Die Stadt Dortmund kauft die Flächen vom Projektentwickler zurück

Der Traum von „World of Walas“ am Hochofen auf Phoenix-West ist mit dem Visionär gestorben

Der ehemalige Hochofen ist das Herzstück von Phoenix-West. Die Stadt kauft das Areal nun zurück. Foto: Alexander Völkel für Nordstadtblogger

Es war eines der großen Leuchtturm-Projekte, bei dem Begriffe wie Vision, Innovation und Internationalität mitschwangen. Doch der Traum von „World of Walas“, den ehemaligen Hochofen auf Phoenix-West, sowie das benachbarte Schalthaus 101 sowie das Baufeld 13 unter anderem zu einem „ World Innovation Center“ zu entwickeln, ist ausgeträumt. Nun hat die Stadt die Grundstücke zurückgekauft.

Nachhaltige Stadtentwicklung war die große Leidenschaft des visionären Holländers

Der Holländer Gerben van Straaten war Geschäftsführer des Phoenix-West-Investors „World of Walas“. Foto: Alexander Völkel für Nordstadtblogger.de

Das Ende der Pläne kommt nicht überraschend. Seit mehr als einem Jahr pfiffen es die Spatzen von den Dächern (oder besser dem Skywalk), dass das Projekt tot sei – und das nicht nur sprichwörtlich. Entscheidend dabei war der überraschende Tod von Gerben van Straaten – der Gründer und Chef des kanadisch-niederländischen Projektentwicklers „Walas Europe B.V.“ (World of Walas) starb im Frühjahr 2021 im Alter von nur 59 Jahren.

Nachhaltige Stadtentwicklung – das war die große Leidenschaft des in Nijverdal in der niederländischen Region Twente geborenen Visionärs. Der Strukturwandel des Ruhrgebiets inspirierte ihn zu neuen Ideen für die alten Industrieanlagen auf Phoenix-West in Dortmund. Unter dem Titel „The Fourth Wave“, der die vierte Welle des Strukturwandels im Ruhrgebiet bzw. in der Stadt Dortmund repräsentieren sollte, sollte auf dem Gelände ein wirtschaftliches Kompetenzzentrum für Kunst, Kultur, Start-ups und vieles mehr entstehen.

„Die 4. Welle“ heißt das Projekt, das einen Neubau durch den denkmalgeschützen Hochofen vorsieht.
„Die 4. Welle“ heißt das Projekt, das einen Neubau durch den denkmalgeschützen Hochofen vorsieht. Visualisierung: World of Walas

Tradition und Innovation sollten eine symbiotische Verbindung eingehen, in dem die alten, zum Teil denkmalgeschützten Gebäude erhalten bleiben und neuen Nutzungskonzepten unterworfen werden. Hierbei legte das Walas-Team großen Wert darauf, ökologisch und ökonomisch nachhaltig und zukunftsorientiert zu arbeiten bzw. zu entwicklen.

So sollte Anschluss an die lokale Wirtschaft gewährleistet werden und das Walas-Unternehmen, das rund 75 Millionen Euro in den Standort investieren wollte, wollte sich selbst langfristig in Dortmund etablieren und zu einem Teil der neu entstehenden Community auf Phoenix-West werden, als 2018 der Kauf besiegelt und die Pläne vorgestellt wurden, die international viel Beachtung fanden.

„Zu schön um wahr zu sein“, „Hirngespinst“ und „wirtschaftlich nicht machbar“

Auch das Schalthaus 101 hat die Stadt gekauft – hier sollte das „World Innovation Center“ entstehen. Foto: Alexander Völkel für Nordstadtblogger.de

Doch diese Träume sind geplatzt. Spätestens als Pascal Ledune – einst stv. Chef der Dortmunder Wirtschaftsförderung und dann zu „World von Walas“ gewechselt – dem Unternehmen den Rücken kehrte und im Mai 2022 neuer Chef der Wirtschaftsförderung in Hamm wurde, war das Ende offensichtlich.

