Neben der traditionellen Demo und Kundgebung des Deutschen Gewerkschaftsbundes, zu der wir gesondert berichten, gab es an diesem ersten Mai 2022 eine Demo der Initiative „Anarchistischer 1. Mai in Dortmund“ und der Neonazi-Splitterpartei „Die Rechte“. Antifaschistische Gruppen und das Bündnis BlockaDO hatten dazu aufgerufen und mehrere Kundgebungen angemeldet, um am traditionellen Feiertag der Arbeiter*innen die Inszenierung der Neonazis zu unterbinden.
Polizei duldet „kein einschüchterndes und angsteinflößendes Auftreten von Rechtsextremisten“
Der Aufzug der Partei „Die Rechte“ setzte sich mit 220 Teilnehmenden und einiger Verspätung am frühen Nachmittag vom Nordausgang des Dortmunder Hauptbahnhofs in Richtung Dortmund-Dorstfeld in Bewegung. Grund für die Verspätung ist nach Angabe der Polizei eine Überprüfung der Auflage gemäß § 18 VersG NRW.
„Laut dieser ist es verboten eine öffentliche Versammlung unter freien Himmel zu veranstalten, die u.a. durch ein paramilitärisches Auftreten Gewaltbereitschaft vermittelt und dadurch einschüchternd wirkt.“ So wurde die maximale Anzahl von Fahnen auf 20 beschränkt.
„Die Polizei Dortmund wird ein einschüchterndes und angsteinflößendes Auftreten von Rechtsextremisten in unserer Stadt nicht dulden“, heißt es dazu in einer Stellungnahme.
Deutlich mehr Gegenprotest als Neonazis in der Stadt unterwegs
Bereits zu Beginn des Aufmarschs blockierten etwa 25 Personen den äußeren Wallring auf der Höhe des Dortmunder U. Die Polizei umstellte die Gruppe und führte die Demo ohne Zwischenfälle an der antifaschistischen Blockade vorbei.
Auch im weiteren Verlauf wurde der Aufmarsch immer wieder mit Protesten konfrontiert. Die Polizei schätzt die Teilnehmenden des Gegenprotests auf etwa 350 Personen. Zwei Personen wurden in Gewahrsam genommen.
„Mit der Sitzblockade und dem Protest haben Antifaschist:innen gezeigt, dass sie weiterhin fest entschlossen sind, Naziaufmärsche zu verhindern. Aufmärsche sind für Neonazis vor allem eine Inszenierung von Stärke. Diese zu durchbrechen ist unser Ziel“, zeigt sich Kim Schmidt, Pressesprecherin der Autonomen Antifa 170, zufrieden. „Bis kurz vor Dorstfeld haben Antifaschist:innen immer wieder lautstarken Protest gegen die Nazis auf die Straße getragen.“
Eine Auseinandersetzung endete mit Reizgaseinsatz und Blessuren
Ein Konzept, was – kaum überraschend – bei der Polizei auf wenig Gegenliebe stößt: „Der Protest gegen die rechtsextremistische Versammlung blieb hingegen nicht immer friedlich“, heißt es in einer Pressemitteilung der Polizei.
So mussten die Einsatzkräfte mindestens an einer Stelle, im Bereich der Hüttemannstraße, Pfefferspray und Schlagstöcke einsetzen, mit Verletzten auf beiden Seiten.
„Die genaueren Umstände werden aufgearbeitet und befinden sich in der Klärung“, heißt es seitens der Polizei. Die Antifa hingegen spricht von „Polizeigewalt“. „Unsere Demosanitäter haben mehreren Personen behandelt, denen Reizstoff in die Augen gesprüht wurde, außerdem eine Person mit einer blutenden Platzwunde durch einen Schlagstock“, heißt es von der Autonomen Antifa 170.
Bunt und Lautstark: 1100 Teilnehmende beim anarchistischen 1. Mai
Ab 16 Uhr begann im Westpark die anarchistische Demonstration zum 1. Mai, der sich augenscheinlich ein großer Teil der zuvor gegen Rechts Protestierenden anschloss. Mit 1100 Menschen ging es lautstark, bunt und geschlossen über den Wall in die Nordstadt und schließlich in den Blücherpark.
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DIE LINKE kritisiert Verhalten der Stadt : Bezirksvertreterin Iris Bernert-Leushacke protestiert gegen Pkw-Abschleppungen zu Gunsten des Neonazi-Aufmarsches am 1. Mai im Union- und Kreuz-Viertel (PM)
Im Zuge des Neonazi-Aufmarsches am 1.Mai, der auch durch das Union-Viertel und Kreuz-Viertel führte, wurden die Anwohner*innen aufgefordert, ihre Pkw umzuparken, damit diese Veranstaltung ungehindert durch ihre Straßen geleitet werden konnte. Laut Medienberichten wurden rund 70 Fahrzeuge durch das Ordnungsamt ab 6 Uhr in der Frühe abgeschleppt. Offenbar sind zahlreiche Anwohner*innen der Aufforderung bewusst oder unbewusst nicht nachgekommen. Dafür entstehen ihnen nun immense Kosten für die Abschleppung.
Hierzu erklärt Iris Bernert-Leushacke, DIE LINKE Bezirksvertreterin für den Bereich Innenstadt West: „Diese Maßnahme der Ordnungsbehörden ist für mich nicht nachvollziehbar. Den Anwohner*innen dieses migrantisch und studentisch geprägten Stadtteils entsteht durch die Abschleppungen ihrer Pkw ein erheblicher Nachteil. Wie möchten die Stadtspitze und Behörden rechtfertigen, dass den Neonazis mal wieder der braune Teppich ausgerollt wurde? Damit nicht genug, werden Bürger*innen im Union-Viertel und Kreuz-Viertel nun finanziell belastet, damit Neonazis ihre demagogischen und rassistischen Parolen skandieren konnten. Während die Stadtspitze sich bei jeder sich bietenden Gelegenheit selbst dafür lobt, gegen die Neonazi-Szene vorzugehen, ist genau das die Realität.
Das Vorbeiziehen dieses Neonazi-Aufmarsches hat viele Mitmenschen in Angst und Schrecken versetzt, das war am 1. Mai deutlich wahrnehmbar. Und jetzt sollen sie auch noch zur Kasse gebeten werden? Es ist ein Unding, dass dieser Aufmarsch überhaupt genehmigt wurde. Die Wegstrecke zeigt, dass den Stadtoberen jegliche Sensibilität für von Rassismus und Neonazi-Terror betroffenen Menschen fehlt, wenn es drauf ankommt.
Ich fordere die Stadtspitze und Behörden auf, sich bei den Betroffenen zu entschuldigen und sämtliche finanzielle Forderungen zurückzunehmen.“
Diana
Ich schliesse mich der Aufforderung sofort an. Ich bin Dortmunder Bürgerin und sehr entsetzt über das Vorgehen der Stadt, Rechtsextreme haben hier nichts verlohren! Wir sind eine offene, bunte und vielfältige Stadt, wir wollen keine Nazis – keinen Meter den Nazis!!!