Idyllisch flattern die weißen Bändchen im Wind. Kunstvoll sehen die „Zäune“ aus, an denen sie hängen. Einzelne Aktive hängen sie gerade noch auf, da fangen Interessierte schon an, die kleinen Schildchen zu lesen. Was nach einer Kunstaktion aussieht, hat einen tödlichen Hintergrund: Auf jedem dieser weißen Streifen steht ein Mensch und sein Schicksal, der bei der Flucht nach Europa ums Leben kam. Ihnen setzt die Evangelische Kirche gemeinsam mit Flüchtlingsorganisationen aus Dortmund und dem Aktionsbündnis „Beim Namen nennen“ ein eindrucksvolles Zeichen. Ab dem heutigen Montag um 18 Uhr für 24 Stunden sogar rund um die Uhr – die Namen und Schicksale werden vorgelesen.
Das Aktionsbündnis „Beim Namen nennen“ fordert sichere Fluchtwege
Das stille Drama geht seit Jahren auf den Meeren und an den Grenzen Europas vor sich. Und findet nur gelegentlich in der Öffentlichkeit Beachtung. Seit 1993 sind 52.760 Kinder, Frauen und Männer beim Versuch, nach Europa zu flüchten, gestorben. Woche für Woche werden es mehr.
„Das liegt auch an der immer härteren Politik der Länder Europas. Diese Politik verhindert, dass Menschen legal in Europa einreisen und hier ein Asylgesuch stellen können. Sie müssen vor lebensgefährlichen Situationen fliehen und setzen ihr Leben aufs Spiel. Sie verharren in unwürdigen Flüchtlingslagern ohne angemessene Versorgung. Und ohne das Wissen, ob, wann und wie es für sie weiter geht“, heißt es im Aufruf zu der bemerkenswerten Aktion. Das Aktionsbündnis „Beim Namen nennen“ will das nicht länger akzeptieren und fordert sichere Fluchtwege!
Zum Aktionsbündnis, das mittlerweile in mehr als 17 Städten in Deutschland und der Schweiz aktiv ist, gehören die Ev. Stadtkirche St. Reinoldi, das Diakonische Werk, der Evangelische Kirchenkreis Dortmund, die Flüchtlingsinitiativen in Dortmund, privat Engagierte und andere Institutionen. Mit verschiedenen Aktionen und Veranstaltungen, und vor allem mit einem sichtbaren Mahnmal der Menschenwürde mitten in der Dortmunder Innenstadt vor der Reinoldikirche, gedenkt das Bündnis rund um den Weltflüchtlingstag der Opfer, die auf der Flucht an den Grenzen Europas gestorben sind.
Die Schicksale von 52.760 Menschen wurden akribisch recherchiert und dokumentiert
Der Termin ist nicht zufällig gewählt: Der 20. Juni ist der Weltflüchtlingstag: „Es geht darum, die Würde aller Menschen in den Blick zu nehmen – und auch die Rechte von Geflüchteten“, betont Pfarrererin Susanne Karmann. Gemeinsam mit Paul-Gerhard Stamm und vielen anderen Aktiven aus der Zivilgesellschaft, hängt sie die Namen auf. Auf den ersten Blick sind es unendlich viele. Dabei sind es „nur“ 6000 menschliche Schicksale.
Recherchiert und aufgeschrieben wurden noch viel mehr: 52.760 Menschen hat die Initiative „UNITED for Intercultural Action“ in Amsterdam akribisch zusammengetragen und recherchiert, die seit 1993 auf ihrer Flucht nach Europa gestorben sind. Die Dunkelziffer der Toten dürfte noch wesentlich größer sein – die Aktivist:innen gehen von der dreifachen Zahl von Toten aus.
Erstmals wurden die Stoffzettel 2019 beim Deutschen Kirchentag in Dortmund geschrieben, die an die einzelnen Schicksale erinnern. Mittlerweile haben sich zahlreiche Schulklassen und Berufskollegs, aber auch Vereine und Initiativen beteiligt. Rund 38.000 Streifen liegen in Dortmund vor. „Sie rücken die Menschen in den Mittelpunkt, die zu uns kommen, aber nicht angekommen und gestorben sind“, skizzierte Susanne Karmeier die Aktion.
