Arbeitsagentur, DGB, Handwerkskammer, IHK und Wirtschaft besorgt

Ausbildungsmarkt-Bilanz in Dortmund: Viele unbesetzte Stellen und weniger Bewerber:innen

Tobias Schmidt (HWK), Khoder Al Maadarani (ehm. Azubi), Jutta Reiter (DGB), Maike Fritzsching (IHK), Cornelia Weber-Hunke (Geschäftsführerin Bergmann Bauunternehmung), Heike Bettermann (Agentur für Arbeit) und Franziska Rutenfranz (Bergmann) Julius Obhues | Nordstadtblogger

Ein deutlicher Anstieg an unbesetzten Ausbildungsstellen bei weniger Bewerber:innen – der Dortmunder Ausbildungsmarkt leidet. Zu diesem Schluss kam eine Runde aus Agentur für Arbeit, DGB, der Handwerkskammer (HWK), Wirtschaft und Industrie- und Handelskammer (IHK). In Zukunft brauche es unter anderem neue Konzepte, um junge Leute von Ausbildungen zu überzeugen.

Chancen auf einen Ausbildungsplatz so gut wie seit Jahrzehnten nicht mehr

Mit Sorge stellte Heike Bettermann, Geschäftsführerin der Dortmunder Agentur für Arbeit, die Ausbildungszahlen für September 2023 vor. 3530 Stellen bei 3132 Bewerber:innen hat es in diesem Jahr gegeben. „Die Chancen auf einen Ausbildungsplatz waren für Bewerberinnen und Bewerber in diesem Jahr so gut wie seit Jahrzehnten nicht mehr. Das bedeutet nur leider nicht, dass es für jede und jeden der sucht am Ende auch erfolgreich in eine Ausbildung mündet“, so Bettermann.

Grafik: Agentur für Arbeit Dortmund

Denn trotz der vielen Ausbildungsmöglichkeiten sind aktuell noch 107 Bewerber:innen unversorgt, ein Anstieg von 25,9 Prozent zum Vorjahr. Für die Unternehmen sieht es ebenfalls nicht gut aus: 514 Ausbildungsstellen sind derzeit in Dortmund unbesetzt, ein Plus von 233,8 Prozent gegenüber 2022. Damals waren nur 154 Stellen frei.

So machen Männer mit 1992 Interessierten etwa zwei Drittel der Statistik aus. Im Vergleich zu 2022 ist das ein Rückgang von 13,4 Prozent. Frauen waren mit 1140 nur 8,7 Prozent weniger Vertreten. Ähnlich sieht auch der Vergleich nach Nationalität aus: Menschen mit deutschem Pass machen 2023 77,1 Prozent der Interessierten aus, wobei die Veränderung zum Vorjahr mit -12,8 Prozent ähnlich aussieht wie bei den Männern. Rückgang gibt es auch bei den Ausländer:innen. Mit 716 Interessierten machen sie 22,9 Prozent (Rückgang -8 Prozent) der gesamten Ausbildungsinteressierten aus.

Dortmunds Handel dominiert den Ausbildungsmarkt

Besonders viele Ausbildungen entfallen auf den Handel. 307 Kaufleute im Einzelhandel, dazu 252 Verkäufer:innen sind aktuell bei der Arbeitsagentur gemeldet. Damit machen sie gemeinsam über 550 Ausbildungsstellen aus. Grund zur Freude besteht für die Branche allerdings nicht.

Grafik: Agentur für Arbeit Dortmund

113 Stellen für Kaufleute im Einzelhandel sind unbesetzt, 16 für Verkäufer:innen. Für Heike Bettermann ist es besonders schade, dass auch 16 Anlagemechaniker:innen für Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik dem Dortmunder Ausbildungsmarkt fehlen. Diese werden besonders für die klimapolitische Wende benötigt.

Mehr Bewerbungen als Plätze gibt es etwa bei den medizinischen Fachangestellten (208 Bewerbungen zu 135 gemeldeten Ausbildungsstellen) und KFZ-Mechatroniker:innen (202 zu 97).

