Gemeinsame Sondersitzung von Bürgerdienste- und Sozialausschuss

Crack-Problematik: Einigung auf Null-Toleranz-Strategie und Stärkung der Sozialarbeit

Der Drogenkonsumraum „kick“ wird monatlich von 400 bis 500 Menschen genutzt.
Der Drogenkonsumraum „kick“ wird monatlich von 400 bis 500 Menschen genutzt. Julius Obhues | Nordstadtblogger

Lange Sitzungen sind in der Kommunalpolitik nichts ungewöhnliches, die gemeinsame Sondersitzung des Sozial- und Bürgerdiensteausschusses an Halloween hatte es allerdings in sich. Um 21:47 – knapp vier Stunden nach Beginn – beendete Ulrich Langhorst, Vorsitzender des Sozialausschusses, die Sitzung. Nach der Anhörung einiger Expert:innen diskutierten die Ratsparteien eine lange miteinander – und einigten sich schließlich auf zentrale Punkte.

300 bis 500 Menschen der aktiven Drogenszene in der Innenstadt zugerechnet

„Crack verändert alles“, diesen Satz prägte Dortmunds Oberbürgermeister Thomas Westphal maßgeblich, denn die Situation scheint in den Augen vieler zu eskalieren. Deshalb trafen sich der Ausschuss für Bürgerdienste, öffentliche Ordnung, Anregungen und Beschwerden und der Ausschuss für Soziales, Arbeit und Gesundheit zu einer gemeinsamen Sondersitzung an Halloween. Teilgenommen haben neben den Kommunalpolitiker:innen auch Vertreter:innen aus Wissenschaft, Handel und Drogenhilfe, um ihre Expertise zu der aktuellen Situation beizusteuern.

Die Verwaltung geht aktuell davon aus, dass ca. 300 bis 500 Menschen der aktiven Drogenszene in der Dortmunder Innenstadt zugerechnet werden können. Diese Zahlen stimmen auch in etwa mit denen des Drogenkonsumraums „kick“ überein: 400 bis 500 Menschen nutzen die Einrichtung monatlich. Rund die Hälfte davon konsumiert unter anderem Crack. Die Meisten praktizieren allerdings den sogenannten „Mischkonsum“, erzählt Willehad Rensmann, Geschäftsführer der Dortmunder Aidshilfe. Also zusätzlich zu Crack etwa Kokain, Cannabis oder andere Drogen.

Trotz guter Infrastruktur des Drogenhilfesystems steht die Stadt vor einem Problem: Wohingegen für den Konsumvorgang von Heroin ein gewisser Aufwand betrieben werden muss, werde Crack zunehmend in einer Art „Komplettpaket“ vertrieben. Sprich: Die drogenkranken Konsument:innen bekommen neben der Droge an sich direkt eine Pfeife, meist bestehend aus Alufolie, mit dazu. Dabei dauert der inhalative Konsum nur wenige Sekunden: Auch das ist ein Grund, warum viele auf den Konsum im „kick“ verzichten, berichtet Rensmann.

CDU setzt sich mit Null-Toleranz-Strategie durch

Norbert Dahmen. Foto: Anja Cord
Ordnungsdezernent Norbert Dahmen verteidigt seinen repressiven Weg.

Die Christdemokrat:innen, die mit Stimmen der SPD eine konsequente Null-Toleranz-Strategie durchgebracht haben, forderten „einen hohen Kontrolldruck und eine weitere Intensivierung der Streifentätigkeit“ in den Bereichen rund um den Stadtgarten, den Drogenkonsumraum, der Fußgängerzone, der Katharinenstraße und am Hauptbahnhof.

Außerdem wurde wiederholt der Standort des „kick“ infrage gestellt, „allerdings ist für uns ist die Verlagerung des Drogenkonsumraums Ultima Ratio“ so Thomas Bahr, sozialpolitischer Sprecher der CDU.

Ordnungsdezernent Norbert Dahmen betonte: „Nur Verdrängung ist nicht die Lösung, wir brauchen natürlich auch Präventionskonzepte. Die sind viel schwerer, als der repressive Weg, den ich gehe, trotzdem halte ich diesen repressiven Weg unerlässlich, damit wir uns alle weiterhin in der Innenstadt wohlfühlen“, so der CDU-Politiker.

Grüne fordern wissenschaftlich begleiteten Gesamtstrategie

Aus den Reihen der Grünen kamen die meisten mehrheitsfähigen Vorschläge. So sollen nun Vorschläge sowohl zur Verstärkung und der räumlichen Ausweitung des Umfeldmanagements am Drogenkonsumraum als auch für einen weiteren, dezentralen Standort gemacht werden. Breite Zustimmung herrschte auch zu der Forderung nach einer wissenschaftlich begleiteten Gesamtstrategie. Dabei sollen unter anderem soziale, medizinische und ordnende Maßnahmen vernetzt und die Öffentlichkeit sowie der Handel informiert und sensibilisiert werden.

In vielen Herangehensweisen in der Drogenpolitik herrscht in der Projektpartnerschaft zwischen Grünen und CDU ein Dissens, die aufsuchende Sozialarbeit wollen aber beide Fraktionen stärken. Die Christdemokrat:innen schlagen dazu gemeinsame Teams aus aufsuchender Sozialarbeit und Ordnungsamt vor. Die Grünen sind dagegen und fordern einen stärkeren Fokus auf Prävention, etwa durch finanzielle und personelle Stärkung von Hilfsangeboten für Betroffene.

SPD stößt mit mobilen Wachen während der Weihnachtszeit auf Zustimmung

In der Weihnachtszeit mit mobilen Wachen vor Ort: Der kommunale Ordnungsdienst wird auch auf Wunsch der SPD verstärkt. Foto: Alexander Völkel für Nordstadtblogger.de

Der Antrag der SPD-Fraktion bestand insgesamt aus 13 Punkten, allerdings konnten sich die Sozialdemokraten nur mit zwei Forderungen durchsetzen. Zum einen soll ergebnisoffen geprüft werden, ob der aktuelle Standort noch zeitgemäß ist, außerdem solle geschaut werden, „ob zusätzliche dezentrale Standorte die Situation vor Ort verbessern könnten.“

Zum anderen fand die SPD mit ihrer Forderung nach mobilen Wachen in der Weihnachtszeit bei anderen Fraktionen Gehör. So sollen Polizei und Ordnungsamt an wechselnden Standorten Präsenz zeigen. Erfahrungsberichte der Einsätze werden im Anschluss an die zuständigen kommunalen Fachausschüsse gegeben.

Die Alternative für Deutschland stellte sich gegen die Pläne der anderen im Rat vertretenden Parteien. Die Weiterführung des Drogenkonsumraums in der Innenstadt sei nicht hinnehmbar. Peter Bohnhof, Mitglied im Bürgerdiensteausschuss, forderte einen neuen Standort, der zwar mit dem ÖPNV erreichbar, aber im Umkreis von einem Kilometer keine Wohnsiedlungen, Schulen, Spielplätze und Geschäfte vorhanden sein dürfen. Ebenso solle eine Distanz von zwei Kilometern zum Hauptbahnhof gewahrt werden. Der Antrag wurde gewohnt geschlossen von allen Fraktionen abgelehnt.


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