Ob ein Komponist bekannt wird oder sein Werk in der Versenkung verschwindet, habe auch viel mit Glück, dem Auftreten des Komponisten und entsprechenden Förderern zu tun, stellte Guido Johannes Joerg, der Herausgeber der Neuausgabe der Klavierwerke Eduard Wilsings im Verlag Dohr, gleich zu Beginn seines Fachvortrages fest. Es sei herausragend, dass die Initiative der drei Protagonisten Maximilian van Bremen, Rainer Maria Klaas und Gerhard Stranz dazu beigetragen hat, dass das gesamte Klavierwerk jetzt in einer musikkritischen Neuausgabe zur Verfügung steht und damit erkennbar werden lässt, welche besondere Qualität in dem überschaubaren Wirken von Eduard Wilsing liegt.
Dass jetzt die Präsentation erfolgen konnte, basiere auf verschiedenen Strängen, die sich in der Vergangenheit bereits mit der Person und dem Werk Eduard Wilsings befasst und jetzt in einer Bürgerbewegung als Förderer und Engagierte das Zustandekommen erreicht haben, betonte Gerhard Stranz als Koordinator in der Begrüßung. So würdigte er u. a. Willi Garth, Ulrike Wilson, geb. Wilsing, Thomas Rink, Granville Walker, GMD Gabriel Feltz, Herausgeber Guido Johannes Joerg und Verleger Christoph Dohr, der Wilsings Werke auch schon früher herausgegeben hatte. Er dankte den Förderern und begrüßte die Anwesenden.
Michael Depenbrock betonte in seinem „Hörder“ Begrüßungsbeitrag, dass mit der Herausgabe der Noten des in Hörde geborenen Komponisten ein kulturhistorischer Beitrag geleistet wurde und zukünftig möglichst weiter mit Leben gefüllt werden soll. So würde er gerne den Vorschlag aufgreifen und unterstützen, dass in einer Hörder Konzertreihe vor allem junge Menschen die Gelegenheit erhalten, Werke Eduard Wilsings zu spielen und vielen Menschen erlebbar zu machen.
Dr. Stefan Mühlhofer, Geschäftsführender Direktor der Kulturbetriebe Dortmund, beglückwünschte die Initiatoren in Vertretung des Stadtdirektors für die Realisierung dieses Projektes, mit dem das Werk von Eduard Wilsing als Dortmunder Komponist in einer Reihe mit anderen in Dortmund wirkenden Komponisten gesichert und für die Zukunft zugänglich gemacht wurde. Mit großem Dank nahm er den Gesamtband aller Klavierwerke für das Dortmunder Stadtarchiv an.
Rainer Maria Klaas wies auf das Leben und die musikalischen Etappen von Eduard Wilsing hin, der von Hörde aus nach Wesel und dann nach Berlin zog und dort bereits als junger Mann die wesentlichen Kompositionen schuf, zwar als sehr beachtlicher Komponist galt, dessen Werke sogar in renommierten Verlagen veröffentlicht wurden, aber nie wie die zur gleichen Zeit lebenden Komponisten wie z. B. Liszt oder Chopin, in der „Welt“ zu Hause war, und Berlin, anders als Wien oder London, damals noch nicht als kulturelle Hochburg galt. So fand er relativ wenig Beachtung, was jetzt hoffentlich mit dem komplett neu herausgegebenen Klavierwerk anders werden könne.
In dem zentralen Fachvortrag ging der Herausgeber der Klavierwerke, Guido Johannes Joerg, auf die Bedeutung des Werkes Eduard Wilsings und die sich bei einer Neuausgabe stellenden Herausforderungen ein. Die Notierung müsse den heutigen und zukünftigen Generation von Musikern verständlich sein, so dass sie sich nicht unnötig mit erkennbaren Ungereimtheiten jeweils individuell auseinandersetzen müssen. Er betonte aber, dass es durchaus mit vielen Zufällen und Glück zusammenhängt, ob die Werke eines Komponisten zu seiner Lebzeit oder vielleicht erst nach seinem Tod geschätzt werden. Da Eduard Wilsing sich nicht sehr in den Vordergrund drängte, erfuhr sein überschaubares Werk auch nach seinem Tod nicht die Aufmerksamkeit, die es verdient. Joerg hofft, dass mit der jetzigen Veröffentlichung der musikkritischen Neuausgabe eine Grundlage geschaffen ist, dies nachhaltig zu verändern. Aus der Werkstatt berichtete er von den Problemen, die sich ihm bei der Herausgabe stellten, zumal in den vorliegenden Materialien z. B. Unterschiede in dem Notensatz bei Wiederholungen erkennbar waren. Es galt herauszuarbeiten, ob diese bewusst durch den Komponisten erfolgt sind oder durch fehlerhafte Abschrift bzw. Stechfehler „passierten“. So stellte sich die Herausforderung, eine Fassung zu erstellen, die dem Charakter des gesamten Werkes entspricht, und jede Abweichung von der Vorlage zu dokumentieren, so dass diese Bereinigungen auch wieder in Frage gestellt werden können.
