Der Posten des Arbeitsdirektors bei den Städtischen Kliniken ist zweifellos ein turbulenter Job. In den letzten Jahren gab es rund um den Posten in der Chefetage einen „Verschleiß“, wie man ihn sonst nur von Trainern in der Bundesliga kennt. Zuletzt hatte Dr. Karsten Schneider den Posten inne, allerdings nur für etwa zwei Jahre. Jetzt bereitet sich ein ungewöhnlicher Kandidat vor, um den arbeitsintensiven Job in NRWs zweitgrößtem kommunalen Krankenhaus anzutreten.
Michael Kötzing soll sich zukünftig um die 5500 Beschäftigten kümmern
Der Nachfolger für den Job des Arbeitsdirektors steht in den Startlöchern: Michael Kötzing, Chef des Verdi-Bezirks Westfalen, will sich in Zukunft um die rund 5500 Beschäftigten, von Oberärzten über Pflegepersonal bis hin zu Putzkräften und Hausverwaltung kümmern. Ein überraschender Schritt – immerhin ist es nicht so häufig, dass ein Gewerkschafts-Chef aus dem Amt heraus in die Chefetage eines Klinikums wechselt.
Für den Posten des Arbeitsdirektors hat die Gewerkschaft ver.di das Vorschlagsrecht. In einer dreiköpfigen Findungskommission wurde ein Profil erstellt, das mögliche Bewerber:innen mitbringen müssen, berichtet Marvin Schlüter, Betriebsratsvorsitzender und Mitglied in der Kommission.
„Wir brauchen einen Kandidaten, der gut aufgestellt ist in der Frage der Mitbestimmung, in der Frage Betriebsverfassung, natürlich auch im Tarifrecht. Ganz wichtig ist aber auch die personelle Kompetenz“, so Schlüter.
Hinzu sei die gute Vernetzung von Michael Kötzing innerhalb der Stadt gekommen. In allen Feldern habe er überzeugt, dementsprechend hat sowohl die Findungskommssion als auch der Betriebsrat samt Vertrauensleuten einstimmig für ihn gestimmt.
Von Verdi-Chef zu Arbeitsdirektor: „Das ist kein Widerspruch“
Für die Entscheidung des ungewöhnlichen Jobwechsels ließ sich Kötzing rund anderthalb Wochen Bedenkzeit: „Natürlich ist das ein großer Schritt.“ Sofern er neuer Arbeitsdirektor werden sollte, ist das Verhältnis zwischen altem und neuem Job „kein Widerspruch“ betont Kötzing.
„Meine Haltung und meine Überzeugung, für die Beschäftigten dort etwas zu tun, wird sich durch die neue Funktion in keinster Weise verändern. Die Beschäftigten machen jeden Tag einen grandiosen Job für diese Stadt. Die haben es auch verdient, dass die Geschäftsführung einen grandiosen Job für sie macht“, so Kötzing.
Rückblick: Im Jahr 2020 wollte auch Jens Peick Arbeitsdirektor werden. Die Zustimmung der Arbeitnehmer:innen und des Aufsichtsrates hatte der 42-Jährige Sozialdemokrat bereits.
Gescheitert ist der heutige Dortmunder SPD-Vorsitzende damals am Gegenwind von Grünen, CDU und FDP/Bürgerliste – weil sich die Ablehnung der Fraktionen abzeichnete, zog der seine Bewerbung zurück. Der offiziell formulierte Grund für die Ablehnung: Peick habe zu wenig Personalführungserfahrung. Heute sitzt der 42-Jährige für die Sozialdemokraten als direkt gewählter Abgeordneter im Bundestag.
Der parteilose Gewerkschafter hat Rückhalt in vielen Fraktionen
Ein ähnliches Schicksal „droht“ Kötzing aber wohl nicht: „Der Grund trifft auf mich schlicht und einfach nicht zu. Ich bin seit 15 Jahren in Personalverantwortung. Ich habe jetzt im Bezirk 70 hauptamtlich Beschäftigte. Also in der Größenordnung eines mittelständischen Betriebes. Von daher ist Personal mein Tagesgeschäft“, erklärt Kötzing.
