einsatzleiter Vorgesetzter des mutmaßlichen Schützen sei. Denn je nach Hierarchie könne der Einsatzleiter auch für die tödlichen Schüsse mitverantwortlich gemacht werden. Die Verleitung eines Untergebenen zu einer Straftat gemäß Paragraph 357 StGb könnte für den Einsatzleiter ein ähnliches Strafmaß wie das des mutmaßlichen Schützen mit sich ziehen.

Richter Kelm wies zudem darauf hin, dass die Beweisaufnahme am nächsten Verhandlungstag beginnen werde, ebenso wie das Auftreten von Zeug:innen. Zum Schluss trug der vorsitzende Richter den Tatbefundbericht vom 11. August 2022 vor, der die Örtlichkeit ausführlich darstellte. Die nächste Verhandlung ist für den 17. Januar 2024 um 9.30 Uhr terminiert.

 

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