Paul-Gerhard Stamm, Sprecher der Dortmunder Flüchtlingsinitiativen, hat für die Klassen und Gruppen Infopakete zusammengestellt, die neben den Namen und Schicksalen auch viele Infos zum Thema Flucht und Fluchtursachen enthalten. „Damit haben sie eine Grundlage, auf deren Basis sie die Namen schreiben. Vielen waren die Dimensionen des Sterbens gar nicht so krass bewusst“, so Karmeier. Das Gute ist die „breite Streuung“ – durch Aktionen in den Schulen erreichen sie auch die Jüngeren, die die Kirche oder auch manche Flüchtlingsinitiative nicht so erreicht.
„Das sind keine Zahlen, sondern Menschen mit Wünschen, Hoffnungen und Träumen“
Die Namen zu schreiben und auch zu lesen, das ist der Pfarrerin von St. Reinoldi ein Anliegen. Karmeier selbst hat auch Zettel geschrieben. Darauf stehen ihre Namen, wo sie herkamen, wie sie starben… „Das ist nicht auszuhalten. Das sind keine Zahlen, sondern Menschen mit Wünschen, Hoffnungen und Träumen. Sie haben alle eine Geschichte“, sagt Karmeier sichtlich bewegt.
Ebenfalls bewegt hat sie die große Resonanz auf die Aktionen. Sowohl war die Beteiligung beim Schreiben selbst angeht, aber auch beim Vortragen der Namen und bei der musikalischen Umrahmung.
Über 24 Stunden wird gelesen. Die 48 Slots für Vortragende als auch die 24 Zeitfenster für die Musik waren schon vor Wochen „ausgebucht“. Dabei ist das Vortragen nicht einfach, wie Nicole Schneidmüller-Gaiser, im Hauptberuf Pressesprecherin des Kirchenkreises, selbst erfahren musste. Sie hatte sich auf ihren Lesepart vorbereitet, dass die Namen, Infos und Abkürzungen stimmen. „Ich musste abbrechen und eine Pause machen, weil man die Schicksale liest. Ganze Familien wurden ausgelöscht – das geht einem so nahe. Oder Frau mit ungeborenem Baby. Das macht was mit einem.“
Viele Vortragende und Musiker:innen wollen bewusst ein Zeichen setzen. So sind beispielsweise viele Musiker:innen von der Philharmonie dabei. Beispielsweise ein Trio, welches heute Nacht um 2, 3 und 4 Uhr jeweils fünf Minuten spielen wird. Sie teilen es sich nicht auf, sondern das Trio wird so drei Mal auftreten. Auch die Liste der Vortragenden füllte sich schnell. Den Auftakt macht die Superintendentin, den Abschluss der Stadtdirektor. Dazwischen der Theaterchef und die Schauspiel-Chefin, alle Bürgermeister:innen, aber auch Aktive aus der Geflüchtetenarbeit und andere Menschen, die das Sterben im Mittelmeer nicht kaltlässt.
„Es ist bitter zu erleben, wie sich das Asylrecht verschärft“
Dabei stehen die Vorzeichen aktuell alles andere als gut: Erst in der vergangenen Woche sind mutmaßlich hunderte Geflüchtete vor Griechenland ertrunken. Doch die gesellschaftliche Stimmung verändert das nicht – zumindest nicht zu Gunsten der Flüchtlinge.
„Das ist frustrierend, weil man merkt, dass sich gesellschaftlich das Rad zurückdreht und immer mehr Menschen wollen, dass keine Flüchtlinge mehr kommen“, berichtet Paul-Gerhard Stamm. Das, was sich jetzt bei der Verschärfung des europäischen Asylrechts abzeichnet, ist bitter für die Aktiven, die sich mit viel Herzblut für die geflüchteten Menschen und ihre Integration einsetzen.
„Es ist bitter zu erleben, wie sich das Asylrecht verschärft.“ Doch beenden wird es das Fluchtgeschehen nicht. „Der Druck in den Heimatländern ist so wahnsinnig groß, dass sich die Menschen auf den Weg machen – egal wie sehr das Asylrecht verschärft wird“, glaubt Stamm.