Laut aussprechen wollte es damals noch niemand. Zu groß waren die mit dem Leuchtturmprojekt verbundenen Hoffnungen. Einstige Kritiker:innen und Skeptiker:innen dürften sich bestätigt fühlen: „Zu schön um wahr zu sein“, „Hirngespinst“ und „wirtschaftlich nicht machbar“ waren Stimmen, die seit 2018 immer mal wieder offen oder hinter vorgehaltener Hand zu hören waren.

Die alte „Spinnerei Oosterveld“ von Walas bei Enschede war eines der Referenzobjekte für die Pläne auf Phoenix-West.
Die alte „Spinnerei Oosterveld“ von Walas bei Enschede war eines der Referenzobjekte für die Pläne auf Phoenix-West. Foto: Alexander Völkel für Nordstadtblogger.de

Doch das musste nichts heißen – die hatte es auch bei anderen „Leuchttürmen“ wie dem Phoenixsee gegeben, die bekanntlich sehr erfolgreich realisiert wurden.  Daher war der Glauben an die „Vierte Welle“ berechtigt – Walas hatte mehrere Projekte erfolgreich umgesetzt.

Zudem war Gerben van Straaten ein gefragter Experten im Bereich der nachhaltigen Stadtentwicklung, der auf internationalen Konferenzen sprach und sich regelmäßig mit Regierungen, Organisationen und Expertennetzwerken für das gemeinsame Ziel einsetzte, eine gerechtere, friedlichere und nachhaltigere Welt zu schaffen.

Nun soll das TechnologieZentrumDortmund die Entwicklung steuern

Für Projektentwickler eine Herausforderung. Foto: Alexander Völkel für Nordstadtblogger

Doch in Dortmund wird das so nicht (mehr) passieren: Die Stadt Dortmund hat vom Unternehmen „Walas Europe B.V.“ die Grundstücke Schalthaus 101, die Hochofen-Anlage sowie das westlich des Hochofens angrenzende Baufeld 13 (dort findet das Open-Air-Kino statt) auf Phoenix-West gekauft.

Der Kauf erfolgte über das Sondervermögen Verpachtung Technologiezentrum Dortmund (SVTZ). Das TechnologieZentrumDortmund wird die weitere Entwicklung der Flächen künftig steuern. 

Der Kaufvertrag wurde unter Vorbehalt eines entsprechenden Ratsbeschlusses und der Zustimmung durch NRW Urban, der vorherigen Grundstückseigentümerin, geschlossen. Am Dienstag (10. Januar 2023) hat sich der Verwaltungsvorstand mit diesem Thema befasst.

Wirtschaftsfördererin Heike Marzen
Wirtschaftsfördererin Heike Marzen

„Der Wiederverkauf durch Walas Europe B.V. ist in guten, konstruktiven und vor allem harmonischen Gesprächen zustande gekommen. Das Unternehmen bedauert zutiefst, dass es seine Ideen nicht mehr so entwickeln kann, wie es der Standort Phoenix-West verdient“, sagte Heike Marzen.

„Durch den Kauf dieses Herzstückes von PHOENIX West können wir nun die Anforderungen der Wirtschaft wie auch der Stadtgesellschaft direkt in die aktive Entwicklung dieses Standortes einfließen lassen“, so die Geschäftsführerin der Dortmunder Wirtschaftsförderung und Betriebsleiterin des SVTZ.

Der Wirtschaftsstandort Phoenix-West hat sich gut etabliert 

Dirk Stürmer ist Geschäftsführer des TechnologieZentrumDortmund.
TZDO-Chef Dirk Stürmer Foto: Screenshot

Nun wird es wohl einen deutlich bodenständigeren Ansatz geben: Diese schwierige Aufgabe fällt nun Dirk Stürmer, Geschäftsführer des TechnologieZentrumDortmund, zu.

