Reaktion auf Arbeitsbedingungen, zunehmenden Druck und „Prime Days“

Immer mehr Amazon-Beschäftigte treten in den Streik: Tarifverträge und Entfristung gefordert

Immer mehr Amazon-Beschäftigte treten in den Streik.
Immer mehr Amazon-Beschäftigte treten in den Streik. Rund 500 sind es jetzt in Dortmund und Werne. Foto: Alexander Völkel für Nordstadtblogger.de

Dicke Luft bei Amazon: Das Streikgeschehen in den Logistikzentren in Dortmund und Werne breitet sich aus. Mehrere hundert Beschäftigte haben auf Aufforderung der Dienstleistungsgewerkschaft ver.di für mehrere Tage die Arbeit niedergelegt. Der Streik findet im Vorfeld des „Prime Day“ statt. Amazon veranstaltet den „Prime Day“ erstmals zum zweiten Mal in diesem Jahr.

Forderung nach Anerkennung der Flächentarifverträge des Einzelhandels

Silke Zimmer ist Fachbereichsleiterin der Dienstleistungsgewerkschaft ver.di für den Handel in NRW.
Silke Zimmer ist Fachbereichsleiterin der Dienstleistungsgewerkschaft ver.di für den Handel in NRW. (Archivbild)

„Der ,Prime Day’ beschert Amazon eine enorme Umsatzsteigerung und viel Publicity. Für die Beschäftigten heißt das aber vor allem ein erhöhtes Arbeitsaufkommen und damit verbunden Zeitdruck und Hetze bei der Arbeit“, betont Silke Zimmer, die Leiterin des ver.di-Landesfachbereichs Handel NRW.

„Erstmalig gibt es einen zweiten ,Prime Day’ in diesem Jahr und zum jetzigen Zeitpunkt bedeutet das für die Beschäftigten keine Atempause, bevor es mit Vollgas ins Weihnachtsgeschäft geht. Das geht zu Lasten der Gesundheit der Beschäftigten,“ so Zimmer.

Die Gewerkschaft stellt beim Onlineriesen die Forderung nach Anerkennung der Flächentarifverträge des Einzelhandels in Nordrhein-Westfalen und dem Abschluss eines Tarifvertrags „Gute und Gesunde Arbeit“ auf.

Zimmer: „Die Beschäftigten wollen eine gerechte Entlohnung“

„Die Beschäftigten von Amazon machen ihren Job mit vollem Einsatz. Deshalb haben sie es mehr als verdient, tariflich entlohnt zu werden. Die Zahlung von Tariflöhnen bedeutet für unsere Kolleginnen und Kollegen die Anerkennung ihrer Leistungen und die Absicherung ihrer Gehälter für die Zukunft“, so die Gewerkschafterin.

In einem Hochzeitsaal war das Dortmunder ver.di-Streiklokal für die Amazon-Beschäftigten.
In einem Hochzeitsaal war das Dortmunder ver.di-Streiklokal für die Amazon-Beschäftigten. Foto: Alexander Völkel für Nordstadtblogger.de

Mit ihren Streiks wehren sich die Beschäftigten von Amazon gegen die sich immer weiter zuspitzende Arbeitsbelastung und den damit verbundenen Gesundheitsgefährdungen. Diese werden durch Tage wie den „Prime Day“ weiter verschärft. Außerdem verleihen sie mit den Streiks ihrer Forderung nach der Anerkennung der Tarifverträge für den Einzelhandel NRW Nachdruck.

„Die Beschäftigten wollen eine gerechte Entlohnung, die ihre Leistungen anerkennt, ihren Lebensunterhalt sichert und die nicht von der Willkür von Amazon abhängig ist“, so Silke Zimmer.

Amazon hat die Entgelte der Beschäftigten nach Angaben von ver.di an den Standorten in NRW dieses Jahr unterschiedlich erhöht: „Die Erhöhungen haben eine Spannbreite zwischen 3,1 Prozent bis in der Spitze 10,5 Prozent, je nach Beschäftigungsdauer und Tätigkeit. Das ist zutiefst ungerecht und bestärkt die Forderung der Kolleginnen und Kollegen nach einem rechtsverbindlichen Tarifvertrag, der vor Willkür schützt“, so die Landesfachbereichsleiterin.