Zahlreiche Veranstaltungen und die Ausstellung „Schau mich an – Gesicht einer Flucht“
Für ein besseres Verständnis wirbt bereits seit vergangener Woche eine Ausstellung zum Weltflüchtlingstag. Noch bis zum 23. Juni findet in St. Reinoldi in der Offenen Kirche „Schau mich an – Gesicht einer Flucht“ statt. Es ist eine Ausstellung über Flucht und Ankommen – Geschichten aus 75 Jahren. Die Initiatorin Geburgis Sommer führte bei der Eröffnung in und durch die Ausstellung.
Nach dem Auftakt der Aktionen mit einem Gottesdienst zum Weltflüchtlingstag unter dem Motto: „Sieh hin“ – „Sieh mich an“ – „Sieh nicht weg“ – „Ach, geh mir aus den Augen“ startet am heutigen Montag um 18 Uhr die große Aktion „Beim Namen nennen“. Das weitere Programm veröffentlichen wir unter dem Text.
Alle Veranstaltungen sind eintrittsfrei. Sämtliche gesammelte Spenden kommen der Dortmunder Hilfsorganisation „Grenzenlose Wärme – Refuggee Relief Work e.V.“ und dem Partnerprojekt „Collective Aid“ u.a. in Subotica und Belgrad zugute.
Möglich gemacht haben das eindrucksvolle Mahnmal der Menschenwürde auf dem Kirchplatz das Christliche Jugendorf am Standort Zeche Germania in Zusmamenarbeit mit Tischler Staffan Gettys von „Termitenbau“. Sie haben das große Gerüst geschreinert und aufgestellt. Zahlreiche Gruppen und Schulklassen haben sich zudem am Aufhängen beteiligt.
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Veranstaltungen zum Weltflüchtlingstag in Dortmund im Juni 2023
Ausstellung zum Weltflüchtlingstag
Bis zum 23. Juni in St. Reinoldi in der Offenen Kirche
„Schau mich an – Gesicht einer Flucht“ *mit Update
Eine Ausstellung über Flucht und Ankommen – Geschichten aus 75 Jahr
Videografisches Mahnmal der Künstlerin Miu-Wah Lok
Montag, 19. bis Freitag, 23. Juni // StadtKirchenForum an der Reinoldikirche – Tag und Nacht – Beginn mit dem Verlesen der Namen der Verstorbenen am 19. Juni ab 18 Uhr
Die Dortmunder Künstlerin Miu-Wah Lok – erfahren im Bereich Live-Visuals, Installationen, Objektdesign und 3D-Modelling – setzt sich mit den auf der Flucht nach Europa gestorbenen Menschen auseinander. Sie beleuchtet Einzelschicksale und macht sie in den Schaufenstern des StadtKirchenForums an St. Reinoldi für die Öffentlichkeit sichtbar. Schlägt so eine Brücke zwischen der Erinnerung an die in der Reinoldikirche verlesenen Namen und dem Protest im öffentlichen Raum, der wachrüttelt und zeigt, wie tödlich die Abschottung der Festung Europa wirkt. Mit Unterstützung des Kulturbüros der Stadt Dortmund und Grenzenlose Wärme e.V.
Kranzniederlegung am Denkmal für die Toten der See
Dienstag, 20. Juni 12 Uhr // vor dem Alten Hafenamt, Sunderweg 130, Dortmund
Die Dortmunder Flüchtlingsinitiativen und die Ev. Stadtkirche St. Reinoldi gedenken der Toten der See – besonders der Menschen, die auf der Flucht im Mittelmeer ertrunken sind. Bürgermeister Norbert Schilf und die Superintendentin des Ev. Kirchenkreises Dortmund, Heike Proske, sprechen Worte des Gedenkens. Schülerinnen und Schüler des Käthe-Kollwitz- Gymnasiums lesen Namen der im Mittelmeer ertrunkenen Flüchtlinge. Musik: Andreas Heuser und Kioomars Musayyebi
Circle of Silence «Wenn ich es wäre … » – Stummer Protest
Dienstag, 20. Juni, zwischen 14 und 14.30 Uhr vor der Reinoldikirche / Ostenhellweg
Eine halbe Stunde setzen wir schweigend ein Zeichen gegen die Ausgrenzung und das Vergessen von geflüchteten Menschen an unseren Grenzen und in unserer Gesellschaft. Stellen Sie sich dazu.
