Am 28. März jährt sich zum zehnten Mal der Mord des Dortmunder Neonnazis Sven Kahlin an dem Punker Thomas „Schmuddel“ Schulz. Bei einer Auseinandersetzung hatte Kahlin den Punker in der U-Bahnstation Kampstraße mit einem Messer niedergestochen. Er starb später im Krankenhaus.
Die Partei „Die Rechte“ plant Rechtsrock-Konzert und Demonstrationen
Die rechtsextreme Szene feierte dies ausgiebig und pflasterte Dortmund mit entsprechenden Aufklebern zu. Die Parolen: „1:0 für Deutschland“ und „Antifaschismus ist ein Ritt auf Messers Schneide“.
Die Dortmunder Justiz tat sich allerdings – wie schon häufig – schwer damit, die politische Motivation der Tat zu erkennen. Anders die Polizei: Sie spricht zehn Jahre nach der Tat „von einer vorsätzlichen Tötung“.
Zum zehnten Jahrestag der Tat wollten die Neonazis nun unter anderem ein Rechtsrock-Konzert mit der Szenegröße „Lunikoff“ auf dem Wilhelmplatz veranstalten. Außerdem ist eine Demonstration unter dem Titel „Wir sind das Volk“ geplant.
Polizei verbietet die Veranstaltungen der Partei „Die Rechte“
Die Dortmunder Polizei hat heute beide angemeldete Demonstrationen der Rechtsextremisten verboten.
Adressaten der Versammlungsverbote sind zum einen der Bundesvorsitzende der Partei „Die Rechte“, der für diesen Tag eine Standkundgebung mit Live-Musik und ca. 200 Teilnehmern angemeldet hat.
Zum anderen ist Adressat eines Versammlungsverbotes auch der Landesvorsitzende der Partei „Die Rechte“, der ebenfalls für den 28.03.2015 eine Versammlung in Form eines Aufzuges mit rund 300 Teilnehmern angemeldet hat.
Polizei rechnet mit Gewalt – Neonazis können sich nicht auf Versammlungsfreiheit berufen
„Nach intensiver rechtlicher Prüfung und der umfassenden Bewertung von Tatsachen aus den letzten Monaten hält die Dortmunder Polizei ein Verbot beider Versammlungen für zwingend geboten“, heißt es in der Mitteilung des Polizeipräsidiums.
Zum einen könnten sich die Rechtsextremisten für diese beiden Versammlungen nicht auf das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit aus Artikel 8 Grundgesetz berufen, zum anderen sei die öffentliche Sicherheit und Ordnung bei der Durchführung der Versammlungen unmittelbar gefährdet.
Bei der rechtlichen Prüfung habe die Dortmunder Polizei zunächst die Besonderheit des Datums 28. März 2015 zu berücksichtigen – also den zehnten Jahrestag der Ermordung des Punkers durch einen bekennenden Neonazi.
„In den letzten Monaten hat die Dortmunder Polizei im Rahmen akribischer Ermittlungsarbeit Tatsachen gesammelt, die zu der Prognose führen, dass die geplanten Versammlungen keinen friedlichen Verlauf nehmen werden. Die Dortmunder Polizei sieht konkrete Anhaltspunkte dafür, dass gegen Strafgesetze verstoßen wird“, heißt es weiter.
Demonstration verletzt die Menschenwürde von Thomas Schulz
Die Anmeldungen der öffentlichen Versammlungen als Rechtsrockkonzert und Aufzug am zehnten Todestag der gewaltsamen Tötung eines Menschen durch einen Dortmunder Rechtsextremisten stelle eine weitere Eskalationsstufe in dem Klima von Gewaltbereitschaft, Einschüchterung und Bedrohung dar, das die Partei „Die Rechte“ in den vergangenen Monaten in Dortmund weiter verschärft habe.
