Freie Wohlfahrtspflege NRW begrüßt Einigung von Bund und Ländern

„Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung verbessert Entwicklungschancen für Kinder“

Kaum mehr als 50 Prozent der Kinder können derzeit einen OGS-Platz bekommen. Das soll sich ändern. Foto: Alexander Völkel für Nordstadtblogger.de

Die Freie Wohlfahrtspflege NRW begrüßt die Einigung von Bund und Ländern zu einem Rechtsanspruch auf einen Ganztagsplatz in der Grundschule. „Dieses wichtige und große Vorhaben der jetzigen Bundesregierung kann nun doch noch in letzter Minute als Gesetz beschlossen werden“, sagt Dr. Frank Johannes Hensel, Vorsitzender der Landesarbeitsgemeinschaft Freie Wohlfahrtspflege NRW (LAG FW). „Das könnte eine wesentliche Verbesserung der Bildungs- und Entwicklungschancen auch für benachteiligte Kinder werden“, hofft Hensel.

Pandemie hat gezeigt, wie systemrelevant die Ganztagsbetreuung von Kindern ist

Die Klassenräume blieben während der Corona-Pandemie viel zu häufig leer. Foto: Alexander Völkel für Nordstadtblogger.de

Die Freie Wohlfahrtspflege mit ihren Mitgliedsverbänden, die Träger der meisten offenen Ganztagsschulen in NRW sind, warten seit Langem auf diesen Durchbruch bei den Verhandlungen über die Kostenaufteilung zwischen Bund und Ländern. Die Blockade des Gesetzentwurfs hatte bisher weitere Schritte der Landesregierung in Nordrhein-Westfalen für eine Verbesserung des Offenen Ganztags behindert.

„Gerade in der Pandemie ist deutlich geworden, wie systemrelevant die Ganztagsbetreuung von Kindern ist, damit die Vereinbarkeit von Familie und Beruf gegeben ist“, sagt Helga Siemens-Weibring, Vorsitzende des Arbeitsausschusses Kinder, Jugend und Familie der LAG FW. Nicht nur schulische Bildung, sondern der ganzheitliche Blick auf die Persönlichkeitsentwicklung der Kinder habe eine zunehmend größere Bedeutung.

„Nun fordern wir die Aufnahme gemeinsamer Gespräche zwischen den Ministerien, der kommunalen Seite und den Verbänden, um die notwendigen Verbesserungen der Qualität in der Offenen Ganztagsschule (OGS) in NRW zu erreichen“, sagt Siemens-Weibring. Denn nicht nur der Ausbau an Plätzen erfordere große Anstrengungen. „Wir drängen seit langem auf eine bessere finanzielle Ausstattung, damit mit gutem Personal ein mit der Schule und dem Unterricht verzahntes Bildungsangebot für Grundschulkinder den ganzen Tag über gemacht werden kann“, sagt sie.

 Rechtsanspruch für alle Grundschüler*innen ab dem Schuljahr 2026/27

Foto: Alexander Völkel für Nordstadtblogger.de

Das Ziel dieses Gesetzes ist die Einführung des Rechtsanspruchs für alle Schulkinder der Klassenstufen 1 bis 4 ab dem Schuljahr 2026/27. Das Ganztagsförderungsgesetz sieht vor, dass ab August 2026 zunächst alle Kinder der ersten Klassenstufe einen Anspruch auf Ganztagsangebote an Schule haben.

In den darauffolgenden Jahren soll der Anspruch um je eine Klassenstufe ausgeweitet werden, sodass ab August 2029 jedes Schulkind der Klassenstufen 1 bis 4 einen Anspruch auf Ganztagsangebote an Schule hätte. Der Rechtsanspruch soll im SGB VIII, dort konkret im §24, geregelt werden.

Der Betreuungsumfang soll je acht Stunden an allen fünf Werktagen umfassen, hier wird die Unterrichtszeit angerechnet. Der Rechtsanspruch soll, bis auf maximal vier Wochen, auch in den Ferien gelten – länderabhängig könnte hier eine entsprechende Schließzeit beschlossen werden.

Der Vermittlungsausschuss zwischen Bundesrat und Bundestag hatte am Montagabend doch noch eine Einigung gefunden. Am Dienstag wurde der Gesetzentwurf in den Bundestag eingebracht. Noch in dieser Woche soll der Bundesrat ebenfalls zustimmen.