„ON OUR DOORSTEP“ Film und Gespräch mit Mitgliedern der NGO „No Border Medics e.V.
Dienstag, 19.30 Uhr // Kino sweetSixteen, Immermannstr. 29, 44147 Dortmund
Der Regisseur Thomas Laurance taucht mit seinem Film „ON OUR DOORSTEP“ tief in einen Bereich der scheiternden europäischen Asylpolitik ein, der die Presse kaum erreicht. Der Film wirft einen Blick hinter die Kulissen der außergewöhnlichen Basisbewegung, die sich für Geflüchtete in Calais einsetzte. Er bringt die Gemeinschaft ins Bild, die dort entstand, bevor sie 2016 gewaltsam aufgelöst wurde. Unglaublich kraftvoll und bewegend fängt der Film die Not und Menschlichkeit des Flüchtlingslagers von Calais ein.
Im Anschluss gibt es die Möglichkeit zum Gespräch mit zwei Mitgliedern der NGO „No Border Medics e.V.“. Sie bieten entlang der Ärmelkanalküste in Frankreich aktuell medizinische Versorgung an und sprechen über die aktuelle Situation dort.
„Diskrimierung im Alltag mutig begegnen!“ Mittwoch, 21. Juni 19 Uhr // Online via Zoom
Online-Vortrag mit Referent: Jürgen Schlicher (Antirassismustrainer, Diversity Trainer)
Wir alle können uns nicht davon freisprechen, Vorurteile zu haben und mit Vorannahmen zu arbeiten. Menschenfeindliche Sprache und Begriffe in den (sozialen) Medien und im gesellschaftlichen Sprachgebrauch verhärten das Bild. Ein vorurteilsbewusster Umgang kann Diskriminierungen zu einem Großteil verhindern – aber auch nicht komplett ausschließen. Wie begegnen wir Vorurteilen und Diskriminierung gegenüber Menschen, die aus ihrer Heimat geflüchtet sind, um einen sachlichen Diskurs zu führen.
Eine Kooperationsveranstaltung des Ev. Erwachsenenbildungswerks Westfalen und Lippe e. V. und der Konrad-Adenauer-Stiftung (Regionalbüro Westfalen).
Der Zoom-Link zur Veranstaltung wird Ihnen im Vorfeld per E-Mail geschickt. Anmeldung: felix.eichhorn(at)ebwwest.de oder beate.kaiser(at)kas.de
Benefizkonzert für «Ärzte ohne Grenzen» mit dem Transorient Orchestra und Orpheus XXI u.a.
Donnerstag, 22. Juni 19.30 Uhr // Ev. Pauluskirche, Schützenstr. 35, Dortmund
Santur, Oud, Ney und Darbuka im kreativen Dialog mit Bigband-Bläsersätzen, Gitarre, Bass, Violine, Schlagzeug und Percussion plus arabischem und türkischem Gesang. Das Transorient Orchestra unter der Leitung von Andreas Heuser bringt Orient und Okzident zusammen. Und zugleich erklingt der Soundtrack des Ruhrgebiet. Dazu singt der Chor Orpheus XXI auf Arabisch, Hebräisch, Syrisch, Türkisch, Persisch und mehr. Er wurde 2021 als Chor für das große Ensemble Orpheus NRW gegründet und arbeitet unter Anleitung von Rebal Alkhodari an einem neuen Klang, der zwischen neuer Heimat und Rückblenden auf arabische Musik hin und her schwingt. Der Sound kommt aus dem Iran und Afghanistan und allen Mittelmeerländern.
„Crianças – Kinder der Straße“ Eine Groteske in acht Bildern.