Einführung einer Sechs-Tage-Woche: ver.di wirft Amazon Erpressung

Dass die Beschäftigten es ernst meinen, wurde in Dortmund mehr als deutlich. Bei der Streikversammlung in einem Hochzeitssaal stimmten sich die Beschäftigten aus Werne und Dortmund auf eine Ausweitung des Streikgeschehens ein. Die Gründe sind vielfältig – in Dortmund ist es vor allem die verpflichtende Einführung der Sechs-Tage-Woche im Logistikzentrum. 

ver.di-Sekretär Philip Keens
ver.di-Sekretär Philip Keens Foto: Alexander Völkel für Nordstadtblogger.de

Dort hatte das Unternehmen nach Ansicht von ver.di-Sekretär Philip Keens die Einführung mit einer Erpressung durchgedrückt. Der Betriebsrat habe der Einführung zähneknirschend zugestimmt, weil das Unternehmen gedroht habe, ansonsten die Verträge von rund 300 befristet beschäftigten Mitarbeiter:innen ansonsten nicht zu verlängern.

„Der Betriebsrat hatte die Wahl zwischen Pest und Cholera. Das ist ein Riesenkonflikt“, macht Keens deutlich. Salih Arslandemir, Vertrauensleute-Sprecher von ver.di bei Amazon in Dortmund ist mittlerweile dort auch Vorsitzender des Betriebsrates. Er hatte sich die verpflichtende Einführung der Sechs-Tage-Woche ausgesprochen –  er wollte diese nur auf freiwilliger Basis mit entsprechenden Boni. 

Massive Kritik an Befristungspolitik des Tech-Giganten

Allerdings stellen die ver.di-Leute nur sieben der 17 Betriebsräte. Das Gremium knickte ein und stimmte zu, dass es für die 300 Beschäftigten weitergehen konnte. Doch dafür wird nun u.a. der Betriebsratsvorsitzende kritisiert. Die Streikversammlung stärkte Arslandemir den Rücken – insbesondere auch gegen die persönlichen Anwürfe und Angriffe gegen den Gewerkschafter. Ein Kritikpunkt war, dass der Vorsitzende nicht fließend Deutsch spricht.

Aziz von Kralik-el Boutaybi (li.) und Philip Keens (re.) stärkten Salih Arslandemir den Rücken.
Aziz von Kralik-el Boutaybi (li.) und Philip Keens (re.) stärkten Salih Arslandemir den Rücken. Foto: Alexander Völkel für Nordstadtblogger.de

„Mit ist lieber, wenn ein Betriebsrat in schlechtem Deutsch die Wahrheit spricht als in gutem Deutsch nur Scheiße erzählt“, sagte Keens unter den tosenden Applaus der Streikenden. „Nicht alles, was im Betriebsrat passiert, ist ver.di-konform. Daher geht es weiter mit dem Kampf. Danke, dass ihr den Kampf aufnimmt und gemeinsam mit den Kolleginnen und Kollegen kämpft“, lobte der Gewerkschafts-Sekretär die immer stärkere Streikbereitschaft.

Die Befristung ist einer der Hauptgründe der Gewerkschaftskritik: Nach der sachgrundlosen Befristung für 24 Monate wird bei vielen Amazon-Beschäftigten die Befristung fortgesetzt – dann jedoch begründet mit einem Sachgrund. In der Regel wird das mit einer unsicheren Marktlage begründet.

Dortmund soll mittlerweile drei Amazon-Lager haben

„Wir reden von Amazon. Sie haben eine stabile Marktlage. Wenn irgendein Unternehmen weiß, wie viele Bestellungen es gibt, ist es der Tech-Gigant. Sie befristen, obwohl sie quasi monatlich neue Lager eröffnen“, übt Keens massive Kritik am Unternehmen.

