Es ist ein Bild, welches sich die Demokratinnen und Demokraten auch vor einem Jahr – am Wahlabend nach der Kommunalwahl am 25. Mai – vor dem Rathaus gewünscht hätten: Polizei, so weit das Auge blickt. Außerdem war der Friedensplatz nazifrei, als Vertreter von Parteien, Organisationen und Bündnissen – aber auch Privatpersonen – vor dem Rathaus Aufstellung nahmen. Ihre Parole: „Zivilcourage ist keine Nötigung“.
Vorwurf gegen die Staatsanwaltschaft: Kriminalisierung von Menschen mit Zivilcourage
Sie setzten damit ein Zeichen gegen die aus ihrer Sicht Kriminalisierung der Menschen, die dem wütenden Mob der Neonazis am Wahlabend vor dem Dortmunder Rathaus entgegengetreten waren.
„Es werden hier Opfer zu Tätern gemacht. Gleichzeitig wird das offenkundig aggressive und militante Auftreten der Neonazis nicht konsequent verfolgt“, kritisiert die DGB-Vorsitzende Jutta Reiter.
Sie ist eine der Sprecherinnen des Rechtshilfekomitees „Wahlnacht 25.5.“, das die beschuldigten Demokraten und Antifaschisten vertritt und nun eine Dokumentation zu den Ereignissen rund um die Wahlnacht vorgelegt hat.
Scharfe Kritik an der Staatsanwaltschaft und Ermittlern
Scharf kritisieren sie Vertreter die Arbeit von Staatsanwaltschaft und Ermittlungsbehörden: „Wir fordern von der Staatsanwaltschaft in Dortmund, dass sie rechtsradikale Bedrohungen und Straftaten ernstnimmt und konsequent juristisch verfolgt“, heißt es in einer Erklärung.
„Sie muss an der Seite von Demokratie und Zivilgesellschaft mit den juristischen Mitteln des Rechtsstaates die Auseinandersetzung mit den realenErscheinungsformen des Rechtsextremismus hier in Dortmund unterstützen.“
Kritik gab es auch an einem vom NRW-Innenminister vorgelegten Bericht der Dortmunder Polizei: „Die Abläufe sind tendenziös und lückenhaft dargestellt. Die folgenden Ermittlungen der Polizei wurden teilweise einseitig geführt“, verdeutlicht Pfarrer Friedrich Stiller.
Dutzende Verfahren wegen Nötigung – Neonazis wegen Körperverletzung vor Gericht
Eine Gruppe Neonazis unter Führung von Siegfried Borchert und Dennis Giemsch versuchte, sich mit Gewalt und unter Ausrufen ausländerfeindlicher Parolen sowie Absingen der ersten Strophe des Deutschlandliedes gewaltsam einen Weg durch die Rathaus-Beschützer zu verschaffen.
Diese stellten sich den Neonazis entgegen. Deswegen kassierten mehr als 60 Demokraten und Antifaschisten den Vorwurf der Nötigung.
Hingegen wurden eindeutige Körperverletzungen gegen Demokraten teilweise nicht geahndet oder – wie im Fall eines Faustschlags gegen die damalige grüne Landtagsabgeordnete Daniela Schneckenburger – als Notwehr abgetan. Allerdings sind noch mehrere Verfahren gegen Neonazis anhängig – fast alle wegen Körperverletzung.
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Reader Comments
Melle
Die Partei wurde gewählt und hatte somit auch ein Recht auf Zutritt in das Rathaus, wer das verhindert der begeht nunmal den Straftatbestand der Nötigung. Wo ist das Problem?
Klaus Lohmann
@Melle: Nicht „die Partei“ wurde gewählt, sondern ein gewisser „SS-„, ähm „SA-Siggi“ (wie er sich ja selbst genannt sehen möchte) Borchert als Ratsherr. Und zum Zeitpunkt des Rathaussturms war dessen Wahl weder rechtsgültig noch durch Akklamation anerkannt. Insofern hatten die teilweise besoffenen Nazis nicht mehr Rechte, das Rathaus zu betreten, als jeder andere Bürger auch. Und da der verantwortliche Kämmerer den Nazis ein ganz legales Hausverbot erteilte, sind sie zurecht blockiert worden.
Wo ist jetzt *Ihr* Problem mit unserer Demokratie und Gesetzgebung?