Straßen Theater von Studio 7 Freitag, 23. Juni 16 bis ca. 16.45 Uhr // vor der Reinoldikirche
Ein Kind, mit einer Puppe, versucht auf der Straße zu überleben, allein. Sein Inneres ist voller Musik. Es hungert. Es spielt und tanzt. Es ernährt sich vom dem, was ihm zugeworfen wird und stolpert durch den grotesken Traum von einer schöneren neuen Welt. Frei von Hunger und Gewalt. Ana Patricia Marioli führt mit ihrer wortlosen Präsenz durch Bilder vom Rand unserer Gesellschaft.
Interaktive Veranstaltung von Diaspora & Development
Freitag, ab 19 Uhr / Ort wird noch bekannt gegeben
Musik, Debatten, Diskussionen, Darstellungen, Gespräche, Gedichte und Künste. Im Blick: die Gefahren von Fluchtrouten, die Realitäten von illegaler Migration und die Geschichten von Menschen aus dem afrikanischen Kontinent auf ihrem Weg nach Europa
Licht & Stille / Totengedenken – Abendgebet & Segen & Beten. Für den Frieden
Freitag, 23. Juni 17:45 Uhr und 18 Uhr in St. Reinoldi
Zum Abschluss der Aktionstage zum Weltflüchtlingstag
Susanne Karmeier, Stadtkirchenpfarrerin an St. Reinoldi
Martina Jasper, Klavier
Alle Veranstaltungen sind kostenfrei. Was in diesem Jahr gespendet wird, unterstützt: die Dortmunder Hilfsorganisation Grenzenlose Wärme – Refugees Relief Work e.V. – Infos: www.grenzenlose-waerme.blog und ihr Partner-Projekt „CollectiveAid“: Das ist eine unabhängige Organisation, die u.a. in Subitoca und Belgrad aktiv ist. Sie setzt sich seit 2019 für Flüchtlinge und Migrant:innen in der Region an der ungarisch-kroatischen und rumänischen Grenze ein, die dort im Freien schlafen. Sie macht aufmerksam auf Verletzungen und Misshandlungen der Gelüchteten an den europäischen Grenzen. Infos: www.collectiveaidngo.org
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Organisation in Dortmund: CJD Standort Zeche Germania BvB P Maßnahme Schwerpunkt Holzwerken, Diakonisches Werk Dortmund und Lünen gGmbH, Diaspora & Development „D&D“ e.V., Ev. Erwachsenenbildungswerk Westfalen-Lippe, Ev. Kirchenkreis Dortmund/Referat Ökumene, Ev. Stadtkirche St. Reinoldi, ESG-Ruhr Ev. Studierendengemeinde, Kontaktstelle Ev. Jugend, Flüchtlingshilfe im Stadtbezirk Aplerbeck e.V., Flüchtlingspaten Dortmund e.V., Grenzenlose Wärme e.V., Konrad-Adenauer-Stiftung e.V. Regionalbüro Westfalen, Pauluskirche Ev. Lydia-Kirchengemeinde Dortmund, Projekt Ankommen e.V, Schulreferat des Ev. Kirchenkreis Dortmund, Termiten Bau/Staffan Gettys, TRAIN OF HOPE Dortmund e.V., VMDO Verbund der sozial-kulturellen Migrantenvereine in Dortmund e.V., privat Engagierte
Regionale Unterstützer:innen: Ev. Kirchenkreis Dortmund, Ev. Kirche von Westfalen, forum JUGEND! e.V., Gast-Haus – Ökumenische-Wohnungslosen-Initiative e.V., oikos- Institut für Mission und Ökumene, Referat für Gesellschaftliche Verantwortung des Ev. KK Dortmund, United4Rescue – Gemeinsam Retten e.V. , Welthaus e.V.
Schirmherrschaft von „Beim Namen nennen“ in Deutschland: Ratsvorsitzende der Ev. Kirche Deutschland und Präses der Ev. Kirche vonWestfalen, Annette Kurschus
Die Aktion «Beim Namen nennen» findet statt in Basel, Berlin, Bern, Braunschweig, Chur, Dortmund, Essen, Frankfurt, Genf, Kehl, Lausanne, Lörrach, Luzern, Neuchâtel, St. Gallen, Thun, Zürich in Kooperation mit UNITED for Intercultural Action http://unitedagainstrefugeedeaths.eu
Alle Mitveranstaltenden in Deutschland und der Schweiz siehe unter www.beimnamennennen.ch
Grundlage der Gedenkaktion am 20. Juni in der Reinoldikirche ist die List of Deaths – ein Projekt des Netzwerks „UNITED for Intercultural Action – European network against nationalism, racism, fascism and in support of migrants and refugees.
