Anlässlich des 40jährigen Bestehens des Künstlerhauses lädt die aktuelle Ateliergemeinschaft ehemalige Mitglieder ein und verspricht einen „lebhaften wie umfangreichen Überblick über aktuelle Produktionen, die einmal im Haus ihren Ursprung genommen haben.“ Mit der Eröffnung der Jubiläumsausstellung vollzieht sich auch ein Wechsel in der Geschäftsführung. Nach fast 25 Jahren geht Peter Schmieder in den Ruhestand – für ihn kommt Pia Wojtys.
„Ich hätte nie gedacht, dass es forever sein würde.“
Am 15. Oktober 1998 hat Peter Schmieder, den alle eigentlich Pit Schmieder nennen, den Job im Künstlerhaus angetreten. Seitdem ist er Geschäftsführer, Kurator, aber auch „Hausmeister und Grüß-Onkel“ (O-Ton Schmieder).
Was zunächst als befristete „Arbeitsbeschaffungsmaßnahme“ begann, wurde eine lange Geschichte. Das war so nicht geplant. „Ich war total happy als klar war, dass ich den Job bekomme“, erinnert sich Schmieder, „auch wenn er zunächst auf drei Jahre befristet war.“ Es wurden weitere drei Jahre und noch mal drei Jahre und „ich hätte nie gedacht, dass es forever sein würde.“
Mit der Jubiläumssausstellung in die Geschichte eintauchen
Nun ist Schmieder in Rente, eigentlich. Ein Baby kam dazwischen. Kein weiterer Enkel, sondern das seiner Nachfolgerin Dr. Pia Wojtys.
Ab April können sie nun verstärkt gemeinsam den Übergang gestalten und die Jubiläumsausstellung kommt wie gerufen, um zusammen in die Geschichte einzutauchen.
Zwanzig Künstler:innen stehen für die große Bandbreite des Künstlerhauses: geografisch von Amsterdam über Dortmund und NRW, Kiel, Leipzig, Berlin, dem schweizerischen Biel bis nach Tokio – und in den Sujets. Zeichnung, Malerei, Fotografie und Film oder auch Installationen sind zu sehen.
Wer erinnert sich? Das Künstlerhaus war Drehort für „Balko“
Eine der ersten Ausstellungen von Pit Schmieder trug den Titel „Breaking down the House“ und An Seebach, die auch in der Jubiläumsausstellung vertreten ist, nahm das sehr wörtlich. „Sie hat damals die Wände abgeschliffen und es entstanden tolle Muster. Da kam ein Orange zum Vorschein, an das sich kaum noch einer erinnerte.“
Es war das Orange, das das Setting der Krimiserie „Balko“ geprägt hat, die bis Ende der 90er Jahre im Künstlerhaus gedreht wurde. Dann beschloss RTL die Räume im Kölner Studio nachzubauen, inklusive der Kellertreppe. Ob das „doppelte Künstlerhaus“ noch irgendwo existiert?
Radikal ging es weiter und mit „Time to Say Goodbye“ konnte Schmieder erste eigene Akzente setzen. Künstler:innen waren aufgerufen Werke zu bringen, von denen sie sich trennen wollten – alles wurde geschreddert und es entstanden kleine Päckchen, als Edition. Eins davon hat Pit Schmieder noch immer daheim.
„Im Künstlerhaus kann man richtig abrocken.“
Hat er jemals bereut so lange geblieben zu sein? „Nein. Natürlich habe ich mich auch einmal auf andere Positionen beworben, aber Spaß hat mir der Job immer gemacht.“
Die große Chance im Künstlerhaus sei, dass man hier mit den Räumen arbeiten kann. Man kann machen was man will, auch nachts, „man kann so richtig abrocken“.
Und man ist beteiligt an den Entwicklungen, nah dran an den Künstler:innen und nah an den Prozessen, das hat ihm immer gefallen.