„Hier soll eingeschüchtert, Gewalt verherrlicht und die NS-Ideologie offen zur Schau getragen werden“, so die Bewertung der Dortmunder Polizei. „Mit der Durchführung der Versammlungen wird auch das Grundrecht auf Menschenwürde (das nicht mit dem Tod endet) des getöteten Dortmunders verletzt.“
Tötung als Heldentat stellt Missbrauch des Versammlungsrechts dar
Die öffentliche Herausstellung der Tötung eines Menschen „als Heldentat“ habe mit einer friedlichen Versammlung im Sinne des Art. 8 Grundgesetz nichts zu tun. Die Durchführung der Versammlung trage den Keim der Unfriedlichkeit schon in sich.
Die Dortmunder Polizei sieht in beiden geplanten Veranstaltungen eine Verletzung des Grundrechts auf Menschenwürde sowie der Persönlichkeitsrechte des getöteten Dortmunders und einen Missbrauch des Grundrechts auf Versammlungsfreiheit. Daher waren beide rechtsextremistischen Versammlungen zu verbieten, begründet die Dortmunder Polizei ihre Entscheidung.
Die Neonazis haben bereits auf ihren Medien angekündigt, den Rechtsweg zu beschreiten. Sie geben sie gewohnt siegessicher, dass das Verbot natürlich gekippt werde und die Veranstaltungen stattfinden würden.
Allerdings kann diese gespielte Zuversicht nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Neonazis in den vergangenen Monaten einige juristische Schlappen einstecken mussten. Teilweise hatten sie sogar auf den Rechtsweg verzichtet, da sie mit einer Niederlage rechneten.
Zahlreiche Aktivitäten: Von Mahnwache bis zum Friedensfest
Zum Jahrestag sind mehrere Aktionen von Demokraten geplant: Seit nun mehr zehn Jahren lädt das Bündnis gegen Rechts zu einer Gedenkveranstaltung an den Tatort in der Kampstraße ein. Dort soll auch – so zumindest die Beschlusslage der zuständigen Bezirksvertretung – nach dem Abschluss der Umbaumaßnahmen zum Boulevard eine Gedenktafel für Thomas Schulz angebracht werden.
Unabhängig vom Verbot der Neonazi-Aktivitäten hätte der Wilhelmplatz in Dorstfeld auch nicht zur Verfügung gestanden: Dort findet – langfristig geplant – im Rahmen der Internationalen Wochen gegen Rassismus ein Familienfest statt. Unter dem Motto „Nie wieder blöd“ wird es Live-Musik, Internationales Catering und Straßenkunst-Aktion geben.
Auch in Huckarde gibt es im Rahmen der Internationalen Wochen gegen Rassismus ein Friedensfest, wo mehrere Nachwuchs-Bands auftreten wollen.
Überregionale Mobilisierung: „Schmuddel-Demo“ der Antifa soll nach Dorstfeld führen
Während diese Veranstaltungen nicht als Reaktion auf die Neonazi-Aktivitäten gedacht sind, formiert sich aber auch der Widerstand. Die Grünen haben eine Veranstaltung gegen Rechts angemeldet. Außerdem will die Antifa demonstrieren: Sowohl lokale als auch überregionale Gruppen haben nach Dortmund mobilisiert.
Die Demonstration richtet sich gegen die lokale Naziszene sowie ein Erstarken des Rassismus aus der „Mitte“ der Gesellschaft. Sie wollen ab 14 Uhr ebenfalls nach Dorstfeld – den Stadtteil, den die Neonazis als ihre vermeintliche „Wohlfühlzone“ propagieren.
Die Antifa-Aktionen zum 28. März sind nicht neu: Seit der ersten Großdemonstration kurz nach dem Tod von Thomas Schulz ist die »Schmuddel-Demo« ein wichtiger Termin in Dortmund geworden.
Unter verschiedenen inhaltlichen Schwerpunkten versammelten sich jedes Jahr hunderte Antifaschistinnen und Antifaschisten, um an die Opfer rechter Gewalt zu erinnern. Der Polizei liegt aus diesem Spektrum bisher eine Anmeldung vor. Der Veranstalter rechnet hier mit bis zu 300 Teilnehmern.
