Der Bezent e.V. hatte jetzt zum „Tag der offenen Tür“ geladen, um seine Vereinsarbeit mit Mitgliedern und Gästen Revue passieren zu lassen und die künftige Arbeit vorzustellen und zu diskutieren – denn: „Das war noch nicht alles!“, wie Meral Mersin, die Vereinsvorsitzende, stolz verkündete.
Forum für Solidarität und Völkerverständigung in der Nordstadt
„Bezent“ steht für „Begegnungszentrum“, und seit dem Umzug in die Münsterstraße 56 vor einem guten halben Jahr blüht der Verein immer weiter auf.
Bezent hat circa 100 Mitglieder, darunter sehr viele Jugendliche. Er gehört zu DIDF, der „Föderation demokratischer Arbeitervereine“, einer Migrantenselbstorganisation, die 1980 von türkischen und kurdischen Arbeiterinnen und Arbeitern gegründet wurde.
DIDF macht keine Unterschiede nach Nationalität, Sprache, Geschlecht oder Religion, sondern möchte ein Forum für Völkerverständigung und internationale Solidarität sein und eine Brücke zwischen den Nichtdeutschen und Deutschen.
Weitere Schwerpunkte bilden der Einsatz für die Rechte der Arbeiter und sozial Schwachen sowie der Kampf gegen Rassismus und Fremdenfeindlichkeit.
Blick von Dortmund aus auf die Türkei, Kobane und Rojava
Natürlich hat der Verein auch die aktuelle Lage in der Türkei und den kurdischen Gebieten im Irak und Syrien scharf im Blick.
So hat es mehrere Veranstaltungen zu den Gezi-Protesten gegeben sowie eine Lesung mit Thomas Schmidinger zur Situation in Rojava, dem syrischen Kurdistan, dazu auch ein Solidaritätskonzert für Shengal, Rojava und Kobane, Ende Januar.
Am Sonntag folgte eine weitere Veranstaltung, ein Erlebnisbericht von Selcuk Kozan über Kobane und Suruc. Diese und viele weitere Veranstaltungen finden direkt nach dem stets sehr gut besuchten offenen Frühstück statt, das sonntags immer um 11 Uhr startet.
Abwehrarbeit gegen Islamisten und Dschihadisten
Bezent leistet auch Abwehrarbeit gegen Islamismus und Dschihadismus hierzulande. Im Rahmen des Lesezirkels stellt Metin Gür am Sonntag, 22. März sein neues Buch über islamistische Organisationen und deren Organisationsstrukturen vor und wie sie versuchen, Türkeistämmige in Deutschland zu rekrutieren.
Kampf gegen rechtsradikale Menschenfeindlichkeit in Deutschland
Dem Kampf gegen rechtsradikale Menschenfeindlichkeit in Deutschland gelten weitere vielfältige Aktivitäten. Jugendliche machen sich in Filmseminaren mit dem historischen Nationalsozialismus und Holocaust vertraut.
Sie haben Chaplins „Der große Diktator“ und „Der Junge im gestreiften Pyjama“ gesehen und sich über die heutige Dortmunder Neonaziszene aufgeklärt. Dem diente im November auch ein Vortrag des bekannten Dortmunder Journalisten Olaf Sundermeyer über „Rechte Gewalt“.
Bezent nimmt regelmäßig an Demonstrationen gegen die Neonazis teil, arbeitet etwa bei Dortmund nazifrei mit und ist auch beim DGB-Friedensfestival im Spätsommer auf den Katharinentreppen immer dabei.
Am 4. April finden eine Demo zum Gedenken an den ermordeten Dortmunder Mehmet Kubasik und die weiteren Opfer des NSU statt, und am Abend eine Podiumsdiskussion zum NSU-Verfahren mit Carsten Ilius, dem Anwalt der Familie Kubasik, sowie dem Journalisten Yücel Özdemir.
Einsatz für Arbeiterrechte und finanziell Schwache
Regelmäßig führt die Migrantenselbstorganisation Veranstaltungen zu Arbeitnehmerfragen durch, etwa zu flexiblen Arbeitszeiten und Zeitkonten im letzten November oder am 15. Februar zum Thema „Tarifeinheit“.
Der sozial und politisch vielfältig engagierte Abbas Dogan gehört zu einem Team, das in den kommenden Monaten einen Dokumentarfilm zur Armut in der Dortmunder Nordstadt drehen wird, Bezent zeigt ihn am Sonntag, 7. Juni, 13 Uhr, Dogan trägt dazu vor.
Auch den Neuankömmlingen gilt die Solidarität der bereits etablierten Zuwanderer: Kurz vor Weihnachten widmete sich ein Seminar den sonst vielfach verunglimpften Neumigranten aus Bulgarien und Rumänien.
Vielfältiges Bildungs- und Kulturprogramm richtet sich an die gesamte Stadt
Mittlerweile zwei von drei Dortmunder Kindern leben in der Nordstadt, darunter viele Migranten und viele Arme. Bezent möchte sie zusammen mit der Stadt und anderen Organisationen unterstützen und fördern. Deshalb gibt es Nachhilfekurse in Deutsch, Mathe und Englisch, aber auch die musische Kreativität und Erziehung kommen nicht zu kurz.
Die Kinder und Jugendlichen können Saz- und Gitarre, aber auch Geige lernen, es gibt eine Kunst- und eine Theater-AG, einen Tanzkurs, Höhepunkt wird ein großes Kinderfestival sein, am 19. und 20. Juni im Stollenpark. Bezent zeigt regelmäßig Bilderausstellungen, aktuell von Erdal Ünal, ab Mitte März von Ulla Richter.
Es gibt eine Frauengruppe, Frauenabende und der Internationale Frauentag am 8. März wird auch festlich begangen. Es gibt Altenarbeit, im Dezember informierte Bezent mit dem Seniorenbüro Dortmund über Krankheiten im Alter. Ein kultureller Höhepunkt im letzten Halbjahr war „Fatih-Tag“, der Kabarettabend mit Fatih Cevikokollu (bekannt u.a. aus „Alles Atze“) im November.
Natürlich wird auch die hergebrachte Kultur weiter gepflegt. So war Tamer Dursun bei einem Leseabend zu Gast und Ende September fand eine Veranstaltung zu Ehren von Ruhi Su statt, einem der bedeutendsten Musiker und Komponisten der Türkei.
Insgesamt stellt sich “Bezent e.V.“ als ein quicklebendiger Verein dar, der allen Nordstädtern, ob zugewandert oder nicht, ein Stück Heimat bieten kann: „Eine jede und ein jeder ist willkommen!“, so Meral Mersin, die Vorsitzende des Vereins, während sie einen wunderbaren Schwarztee reicht.