Ein riesiger Komplex ist auf der Westfalenhütte entstanden. 2000 Menschen arbeiten dort.
Ein riesiger Komplex ist auf der Westfalenhütte entstanden. 2000 Menschen arbeiten dort. Foto: Alexander Völkel für Nordstadtblogger.de

Neben dem großen Logistikzentrum „DTM2“, welches vor rund fünf Jahren auf der Westfalenhütte eröffnet wurde und rund 2000 Beschäftigte zählt, wurde zwischenzeitlich ein weiteres Lager für Großteile eröffnet, wo rund 300 Menschen arbeiten sollen. 

Ein drittes Lager neben dem REWE-Zentrallager steht nach Gewerkschaftsangaben vor der Eröffnung. Es soll sich um ein Paketverteilzentrum handeln, wo Ware auf die Bullis für die „letzte Meile“ zu den Endkund:innen umgeladen wird. Bislang werden die Pakete für Dortmund in Wuppertal und Bochum auf Fahrzeuge geladen. 

Das Unternehmen hat dazu noch keine Angaben gemacht. Eine Anfrage von Nordstadtblogger zu Standorten und Beschäftigen ist bislang noch unbeantwortet geblieben.

„Wir kämpfen auch für die, die jetzt nicht kämpfen können“

Das Unternehmen muss sich auf weitere Streiks bzw. die Ausweitung des Streikgeschehens einstellen. „Wir werden immer mehr. Beim letzten Streik waren es 30, davor 20 neue Mitglieder. Für den nächsten Streik kann ver.di statt des Hochzeitsaals schon mal die Westfalenhalle reservieren. Wir werden immer mehr, die sich stark für den Arbeitskampf machen“, sagte Aziz von Kralik-el Boutaybi, Betriebsratschef in Werne und Sprecher der ver.di-Vertrauensleute. 

Amazon-Betriebsrat Hamza Dachour
Amazon-Betriebsrat Hamza Dachour Foto: Alexander Völkel für Nordstadtblogger.de

„Wir kämpfen auch für die, die jetzt nicht kämpfen können“, ergänzt der Dortmunder Betriebsrat und sagt damit auf die Kolleg:innen, die sich, obwohl sie schon mehr als zwei jahre bei Amazon arbeiten, wegen der Sachgrundbefristung nicht trauen, sich auch Streik zu beteiligen. Doch der Streik sei wichtig, um auch Druck in Sachen Tarifvertrag zu machen. „Wir kämpfen für einen Tarifvertrag. Denn alle Kosten steigen, aber unser Lohn nicht“, kritisiert Hamza Dachour.

Vertrauensleute, die nicht namentlich nicht genannt werden wollen, kritisieren zudem die zwei Gesichter des Unternehmens. Auf der einen Seite propagiere Amazon, der „beste Arbeitgeber der Welt“ werden zu wollen. Doch die Realität sei eine andere, kritisieren sie der Druck, der auf Beschäftigte ausgeübt werde und die durch ungerechtfertigte Befristung klein gehalten würden. 

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  1. Tarifrunde Deutsche Post AG: ver.di NRW weitet Streiks aus (PM)

    Die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) erhöht weiter den Druck im Tarifkonflikt mit der Deutschen Post AG und ruft am Freitag, den 27.01.2023 von 00:00 Uhr bis 24:00 Uhr, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in einigen Brief- und Paketzentren und in regionalen Bereichen der Brief- und Paketzustellung in NRW zu einem befristeten Streik auf.

    „Die Streiks in diesem Umfang sind notwendig und gerechtfertigt, da die Arbeitgeberseite auch in der zwei Verhandlungsrunden kein Angebot vorlegt hat“, so Thomas Großstück, ver.di-Landesfachbereichsleiter Postdienste in NRW.

