Das Deutsche Fußballmuseum und Amnesty International haben bei einer gemeinsamen Veranstaltung in Dortmund unter dem Titel „Frau. Leben. Freiheit“ auf die prekäre Menschenrechtslage und die Revolutionsbewegung im Iran aufmerksam gemacht. Im Fokus standen dabei insbesondere die Schicksale iranischer Sportlerinnen und Sportler, die sich aktiv an den seit Monaten anhaltenden Protesten im Land gegen das Mullah-Regime beteiligen. Ihnen drohen lange Haftstrafen oder sogar die Hinrichtung.
Fußballer Ali Karimi musste fliehen, weil sein Leben im Iran gefährdet war
Im Podiumsgespräch forderten Katja Müller-Fahlbusch, Nahost-Expertin für Amnesty International Deutschland, Mariam Claren, Tochter einer politischen Gefangenen im Iran, und der bekannte iranische Spielerberater Reza Fazeli, den öffentlichen Druck auf das Regime aufrechtzuerhalten.
Vorgestellt wurde darüber hinaus die Geschichte der langjährigen Kapitänin der iranischen Frauen-Nationalmannschaft Niloufar Ardalan, die trotz massiver Beschränkungen bis heute eine Fußballschule für junge Mädchen in Teheran betreibt.
Per Videobotschaft zugeschaltet war der frühere Bundesligaspieler von Bayern München und Schalke 04 Ali Karimi, der als einer der führenden Aktivisten der Revolutionsbewegung in die USA flüchten musste, weil sein Leben im Iran akut gefährdet war.
„Der Kampf für die Frauen- und Menschenrechte braucht eine permanente Unterstützung“
Der ehemalige iranische Weltklasse-Judoka Vahid Sarlak erzählte davon, wie er von seinem Verband und der Regierung dazu genötigt worden sei, Kämpfe absichtlich zu verlieren, ehe es zu einem Duell mit einem israelitischen Sportler gekommen wäre. 2009 entschloss sich Sarlak, nach der WM in Rotterdam nicht in seine Heimat zurückzukehren.
Claudia Roth, Staatsministerin für Kultur und Medien, äußerte als Schirmfrau der Veranstaltung in ihrer Video-Grußbotschaft: „Der Kampf für die Frauen- und Menschenrechte braucht eine permanente Unterstützung. Wir müssen immer wieder deutlich machen, dass wir an der Seite der mutigen Menschen im Iran stehen. Deshalb gilt mein besonderer Dank dem Deutschen Fußballmuseum und Amnesty International für diese Veranstaltung, die beweist, wie wichtig die Verbindung von Sport, Politik und Kultur ist und wie sie tatsächlich gelingen kann.“
Museumsdirektor Manuel Neukirchner sagte bei seiner Begrüßung: „Es ist ein trauriges Zeichen in unserer Welt, dass die Proteste im Iran in der aktuellen Nachrichtenlage schon wieder ziemlich in den Hintergrund getreten sind. Dazu sorgt das Mullah-Regime mit aller Brutalität dafür, dass kaum noch Bilder der Proteste außer Landes gehen, sodass wir heute wenig direkte Zeugnisse von ihnen sehen können. Es gibt sie aber weiter. Und deshalb wollen wir diesen mutigen Menschen heute Abend eine Stimme geben.“
Menschenrechtsverletzungen anprangern: „Der Sport ist nicht unpolitisch“
„Meine Hoffnung ist, dass die Frau-Leben-Freiheit-Revolution das erreicht, was die Mehrheit der Menschen im Iran hofft. Es ist unerlässlich, dass wir Jina Mahsa Amini und allen anderen Menschen, die ihr Leben für diese Revolution verloren haben, unseren Respekt erweisen“, betonte Ali Karimi.
Katja Müller-Fahlbusch ergänzt: „Der Sport ist nicht unpolitisch. Dort, wo es in der Welt zu Menschenrechtsverletzungen kommt, ist es die Mindestanforderung an Vereine und Verbände wie DFB und FIFA, auf die Missstände hinzuweisen. Öffentlichkeit zu schaffen, ist ein zentraler Hebel, um die Chance auf Veränderungen zu erhöhen.“
„Man darf einfach nicht wegschauen. Die Protestbewegung im Iran ist ein Kampf der Liebe und Zivilisation gegen die Barbarei. Ich bin mir ziemlich sicher, dass die Liebe am Ende gewinnen wird“, betont Reza Fazeli.
Politische Patenschaften sind das Sprachrohr der Inhaftierten
„Wir benötigen Netzwerke in die Gefängnisse hinein. Politische Patenschaften sind das Sprachrohr der Inhaftierten. Sobald ihre Namen bekannt werden, erhalten sie bessere Bedingungen. Sie werden beispielsweise medizinisch versorgt und dürfen mehr telefonieren“, findet Mariam Claren.
Prominente Unterstützung erfuhr die Veranstaltung im Deutschen Fußballmuseum u.a. durch die deutsch-iranische Schauspielerin Jasmin Tabatabei und ihren Lebensgefährten Andreas Pietschmann, die iranische Schauspielerin und Berlinale-Jury-Mitglied Golshifteh Farahani, den iranischen Filmemacher Farschid Ali Zahedi sowie von Fußball-Nationalspieler Emre Can und Ex-BVB-Trainer Peter Bosz, die beide von Reza Fazeli beraten werden.
Am Ende des Abends kam es zu einer eindrucksvollen und bewegenden Geste: Zu den Klängen von „Baraye“, der Hymne der iranischen Protestbewegung, erhoben sich Podium und Publikum von ihren Sitzen. Viele der Anwesenden zeigten dabei das Victory-Zeichen.