Mehr Informationen:

  • Die wichtigsten Neuigkeiten im Hinblick auf das geplante Ganztagsförderungsgesetz (GaFöG) und die dortige Regelung des Rechtsanspruchs auf ganztägige Bildung für Kinder der Klassenstufen 1 bis 4 sind:
  • Der Bund beteiligt sich mit Finanzhilfen nicht nur an der Einrichtung neuer Plätze in den Ganztagsangeboten, sondern gibt Finanzhilfen auch für die Erhaltung bereits bestehender Plätze.
  • Weiterhin erhöht der Bund seinen Anteil an der Finanzierung der Investitionskosten zum Ausbau der Ganztagsinfrastruktur mit bis zu 70 Prozent (ursprünglich waren hier bis zu 50 Prozent vorgesehen).
  • Weiterhin wurde vereinbart, dass Evaluationen zu Investitions- und Betriebskosten in den Jahren 2027 und 2030 durchgeführt werden sollen, um so erhöhte und verminderte finanzielle Belastungen der Länder ausgleichen zu können.
Unterstütze uns auf Steady

Mehr zum Thema bei nordstadtblogger.de:

Rechtsanspruch: Hochwertiger Ganztag statt Verwahranstalt für mehr Chancengleichheit und Bildungsgerechtigkeit

Offener Ganztag: Der Rat soll die gestaffelte Erhöhung der OGS-Elternbeiträge ab dem 1. August 2017 beschließen

 

Reader Comments

  1. Offener Ganztag in NRW: Gemeinsam den Kraftakt meistern! Bei der Umsetzung vom Rechtsanspruch muss die Qualität im Blick bleiben (PM AG Freie Wohlfahrtspflege in NRW)

    Die Zeit drängt: Bund und Länder haben sich auf einen Rechtsanspruch auf einen Ganztagsplatz in der Grundschule ab dem Schuljahr 2026/27 geeinigt. Wie geht es weiter mit einem Ausführungsgesetz für Ganztagsangebote in NRW? Wie werden weitere Plätze geschaffen? Wie garantieren wir die Qualität? Um die Zeit bis zum Rechtsanspruch optimal zu nutzen und nachhaltige Qualitätsverbesserungen für Offene Ganztagsangebote in Nordrhein-Westfalen zu erwirken, hatte die Freie Wohlfahrtspflege NRW am Dienstag zum Fachtag „NRW auf dem Weg zum Rechtsanspruch“ nach Essen eingeladen.

    Rund 400 Teilnehmende verfolgten digital und in Präsenz die Veranstaltung und kamen in den Austausch mit Ministerien, kommunalen Spitzenverbänden, Trägern und Einrichtungsleitungen Offener Ganztagsangebote, Schulträgern, Elternvertretungen und Wissenschaft. Mit dabei waren u. a. Dorothee Feller, Ministerin für Schule und Weiterbildung NRW, und Josefine Paul, Ministerin für Kinder, Jugend, Familie, Gleichstellung, Flucht und Integration NRW.

    „Von den Räumen bis zu den Fachkräften: Keine Frage, mit der Umsetzung des Rechtsanspruchs bis 2026 steht uns eine echte Mammut-Aufgabe bevor,“ so Christian Woltering, Vorsitzender der Freien Wohlfahrtspflege NRW. „Umso wichtiger, dass Schul- und Familien-Ministerium nun an einem Strang ziehen und angekündigt haben, gemeinsam die Umsetzung des Rechtsanspruchs in Angriff zu nehmen.“

    Schul- und Familien-Ministerium werden zusammen ein Ausführungsgesetz zum Ganztagsförderungsgesetz für NRW erarbeiten, so die Botschaft von Schul-Ministerin Dorothee Feller und Familien-Ministerin Josefine Paul beim Fachtag. „Das wird nicht einfach, denn beim Ausbau der Plätze darf auch die Betreuungs-Qualität nicht auf der Strecke bleiben. Das kostet Geld. Und Fachkräfte fehlen ohnehin an allen Ecken und Enden. Wir als Freie Wohlfahrtspflege unterstützen die ambitionierten Pläne der Ministerinnen. Gemeinsam meistern wir den Kraftakt!“, so Christian Woltering nach dem Fachtag.

