Die Mobilisierungskraft der Dortmunder Neonazis nimmt stetig ab

Die rechtsextreme Ruhrgebietstour am 1. Mai sorgte für antifaschistischen Gegenprotest

Es gab an den verschiedenen Standorten Protestaktionen gegen die Nazi-Veranstaltungen. Nordstadtblogger-Redaktion | Nordstadtblogger

Statt großer Aufmärsche – dafür fehlt das Mobilisierungspotential – nun mal wieder eine Ruhrgebietstour: In diesem Jahr versuchten sich die Dortmunder Neonazis des neu gegründeten Ortsverbands „Heimat Dortmund“ der „Nationaldemokratischen Partei Deutschlands“ (NPD) an einer Tour durch drei Ruhrgebietsstädte. Dagegen gab es antifaschistischen Protest.

„Kundgebungstour“ durch Recklinghausen und Lünen endete mit Demonstration in Dortmund

Der Tag der Arbeit am 1. Mai war neben dem Antikriegstag am 1. September einer der beiden Gedenk- und Aktionstage, die die Neonazis seit Jahren für ihre Zwecke zu instrumentalisieren und umzudeuten suchen. Bereits vor Wochen kündigte die „Heimat Dortmund“ in ihrem Telegram-Kanal an, für den 1. Mai 2023 eine Tour durchs Ruhrgebiet zu planen. Konkrete Orte veröffentlichte sie jedoch erst Ende vergangener Woche – womöglich aus Angst vor Gegenprotest.

Die Neonazis versammelten sich u.a. in Recklinghausen. Nordstadtblogger-Redaktion | Nordstadtblogger

Nach einer kurzen Sammelphase starteten zwei Reisebusse um 11 Uhr zur Bochumer Straße Ecke Theodor-Körner-Straße im Süden von Recklinghausen. Dort fand die erste Standkundgebung statt. Anschließend reisten die Neonazis in Richtung Lünen. Am frühen Nachmittag versammelten sie sich dort an der Münsterstraße.

Endstation war gegen 16 Uhr die Rheinische-Straße vor dem Versorgungsamt – unweit des Standortes des ehemaligen „Nationalen Zentrums R135″. Von dort aus zogen die Neonazis in Richtung Dorstfeld. Gegen 18 Uhr beendeten die Anmelder:innen den Demonstrationszug auf Höhe des Dorstfelder Hellwegs Ecke Wörthstraße. Die „Kundgebungstour durch’s Ruhrgebiet“ verlief laut Polizei weitestgehend störungsfrei und friedlich.

Überwiegend friedlicher Gegenprotest versuchte immer wieder die Neonazis auszubremsen

In Dortmund gab es auch eine Protest-Demonstration. Nordstadtblogger-Redaktion | Nordstadtblogger

In allen drei Ruhrgebietsstädten gab es Proteste gegen die Rechtsextremist:innen. In Dortmund hatte das antifaschistische Bündnis „BlockaDo“ eine ganztägige Veranstaltung am Dorstfelder Wilhelmsplatz angemeldet, an der an der Spitze laut Polizei etwa 115 Personen teilnahmen. Die Organisatorin:innen beendeten die Kundgebung gegen 18 Uhr.

Immer wieder kam es neben angemeldetem Protest auch zu spontanen Personenansammlungen, die sich lautstark gegen die rechten Veranstaltungen aussprachen und ihren Unmut kundtaten. An der Spitze beteiligten sich in Dortmund und Lünen rund 200 Personen am Gegenprotest.

Die Polizei zog trotz vier Strafanzeigen – eine Beleidigung, zwei Sachbeschädigungen und ein Kennzeichen-Diebstahls an Einsatzfahrzeugen – eine vorläufig positive Bilanz: Auch der antifaschistische Protest sei weitestgehend friedlich verlaufen.

Schwindende Organisations- und Mobilisierungskraft auf Seiten der Neonazis

Die Neonazis in der Lüner Innenstadt. Nordstadtblogger-Redaktion | Nordstadtblogger

Neu war neben der Art der rechtsextremen Veranstaltungen vor allem die geringe Teilnehmer:innenzahl. Während der 1. Mai traditionell von den Dortmunder Neonazis für ihre Zwecke als „Nationaler Tag der Arbeit – Arbeitsfrei seit 1933“ instrumentalisiert wird, nahmen in diesem Jahr nur rund 80 Neonazis an der „Ruhrgebietstour“ teil, für die bereits im Vorfeld geworben worden war. Im vergangenen Jahr belief sich die Zahl an Teilnehmenden der rechten Demonstration in Dortmund noch auf etwa 200 Personen.

Auffällig war auch, dass in den Reden der Neonazis mehrfach die aus anderen Kreisen wohl bekannte „Nazikeule“ verwendet wurde. Äußerungen á la „Na wenn das schon rechts ist, dann bin ich wohl ein Nazi“, hätten den Anschein erwecken lassen können, dass die Anwesenden zu Unrecht als militante Neonazis deklariert werden.

Diese Strategie ähnelt dem neuen Medienplan der Dorstfelder Nazis, die darauf abzielt, den rechtsextremen Gewalttäter Steven F.  als netten Nazi von nebenan darzustellen. Von welchen Wunschvorstellungen die Dorstfelder Nazis insgeheim träumen, wurde jedoch immer wieder sichtbar. Ein Redner mahnte im Zuge seiner Abschlussrede vor Krisen, denn historisch sei nachvollziehbar, dass Rechte in Krisenzeiten Zulauf bekämen. Dann könne man endlich „mit einem groben Besen aufräumen“.

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Reaktionen

  1. Rechtsextremismus in Dortmund – eine Stadt wehrt sich (PM)

    Mittwoch, 24. Mai 23, 18-20.15 Uhr
    Ort: St. Reinoldi, Ostenhellweg 2, 44135 Dortmund
    Leitung: Friedrich Stiller (Pfarrer), Sabine Fleiter (Dipl.-Pädagogin, Arbeitskreis Christ:innen gegen Rechtsextremismus)

    Dortmund, so könnte man sagen, hat ein doppeltes Problem mit dem Rechtsextremismus. Zum einen gibt es seit Jahren eine besonders dynamische, bundesweit bekannte Szene, die hier ihr Unwesen treibt. Zum anderen wird in den Medien immer wieder behauptet, Stadt und Bürgerschaft hätten zu lange weggeschaut. Aber stimmt das? Und was tut sich eigentlich aktuell am rechten Rand?

    Der Rundgang führt in zwei Stunden durch die Dortmunder Innenstadt, vom Platz der alten Synagoge über das Rathaus, die Stadtkirche St. Reinoldi bis zum Gedenkstein für die NSU-Opfer am Bahnhof. Er zeigt, warum diese Orte für rechtsextreme Umtriebe stehen und erläutert dabei die Strategie der Nazigruppen. Zugleich erzählt er die Geschichte der Gegenwehr von Stadt und Zivilgesellschaft bis heute an vielen Beispielen. Alle Stationen werden durch großformatige Bilddokumente illustriert.

    Die Veranstalter behalten sich vor, von ihrem Hausrecht Gebrauch zu machen und Personen, die rechtsextremen Parteien oder Organisationen angehören, der rechtsextremistischen Szene zuzuordnen sind oder bereits in der Vergangenheit durch rassistische, nationalistische, antisemitische oder menschenverachtende Äußerungen in Erscheinung getreten sind, den Zutritt zur Veranstaltung zu verwehren oder sie von dieser auszuschließen.

    Gebühr: 10,00 €
    Anmeldeende: Mittwoch, 17.05.23
    Anmeldung hier: http://www.bwdo.de

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