Schwarze Kränze für rot-grüne Bundestagsabgeordnete: Der VMDO ruft am Weltflüchtlingstag zum Protest gegen den „Asylkompromiss“ auf (PM)
Im Verbund der migrantischen Vereine in Dortmund, VMDO, hat der Asylkompromiss der Eu-Innenminister Enttäuschung und Empörung ausgelöst. „Dieser Kompromiss ist ein Kompromiss auf Kosten der Flüchtlinge“, erklärt der VMDO-Vorstand. Mit dem Recht auf Asyl hätten die neuen Grenzverfahren nichts mehr zu tun. Da werde nicht das Recht, sondern nur der Schein gewahrt. In Wahrheit gehe es darum, die bisher illegale Praxis des „Push-back“ zu legalisieren. Empörend findet der VMDO auch die Inhaftierung der Schutzsuchenden. Der Vorstand spricht von „Freiheitsberaubung“ und fragt: „Ist Flucht ein Verbrechen?“ Dass die EU-Innenminister noch nicht einmal Familien mit Kindern von der Haft verschonen wollten, zeige in aller Deutlichkeit, was diese Damen und Herren wirklich von „europäischen Werten und Menschenrechten“ hielten.
Besonders groß ist die Enttäuschung über Bundesinnenministerin Nancy Faser. Der VMDO erinnert an den Koalitionsvertrag mit dem Bekenntnis zur „humanitären Verantwortung und den Verpflichtungen, die sich aus dem Grundgesetz, der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK), der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) und dem Europarecht ergeben.“ Statt der erhofften Verbesserungen gebe es nun sogar noch eine Verschlechterung der Rechtslage. Dabei sei die derzeitige Lage schon katastrophal. Auch ohne den neuen Asylkompromiss koste die Abschottungspolitik der EU viele Flüchtende das Leben. Zigtausende seien schon im Mittelmeer ertrunken. „Wie viele sollen es noch werden?“, fragt der VMDO.
Am 20.6., dem Weltflüchtlingstag, will der VMDO vor den Büros der beiden Bundestagsabgeordneten Jens Peick (SPD) und Markus Kurth (Grüne) mit schwarzen Kränzen auf die Menschen aufmerksam machen, die dem Asylkompromiss zum Opfer fallen werden. Die Kranzniederlegung vor dem Büro von Jens Peick am Brüderweg 10-12 soll um 10.00 Uhr beginnen. Die Kranzniederlegung vor dem Büro von Markus Kurth am Königswall 8 ist ab 10.45 Uhr geplant. Der VMDO will seine Protestaktion gegen die Untergrabung des europäischen Asylrechts nicht als pauschale Ablehnung der beiden Regierungsparteien SPD und Grüne verstanden wissen. Er geht davon aus, dass es in beiden Parteien viele Mitglieder gibt, die sich für eine menschliche Flüchtlingspolitik einsetzen. Der VMDO lädt alle ein, sich an der Protestaktion zu beteiligen.
Nein zur Verschärfung des Asylrechts (PM Grüne)
Migration ist in Dortmund ein Teil der Stadtidentität. Arbeitsmigrant*innen oder Geflüchtete
– unsere Stadt wurde gemeinsam mit Menschen aus anderen Ländern aufgebaut und wird
heute in einem solidarischen Miteinander gestaltet.
Dabei ist der Zuzug von Menschen eine gesellschaftliche Herausforderung: Behörden sind
unterbesetzt, der Schulbetrieb nicht ausreichend ausgestattet und der Wohnungsmarkt an-
gespannt. Was es aktuell braucht sind Investitionen in die nötigen Strukturen um ein nach-
haltige Verbesserung der Rahmenbedingungen für alle Bürger*innen dieser Stadt zu schaf-
fen. Auf keinen Fall sollte diesen Herausforderungen mit einer Verschärfung des Asylrechts
begegnet werden.