Zustimmen müssen jetzt noch zum einen der Aufsichtsrat des Klinikums, zum anderen der Dortmunder Stadtrat. Zwar ist der 47-Jährige vor sechs Jahren aus der SPD ausgetreten, dennoch gilt die Unterstützung der Sozialdemokrat:innen als sicher. Auch die Fraktion „Die Linke+“ wird sich höchstwahrscheinlich nicht gegen den Gewerkschaftschef stellen, ebenso die Grünen und die Partei.
Und auch der CDU sollte einiges daran liegen, wieder Stabilität in die Chefetage der städtischen Kliniken zu bringen. Eine Entscheidung über Kötzing als Arbeitsdirektor wird frühestens in der Ratssitzung am 14. Dezember erfolgen, eventuell aber auch erst in der Februar-Sitzung des höchsten kommunalen Entscheidungsgremiums.
„Keine vertrauensvolle Zusammenarbeit“ der ehemaligen Geschäftsführung
Nicht nur die Position des Arbeitsdirektors ist derzeit nicht vergeben, auch der Vorsitz der Geschäftsführung ist nach dem Aus von Marcus Polle im Juni diesen Jahres unbesetzt. Der Ex-Klinikchef war nur anderthalb Jahre im Amt und musste sich letztendlich der Stadt Dortmund als Gesellschafter und dem Aufsichtsrat beugen.
Ähnlich war es auch bei Ex-Arbeitsdirektor Dr. Karsten Schneider. Im März 2021 trat er den Job im Klinikum an, nach zwei Jahren und drei Monaten war im Juli 2023 auch für ihn Schluss. Der letzte Verbliebene des Geschäftsführungs-Trios ist der ärztliche Direktor und medizinischer Geschäftsführer Prof. Dr. Dr. Stefan Haßfeld.
Wie eingangs genannt ist die Einberufung in die Geschäftsführung des Klinikums oft sehr kurzlebig. Das Scheitern von Ex-Klinikchef Marcus Polle und Ex-Arbeitsdirektor Dr. Karsten Schneider sei wohl daran gescheitert, dass es „menschlich nicht passte zwischen den dreien und speziell zweien, die da waren. Und da hat es aus meiner Wahrnehmung keine vertrauensvolle Zusammenarbeit gegeben“, berichtet Kötzing.
Leicht wird es für Michael Kötzing keinesfalls. Die Probleme, nicht nur in den Städtischen Kliniken, sondern überall sind massiv: „So ein Krankenhaus, gerade so ein riesiges Krankenhaus wie dieses, hat natürlich mehr als Pflege. Da gibt es auch Verwaltung, da gibt es auch die Technik und die haben alle ihre eigenen Probleme.“
Viele Entscheidungen im Gesundheitswesen werden nicht kommunal, sondern von der Bundesregierung in Berlin oder der Landesregierung in Düsseldorf getroffen, das weiß auch Kötzing. „Man muss seinen Einfluss geltend machen auf unterschiedlichen Ebenen. Das gehört zu der Rolle auch dazu“, findet der 47-Jährige. „Langweilig wird mir also nicht.“
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Marc
Zu ihrer Aussage: In den letzten Jahren gab es rund um den Posten in der Chefetage einen „Verschleiß“, wie man ihn sonst nur von Trainern in der Bundesliga kennt.
Ich finde den diese Aussage weit hergeholt. Das der Geschäftsführer und der Arbeitsdirektor kürzer als geplant im Amt waren, kann passieren. Aber Sie schreiben als wäre es ein Dauerzustand, dass alle 1-2 Jahre ein Wechsel in der Chefetage vollzogen wird. Deshalb eine solche Aussage zu tätigen, kommt ja schon Didi Hamann gleich! Wenn wir schon in der Bundesliga sind.
Zudem ist es nicht akzeptabel Reinigungskräfte m/w/d in einen öffentlichen Artikel als Putzfrauen zu bezeichnen. Dies ist schon diskreditierend.
Mit freundlichen Grüßen