Wojtys hat mit ihrer Vielseitigkeit überzeugt
Gar nicht leicht, wenn man auf so eine Position folgt, oder? Pia Wojtys lacht. Sie ist gut aufgestellt und weiß, worauf sie sich einlässt.
Wojtys hat an der Düsseldorfer Kunstakademie Malerei studiert, hat einen Master in Kulturmanagement und umfangreiche Erfahrungen in freier Projektarbeit.
Mit dieser Vielseitigkeit hat sie im Bewerbungsgespräch überzeugt. Wie Pit Schmieder ist auch sie keine Theoretikerin. Niemand, der immer am PC sitzt, nur kuratieren möchte und nicht anpacken kann.
„Die DIY-Atmosphäre im Künstlerhaus hat mich gereizt.“
Die „DIY Atmosphäre im Künstlerhaus hat mich gereizt und ist mir sympathisch“, so Wojtys. „Hier hat man noch Möglichkeiten und kann neue Wege gehen.“ Pläne hat sie noch nicht, will beobachten, Leute kennenlernen und „die vibes aufsaugen“.
„Wichtig ist mir, dass ich auch kuratorische Kompetenz einbringen kann“, erklärt sie. Von den in der Regel sechs Ausstellungen pro Jahr möchte sie zwei auch selbst gestalten. Natürlich in Abstimmung mit dem Team. Ihre erste selbst kuratierte Ausstellung ist für Dezember zu erwarten.
Das Künstlerhaus ist in der Nordstadt genau richtig
Spielt es eine Rolle, dass das Künstlerhaus in der Nordstadt ist? Wojtys wohnt in Bochum und kennt die Nordstadt und ihre Probleme aus der Presse, aber „ich möchte mir selber ein Bild machen.“ Pit Schmieder ist dankbar, dass dieses Haus hier ist und nicht in der City: „Projekte wie dieses wären in anderen Vierteln längst Geschäftsinteressen geopfert worden, da bin ich sicher. Hier an der Grenze von Nordstadt und City sind wir genau richtig, ein wenig wie ein blinder Fleck.“
Man habe immer versucht durch Angebote auch ins Viertel hineinzuwirken. Früh gab es Zeichenkurse, später auch Aktionen direkt im Quartier, aktuell Kooperationen mit der Lessing Grundschule oder das Gartenprojekt „7000 Schmetterlinge“.
Das Viertel hat sich verändert, aber das Publikum war immer da. „Profitiert haben wir vor allem vom Umbau der Museumslandschaft in 2010,“ weiß Schmieder. Das U wurde gebaut, das Musem und der Kunstverein zogen um, jetzt ist alles näher zusammengerückt und „das hat den Weg für Kooperationen geebnet.“
Etwas geht, etwas bleibt, etwas Neues beginnt
Kooperationen, Teamwork – dafür steht Pit Schmieder auch über Dortmund hinaus. Die Initiative der „Kunstvereine Ruhr“ hat er mit angestoßen, Residence-Netzwerke aufgebaut, auch international. Kann er nun loslassen? „Auf jeden Fall. Ich freu mich, dass ich etwas übergeben kann und Pia nun etwas Neues beginnt. Aber ich freu mich natürlich auch, wenn etwas bleibt.“
Dankeschön für fast 25 Jahre Engagment für die Kunst in Dortmund, lieber Pit Schmieder und Herzlich Willkommen Pia Wojtys.
Weitere Informationen
- GO:40 – 40 Jahre Künstlerhaus Dortmund, 1. April bis 14. Mai 2023
- Eröffnung am Freitag, den 31. März, 20 Uhr mit einem Grußwort von Bürgermeisterin Barbara Brunsing
- Große Jubiläumsfeier am Samstag, den 22. April, 14 – 24 Uhr, Live-Musik, DJ, Performance & Tischtennis; Eintritt frei
- Mehr Infos:kh-do.de/
Mehr zum Thema bei nordstadtblogger.de:
Dreißig Jahre Künstlerhaus: Jeder macht, was er will, der „Ausnahmezustand“ macht’s möglich