Der Vorstand des GRÜNEN Kreisverbandes Dortmund lehnt die vorgeschlagene Reform des
EU-Asylsystems und die damit einhergehende erneute Verschärfung des Asylrechts klar ab.
“Dieser Asyl-Reform hätte die Bundesregierung nicht zustimmen dürfen. Denn dieser Kom-
promiss löst keine Probleme, greift aber die Menschenrechte substanziell an. Viele unserer
Mitglieder sind tief erschüttert. Haftähnliche Internierungen und die Einführung eines pau-
schalen Bewertungssystems für Schutzsuchende werden in Kauf genommen, für die voll-
kommen unrealistische Aussicht auf einen funktionierenden Verteilmechanismus, der bereits
jetzt schon von einigen europäischen Staaten abgelehnt wird.” erklärt Hannah Rosenbaum,
Sprecherin der Dortmunder GRÜNEN. “Dass sich die Mitgliedstaaten nicht einmal auf die
Ausnahme von vulnerablen Gruppen einigen konnten, ist der Europäischen Union, als Hab
mFriedensnobelpreisträgerin, unwürdig. Dass eine solche Entscheidung nach dem unwürdi-
gen “Asylkompromiss” von 1993 von der Bundesregierung mitgetragen wird, lässt uns ratlos
zurück.”
Heide Kröger-Brenner, Sprecherin der Dortmunder GRÜNEN, ergänzt: „Abschreckung und Un-
menschlichkeit werden die Zahl der Menschen nicht verringern, welche in Europa Hilfe su-
chen. Vielmehr wird nur die Zahl derjenigen steigen, die auf der Suche nach Schutz getötet
oder traumatisiert werden. Entscheidend ist, wie die Möglichkeiten vor Ort sind, um Ankom-
men und Zusammenleben zu gestalten. So ist es möglich, Schutzsuchenden menschenwür-
dige Perspektiven zu bieten. Dies sabotiert das GEAS, indem es den Bürger*innen spiegelt, es
gäbe einfache Lösungen für komplexe internationale Problemlagen.”
Der Kreisverband BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Dortmund wird sein Engagement für eine men-
schenrechtsbasierte Politik fortsetzen und unterstützt die Abgeordneten der Grünen Partei-
en im EU-Parlament ausdrücklich darin, sich mit ganzer Kraft für die notwendigen Verbesse-
rungen und Modifikationen einzusetzen.
Protest gegen Asylkompromiss: Schwarze Trauerkränze vor Büros der Bundestagsabgeordneten Jens Peick (SPD) und Markus Kurth (Die Grünen) abgelegt (PM)
Gestern haben Mitglieder des Verbundes der sozialkulturellen Migrantenvereine in Dortmund (VMDO) eine Protestaktion gegen den jüngst verabschiedeten Asylkompromiss durchgeführt. Als Zeichen des Protests wurden schwarze Trauerkränze vor den Büros der Bundestagsabgeordneten Jens Peick (SPD) und Markus Kurth (Die Grünen) niedergelegt. Die VMDO-Vorstandsvorsitzende Tülin Dolutas hielt vor Ort eine emotionale Rede, in der sie die Besorgnis der Organisation über die Auswirkungen des Asylkompromisses zum Ausdruck brachte.
Der Asylkompromiss hat bei Migrantenorganisationen wie dem VMDO und vielen Bürgern Besorgnis ausgelöst. Tülin Dolutas, die Vorstandsvorsitzende des VMDO, erklärte in ihrer Rede: „Es ist höchste Zeit für eine Zeitenwende in der Flüchtlingspolitik! Wir brauchen eine menschliche Politik. Zumindest eine menschlichere Politik – eine Politik, die wenigstens das elementarste Menschenrecht, das Recht auf Leben, respektiert! Was macht unsere Regierung? Sie redet viel von „wertebasierter Außenpolitik“ und „Menschenrechten“. Die Worte klingen schön. Was ist mit ihren Taten? Ist der neue Asylkompromiss ein Schritt in die richtige Richtung? Nein! Der Asylkompromiss ist ein Kompromiss auf Kosten der Flüchtlinge. Er wird ihre heute schon katastrophale Lage noch unerträglicher machen!“
Die schwarzen Trauerkränze vor den Büros der Bundestagsabgeordneten Peick und Kurth symbolisieren den Verlust von Menschlichkeit und Solidarität, den der VMDO durch den Asylkompromiss befürchtet. Die Aktion soll die Abgeordneten daran erinnern, dass sie eine Verantwortung haben, die Interessen und Rechte aller Bürgerinnen und Bürger zu vertreten.