    Bei der DPAG sind 140.000 der 160.000 Tarifbeschäftigten in den Entgeltgruppen 1 bis 3 eingruppiert. Das Monatsgrundentgelt in diesen Entgeltgruppen beträgt zwischen 2.108 und 3.090 Euro brutto. Diese Tarifbeschäftigten sind im besonderen Maße von der hohen Inflation betroffen, da sie einen großen Anteil ihres Nettoeinkommens für Nahrungsmittel und Energie aufbringen müssen. Die letzte Tariferhöhung im Januar 2022 betrug zwei Prozent.

    ver.di fordert für die 160.000 Tarifbeschäftigten der DPAG:

    – 15 Prozent mehr Lohn

    – 200 Euro mehr pro Monat für die Auszubildenden und dual Studierende

    – Die Fortschreibung der Postzulage für die 23.000 Postbeamtinnen und Postbeamten

    – Die Laufzeit der Tarifeinigung soll 12 Monate betragen.

  2. ver.di-Streik im Amazon Lager in Dortmund (PM)

    Die Beschäftigten des Amazon Lagers in Dortmund (DTM2) sind am Mittwochabend um 23:45 Uhr in den Streik getreten, welcher bis Samstag, den 30. September um 23:45 Uhr anhalten wird. Erwartet werden mehrere Hundert streikende Mitarbeiter.

    Hintergrund des Streiks ist die Forderung der Gewerkschaft ver.di nach dem Tarifvertrag des Einzel- und Versandhandels für die Beschäftigten von Amazon. Zusätzlich wird ein Tarifvertrag zu guter und gesunder Arbeit gefordert. Aufgrund des massiven Drucks unter dem die Beschäftigten bei Amazon stehen, ist es ein längt überfälliger Schritt, dass Amazon sich mit der Gewerkschaft ver.di an den Verhandlungstisch setzt.

    Philip Keens, Gewerkschaftssekretär im Handel im Bezirk Westfalen, äußerte sich dazu wie folgt: „Dass gerade in der heutigen Zeit, Unternehmen wie Amazon ihre Beschäftigten unter massivem Druck halten und faire Arbeitsbedingungen umgehen, ist ein handfester Skandal. Unsere Mitglieder werden einen langen Atem beweisen, und für bessere und gerechtere Arbeitsbedingungen kämpfen. Und wir stehen fest an Ihrer Seite!“

    Ein Demozug ist für die Streiktage nicht geplant, jedoch wird erwartet, dass die Aktion Auswirkungen auf das kommende Black-Friday Geschäft haben wird.

  3. Beschäftigte bei Amazon in Dortmund legen zum Zucker-fest ihre Arbeit nieder (PM ver.di NRW)

    Mit Beginn der Frühschicht ruft die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) am heutigen Donnerstag (11.4.2024) die Beschäftigten des Amazon-Standorts Dortmund dazu auf, bis einschließlich Samstag (13.4.2024) ihre Arbeit niederzulegen. Die Gewerkschaft fordert von dem Onlinehändler die Unterzeichnung der Tarifverträge des Einzelhandels NRW sowie einen Tarifvertrag für Gute und gesunde Arbeit.

    „Wir haben die bewusste Entscheidung getroffen, in dieser Woche im Rahmen der Feierlichkeiten zum Ende des muslimischen Fastenmonats Ramadan, zum Arbeits-kampf aufzurufen. Amazon gibt sich in der Öffentlichkeit als sozialer Arbeitgeber. Doch hinter der Fassade leiden die Beschäftigten unter Leistungsdruck und Einschüchterung“, so der zuständige Gewerkschaftssekretär Philip Keens. Zuletzt hätten ausschließlich Beschäftigte, die sich nicht an Streiks beteiligen, zum Zuckerfest Urlaub gewährt bekommen.

    „Diese Vorgehensweise kritisieren wir scharf! Eine solche Maßregelung ist nach unserer Auffassung gesetzeswidrig und verdeutlicht, dass Amazon kein sozialer Arbeitgeber ist und schäbig mit den eigenen Beschäftigten umgeht. Wir fordern weiter einen Tarifvertrag, den sich die Kolleginnen und Kollegen mehr als verdient haben.“

    Hohe Bußgelder für Datenrechtverstöße in Frankreich, Hausverbot für Lobbyisten im europäischen Parlament, weltweite Arbeitsniederlegungen und Aktionen von Beschäftigten. Der Druck auf Amazon steige – auch international. „Die aktiven Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter werden den Druck weiter verstärken“, so Keens abschließend.

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