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Michael Laskowiak für Antifa-Union
Antifa veranstaltet Gedenkdemo zum 10. Todestag von Punker Thomas Schulz
Am 28.03.2015 jährt sich die Ermordung des Punkers Thomas „Schmuddel“ Schulz zum zehnten Mal. Der damals 32-Jährige wurde am Ostermontag 2005 von dem organisierten Neonazi Sven Kahlin in der U-Bahn-Haltestelle Kampstraße erstochen. Aus diesem Anlass organisiert die „Antifaschistische Union Dortmund“ an dessen Todestag erneut eine Gedenkdemonstration, die von Dorstfeld in die Innenstadt zur Haltestelle Kampstraße führen soll. Rund 300 Teilnehmer werden erwartet.
Für den gleichen Tag rufen auch Dortmunder Neonazis zu einem Aufmarsch mit anschließendem RechtsRock-Konzert in Dorstfeld auf. Beide Veranstaltungen sind derzeit allerdings durch die Polizei Dortmund verboten worden. Michael Laskowiak, Pressesprecher der „Antifaschistischen Union Dortmund“, weiß jedoch: „Dass Neonazis durch Demonstrationen versuchen, das Gedenken an Thomas Schulz zu stören, ist nicht neu. Bereits in den vorherigen Jahren fanden ähnliche Parallel-Veranstaltungen statt.“
Seit 2005 veranstaltet die Initiative jährlich eine Gedenkdemonstration anlässlich des Todestages von Thomas Schulz. „Todesopfer rechter Gewalt dürfen nicht in Vergessenheit geraten. Solche Taten führen uns vor Augen, wie gefährlich Neonazis sind“, mahnt Laskowiak. Thomas Schulz wurde von einem Neonazi erstochen, der schließlich auch heute noch in der rechten Szene aktiv ist.
Die Gedenk-Demonstration startet laut Anmeldung um 14 Uhr an der S-Bahn-Haltestelle Dortmund-Dorstfeld. Von da aus führt die Route zum Wilhelmplatz, wo eine Zwischenkundgebung stattfindet. Anschließend führt der Umzug über die Rheinische Straße zur U-Bahn-Haltestelle Kampstraße, wo am früheren Tatort die Abschlusskundgebung abgehalten wird. „Wir rechnen auch dieses Jahr wieder im Verlauf der Veranstaltung mit Provokationen von Neonazis entlang der Route“, schätzt Laskowiak.
CDU-MdB Thorsten Hoffmann
Verbot von Neonazi-Demo: Thorsten Hoffmann lobt Dortmunder Polizeipräsidenten
Der Dortmunder Bundestagsabgeordnete Thorsten Hoffmann begrüßt das Verbot einer Versammlung von Rechtsextremen durch den Polizeipräsidenten der Stadt. Die Neonazis wollten ursprünglich am 28. März ein Konzert und eine Demonstration in Dortmund-Dorstfeld durchführen – auf den Tag genau zehn Jahre nachdem der Rechtsradikale Sven K. in der Dortmunder Innenstadt einen Punker erstochen hatte. Der Demonstrationszug und das Konzert wurden von Mitgliedern der Partei ‚Die Rechte‘ angemeldet.
„Diese gezielte Provokation verdeutlicht einmal mehr, dass es dieser Bewegung nicht um die Teilhabe an unserer Demokratie, sondern lediglich um die Verbreitung ihrer menschenverachtenden Ideologie geht“, so Thorsten Hoffmann. „Der Polizeipräsident hat daher absolut richtig gehandelt.“ Der Dortmunder Bundestagsabgeordnete zeigt sich besonders von der unverhohlenen Mordverherrlichung erschüttert: „‚Die Rechte‘ schreckt selbst vor der Verhöhnung eines Toten nicht zurück, der dem blanken Hass eines Neonazis zum Opfer gefallen ist.“
Hoffmann bekräftigt seine Forderung nach einem Verbot der Bewegung: „‚Die Rechte‘ hat endgültig genug Beweise für ihre Verfassungsfeindlichkeit geliefert.“