Ein breites Erlebnis der Musik Eduard Wilsings konnten die Besuchenden erleben, zumal die Sonate für Klavier und Violine A-Dur aus dem Jahr 1832 von Shinkyung Kim (Violine) und Rainer Maria Klaas (Klavier) in sehr dynamischer Weise gespielt wurde – ein Werk, das der 22-jährige Komponist als klassische Komposition angelegt hatte, ohne zu diesem Zeitpunkt expliziten Kompositionsunterricht erhalten zu haben.
Luis Alfsmann trug mit der dreisätzigen Klaviersonate Fis-Dur op. 7 aus dem Jahr 1843 ein Werk vor, in dem eine umfassende Breite und Tiefe von Gefühlen erkennbar wurde.
Das Werk Eduard Wilsings „lebt“ nur, wenn es gespielt und erfahrbar wird. Das wird in Kürze auch im Rahmen des nächsten Westfälischen van-Bremen-Klavierwettbewerbs deutlich, bei dem ausschließlich Werke von Eduard Wilsing verlangt werden. Und noch eine weitere Wilsing-Ehrung steht an: Stadtdirektor Jörg Stüdemann kündigte an, dass in Kürze dem Straßenschild „Wilsingweg“ in der Gartenstadt eine Legende zu dem Hörder Komponisten beigefügt werden soll.
Bildzeile: Pianist Luis Alfsmann
175 Jahre Freude am Singen Jubiläumskonzert des Philharmonischen Chores Dortmund – Dortmunder Musikverein
Mit einjähriger Verspätung holte der Philharmonische Chor sein wegen Corona verschobenes Jubiläumskonzert Ende November im Orchesterzentrum NRW nach. Mit einem Grußwort, einer Urkunde sowie einer Spende der Stadt Dortmund gratulierte Bürgermeister Norbert Schilff „einem der ältesten Vereine der Stadt Dortmund“ und dankte für 175 plus 1 Jahre Mitgestaltung des kulturellen Lebens. Der erste Vorsitzende Andreas Freitag dankte und erinnerte an einige herausragende Konzerte und künstlerische Leiter, besonders an den vor kurzem verstorbenen Heinz Panzer.
Der amtierende langjährige Chorleiter Granville Walker führte anschließend den Chor und 16 Mitglieder der Dortmunder Philharmoniker elegant, mit klug durchdachtem musikalischem Feingefühl souverän durch ein sorgsam zusammengestelltes Programm. Zu Gehör kamen Werke von Schubert (Kyrie aus der Missa Nr. 2 in G – Dur 167), Purcell (aus „The Fairy Queen), Händel (O love divine, Thou Source of Fame aus Theodora HWV 68) Mendelssohn – Bartholdi (aus „Paulus“). Beweglich in der Dynamik, ausgewogen in der Balance zum Orchester, gut durchhörbar und deutlich akklamiert bot der Chor die ganze Bandbreite seines Könnens.
Unterstützt wurde der Chor von der Sopranistin Xenia Preisenberger. Ihre leuchtende Höhe, die Beweglichkeit und Geschmeidigkeit, ihre Präsenz und glasklare Intonation überzeugten nicht nur in den gemeinsamen Werken ( Now the night is is chased away) aus der „Fairy Queen“, im Magnificat von Stanford, sondern auch in ihren beiden Solo Arien: „Music for a while“ (Purcell) und „No, non turbati“ einer klassischen Konzertarie von Beethoven.
Abgerundet wurde der Abend durch die Sinfonia aus der Bach Kantate: „Am Abend aber desselbigen Sabbaths“ BWV 42. Hier zeigte es sich, dass das kleine Ensemble sehr duftig und gut durchhörbar mit sehr viel Spielfreude dieser barocken Musik gerecht wurde.
Corona geschuldet war die sehr auseinandergezogene Aufstellung des Chores. Das verhalf dem Chor aber zusätzlich zu noch größerer Homogenität und klanglicher Wärme. Das Publikum spendete lang und herzlich Applaus und feierte anschließend im Foyer mit Jubiläumssekt den gelungenen Abend.