„Praktika sind der Schlüssel“ für den Berufseinstieg

Der Ausbildungsmarkt steht vor vielen Problemen. Die Erwartungen der Arbeitgeber:innen sind oft andere als die der Jugendlichen, erzählt Heike Bettermann. Cornelia Weber-Hunke, Geschäftsführerin der Bergmann Bauunternehmung, berichtet von eigenen Erfahrungen in ihrem Betrieb: Sprachbarrieren erschweren die Arbeit, aber auch Karrieren ohne Ausbildung.

Grafik: Agentur für Arbeit Dortmund

Damit gemeint sind Menschen, die in den sogenannten „Helfer“-Jobs, etwa Lagerarbeit, bereits Geld verdient haben. Der Umstieg auf eine Ausbildung sei aufgrund des deutlich geringeren Lohns oft unattraktiv.

Einigkeit besteht zu der Forderung nach neuen Orientierungsmaßnahmen. Statt großen Ausbildungsmessen solle in Zukunft auf kleinere Modelle, unter Umständen sogar direkt in den Schulen gesetzt werden.

Hilfreich sei auch, wenn direkt ein Auszubildender vor Ort über Vor- und Nachteile des Berufs erzählen kann. Maike Fritzsching, Geschäftsführerin Berufliche Bildung und Fachkräftesicherung der IHK zu Dortmund, erzählt von Ausbildungskampagnen über die Social-Media-Plattform „TikTok“, um die „Generation Z“ zu erreichen. Auch Plakataktionen und Designvorlagen für die Kanäle der Arbeitgeber:innen sollen dabei unterstützen.

Grafik: Agentur für Arbeit Dortmund

„Praktika sind der Schlüssel“, findet Fritzsching. Ideal seien langfristige Praktika wo die Jugendlichen ein bis zweimal pro Woche hinkommen. Auch Khoder Al Maadarani hat mit einem Praktikum angefangen. Anschließend hat er sich für eine Ausbildung bei der Bergmann Bauunternehmung entschieden, wobei der Anfang schwierig gewesen sei.

2018 kam er aus dem Libanon nach Deutschland, im gleichen Jahr hat er das Praktikum absolviert, seine Deutschkenntnisse waren zu dem Zeitpunkt aber noch nicht sehr gut. Jetzt – fünf Jahre später – ist Al Maadarani gelernter Baugeräteführer und findet: „Wenn man möchte, schafft man alles!“


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  1. Junge Stimmen werden gehört: YOUNG TALK im Keuninghaus setzt Fokus auf Chancengleichheit im Ausbildungsmarkt (PM)

    Der vierte YOUNG TALK im Keuninghaus legt einen Schwerpunkt auf Chancengleichheit im Ausbildungsmarkt: Die Veranstaltung am Dienstag, 28. November, ab 16 Uhr bietet jungen Menschen zwischen 14 und 27 Jahren die Gelegenheit, sich in Diskussionen und Workshops mit ihren Erfahrungen auf dem Ausbildungsmarkt einzubringen und konkrete Forderungen für verbesserte Bedingungen zu formulieren.

    Erfahrungsaustausch in Workshops

    Die Workshops, die um 16 Uhr beginnen, ermöglichen einen intensiven Austausch über individuelle Erfahrungen und die Herausforderungen, mit denen junge Menschen auf dem Ausbildungsmarkt konfrontiert sind. Hier können Forderungen entwickelt werden, die im Anschluss in einer offenen Diskussion mit Vertreter*innen der Industrie- und Handelskammer (IHK), der Handwerkskammer (HWK) und dem Jugendberufshaus erörtert werden können.

    Offene Diskussion mit Vertreter*innen der IHK, HWK und dem Jugendberufshaus

    Die Veranstaltung richtet sich an alle Interessierten, die sich aktiv für Chancengleichheit im Ausbildungsbereich einsetzen möchten. Die ersten Ausgaben dieser Veranstaltungsreihe waren mit über 100 Teilnehmer*innen bereits ein großer Erfolg, und auch diesmal verspricht der YOUNG TALK eine Plattform für engagierte Diskussionen und Meinungsaustausch zu sein.

    Der Einlass beginnt um 15:45 Uhr, gefolgt von den Workshops um 16 Uhr und dem eigentlichen YOUNG TALK ab 17:30 Uhr. Der Eintritt ist frei.

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