Der VMDO appelliert an die Bundesregierung und die Abgeordneten, den Asylkompromiss zu überdenken und sicherzustellen, dass Deutschland eine humanitäre Asylpolitik verfolgt, die den Schutzbedürftigen gerecht wird.
„Beim Namen nennen“: Initiative zum Weltflüchtlingstag und Protest gegen das Unrecht (PM)
Mehr als 60.000 Menschen sind seit 1993 beim Versuch umgekommen, vor Armut, Krieg und Verfolgung nach Europa zu fliehen. Noch nie waren es so viele wie im vergangenen Jahr. Und das sind nur die recherchierten Todesfälle. Die Dunkelziffer ist vermutlich dreimal so hoch.
Mit der Initiative „Beim Namen nennen“ macht ein Dortmunder Aktionsbündnis, zu dem die Flüchtlingsinitiativen in Dortmund und kirchliche sowie zivilgesellschaftlich engagierte Gruppen, Institutionen und Privatpersonen gehören, auch dieses Jahr wieder auf das Leid und das Unrecht an den europäischen Außengrenzen aufmerksam. Eine Woche lang, vom 14. bis 21. Juni, setzen sie anlässlich des Internationalen Weltflüchtlingstags am 20. Juni ein eindrucksvolles Zeichen gegen das Vergessen dieses stillen Dramas an den Grenzen und auf den Meeren um Europa.
Wir werden wieder das Mahnmal der Menschenwürde in der Fußgängerzone vor und diesmal auch in der Reinoldikirche errichten. Es besteht aus vielen Tausend Stoffstreifen. Mit jedem wird eines auf der Flucht gestorbenen Menschen gedacht – Name, Herkunft, Fundort und Todesursache werden aufgeschrieben. Mehr als 30.000 solcher Streifen sind schon vor allem von Schüler:innen aus Dortmund und Lünen beschriftet worden. Und das Schreiben geht weiter, weil das Sterben nicht aufhört. Die Streifen werden an einer Installation auf dem Ostenhellweg aufgehängt und so mitten in der Fußgängerzone Dortmunds sichtbar gemacht. Jede:r kann sich spontan beteiligen. Wir freuen uns auf Begegnungen.
Wir lesen auch wieder unter beeindruckender Beteiligung 24 Stunden am Stück aus der Liste der Todesfälle die Namen der Toten vor – in der dafür Tag und Nacht geöffneten Reinoldikirche. Die ganze Stadtgesellschaft macht mit – vom Polizeipräsidenten Dortmunds bis zum Kulturdezernenten, von Bürgermeisterinnen verschiedener Parteien über den Theaterdirektor bis zum Vizepräsidenten der westfälischen Landeskirche und vielen mehr. Immer zur vollen Stunde ehren großartige Musiker:innen, auch von den Philharmonikern und Musik Dortmund, die Toten und ihr Leben.
Beim Namen zu nennen, bedeutet, der Toten zu gedenken. Es heißt aber auch, gegen den Tod und die Ursachen zu protestieren. Online und analog kann man sich für die Einhaltung und Wahrung der Menschenrechte und der Menschenwürde einsetzen und dazu das Manifest „Menschen schützen – auch an den Grenzen“ unterschreiben.
Dazu gibt es interessante Begleitveranstaltungen u.a. mit Professor Aladin El-Mafaalani und dem Künstler und Sea-Watch-Aktivisten Adrian Pourviseh.
Mehr Informationen unter St. Reinoldi: Weltflüchtlingstag (sanktreinoldi.de).