„Mit dieser neuen Rolle und den damit verbundenen Möglichkeiten sind wir nun in der Lage, das Erfolgsmodell Technologiepark Dortmund am Standort Phoenix-West fortzuführen“, zeigt er sich betont optimistisch.

Phoenix-West hat sich gut entwickelt. Foto: Alexander Völkel für Nordstadtblogger

Wann und vor allem wie sich das markante „Herzstück“ überhaupt entwickeln lässt, ist aber noch völlig offen.

„Wir müssen schauen, wo wir stehen“, so Stürmer. Der Standort sei wunderbar etabliert – zumindest um die markante und denkmalgeschützte Landmarke der Hochöfen herum.

Expertise hat das Technologiezentrum: „Wir waren ja auch an Technologie-Fokussierung auf Phoenix-West seit 2005 beteiligt. Daher haben wir einen sehr guten Blick auf die Standortentwicklung und haben sie begleitet – als Impulsgeber und als Flächenpionier“, erinnert Dirk Stürmer. „Es ist schlüssig, dass wir jetzt daran weiterarbeiten und das Herzstück in die Entwicklung führen.“

Gleicht die Hochofen-Entwicklung der „Quadratur des Kreises“?

Wie kann man den „rostigen Riesen“ neu – und vor allem wirtschaftlich – nutzen? Diese Frage muss nun das TechnologieZentrumDortmund beantworten. Foto: Alexander Völkel für Nordstadtblogger

Doch genau das ist das Problem: Nicht ohne Grund wurde bislang das große stählerner Koloss bislang nicht entwickelt. Außer „World of Walas“ fehlte bislang jedem Projektentwickler eine Idee, wie man diese 56.000 Quadratmeter große und sehr spezielle Fläche mit einem großem Altbestand unter den Rahmenbedingungen des Denkmalschutzes wirtschaftlich entwickeln könnte.

„Wir müssen die Entwicklung der letzten Jahre bewerten. Wir verfolgen nach wie vor einen ganzheitlichen Ansatz, integriert in die Standortstrategie“ äußert sich Stürmer bewusst inkonkret. Es brauche jetzt erst mal eine Analysephase, was wirklich realisierbar sei. „Es soll kein einzelner Leuchtturm werden, sondern soll eine wirtschaftliche Tragfähigkeit bekommen.“ 

Phoenix-West hat sich gut entwickelt – zumindest um den Hochofen herum. Foto: Alexander Völkel für Nordstadtblogger

Daher wolle man ein „an Bedarfen abgestimmtes Konzept“ entwickeln und sehen, ob und wie Erhalt, Umbau und Erweiterung des denkmalgeschützten Altbestandes möglich sei – das klingt ein Stück weit wie die Quadratur des Kreises.

Geprüft werden soll, ob auch Ideen von Walas aufgegriffen werden können – Stichworte sind dabei neue Technologieansätze wie „Urban Gardening“ und „Aquaponik“.

Das Thema der Internationalisierung will das TechnologieZentrum aufgreifen: „Ein internationales Transferzentrum ist ein spannender Ansatz – wir müssen sehen, wie und ob das fortführbar ist“, so Stürmer. Klar ist bisher nur eins: Der „Skywalk“ wird auf jeden Fall weitergeführt – er erfreut sich nationaler wie internationaler Beliebtheit. 

Hintergrund: 

  • Das TZDO ist als Impulsgeber gleich mit zwei Kompetenz- und Anwendungszentren auf Phoenix-West vertreten.
  • In der MST.factory dortmund und im Zentrum für Produktionstechnologie Dortmund sind insgesamt über dreißig junge, innovative Hightech-Firmen ansässig.
  • Im Umfeld der Zentren haben sich zahlreiche Unternehmen niedergelassen, so beispielsweise die Firmen Amprion, Albonair, Bechtle IT.
  • Weitere Unternehmen, wie beispielsweise Materna, sind gerade dabei, ihre Bauvorhaben dort voranzutreiben.
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Fotostrecke: Der „Rostige Riese“ – Einblicke und Ausblicke:

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