    Wie schwierig die Umsetzung wird, zeigte die lebhafte und kritische Diskussion. Auch Städte- und Gemeindebund, kommunale Spitzenverbände und nicht zuletzt die Vertreter*innen aus den OGS-Trägern verwiesen auf bereits bestehende Probleme wie Raum- und Fachkräftemangel, eine schwierige Ausschreibungs-Praxis und die bereits jetzt bestehende Unterfinanzierung des Systems. „Wir fordern seit Jahren bessere Rahmenbedingungen, die OGS-Träger gehen auf dem Zahnfleisch. Nun auf Teufel komm raus noch mehr Plätze ins System drücken, kann da nicht der Weg sein. OGS ist keine Kinder-Aufbewahrung, sondern bietet Bildung, Erziehung und Betreuung. Quantität darf nicht vor Qualität gehen! Wir werden uns im Umsetzungs-Prozess dafür stark machen“, so Woltering.

    Hintergrundinfo: Die Freie Wohlfahrtspflege in NRW

    In der Arbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege NRW haben sich die Arbeiterwohlfahrt, die Caritas, der Paritätische, das Deutsche Rote Kreuz, die Diakonischen Werke und die Jüdischen Gemeinden mit ihren 16 Spitzenverbänden zusammengeschlossen. Die Freie Wohlfahrtspflege NRW weist auf soziale Missstände hin, initiiert neue soziale Dienste und wirkt an der Sozialgesetzgebung mit. Mit ihren Einrichtungen und Diensten bieten sie eine flächendeckende Infrastruktur der Unterstützung für alle, vor allem aber für benachteiligte und hilfebedürftige Menschen an. Ziel der Arbeit der Freien Wohlfahrtspflege NRW ist die Weiterentwicklung der sozialen Arbeit in Nordrhein-Westfalen und die Sicherung bestehender Angebote.

    http://www.freiewohlfahrtspflege-nrw.de

  2. Dortmund soll stärker auf „Eltern-Jobs“ setzen – Kein Abhetzen mehr zwischen Kita und Arbeitsplatz (PM NGG)

    Mehr „Eltern-Jobs“ in Dortmund: Der Wunsch von Eltern, arbeiten zu gehen, darf nicht an der Kinderbetreuung scheitern. Das fordert die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG). „Es ist für die Betriebe in Dortmund wichtig, dass Kinder und Jobs gut unter einen Hut gebracht werden können“, sagt Torsten Gebehart von der NGG Dortmund.

    Schließlich suchten viele Unternehmen in Dortmund händeringend Arbeitskräfte. „Die Besetzung von Jobs darf also nicht davon abhängen, ob Eltern eine Betreuung für ihre Kinder finden oder nicht. Von der Kita bis zur Grundschule und auch darüber hinaus – für Eltern, die arbeiten wollen, ist es wichtig, dass ihre Kinder gut versorgt sind. Dabei geht es ums Essen genauso wie um die Hausaufgabenbetreuung und um die Freizeit, ums Spielen also“, so Gebehart.

    Der Geschäftsführer der NGG Dortmund spricht sich dafür aus, die Ganztagsbetreuung in Dortmund stärker auf die Bedürfnisse von berufstätigen Eltern und Alleinerziehenden abzustellen: „Wer einen Job annehmen will und das nur machen kann, wenn ihm ein Ganztagsplatz in der Kita oder Schule angeboten wird, der sollte den Betreuungsplatz vorrangig bekommen.“

    Grundsätzlich müssten die Interessen Berufstätiger stärker berücksichtigt werden. Das fange schon bei den Öffnungszeiten von Kitas an. „Hier ist es wichtig, dass Eltern beim Bringen und Holen der Kinder keinen Spagat machen müssen: Ein Abhetzen zwischen Kita und Arbeitsplatz sollte es bei regulären Arbeitszeiten gar nicht erst geben“, so Torsten Gebehart.

    Wichtigster Punkt sei natürlich, dass es überhaupt genug Ganztagsplätze in Kitas und Schulen gebe. „Dabei geht es um Personal und um Räume. Der Politik muss klar sein, dass Arbeitsplätze und am Ende auch die wirtschaftliche Entwicklung in Dortmund ein Stück weit an den Ganztagsplätzen in Kitas und Schulen hängen“, so der Gewerkschafter.

    Aber auch die Unternehmen in Dortmund selbst sollten alles daransetzen, Eltern den Schritt ins Arbeitsleben leichter zu machen: „Starre Schichtpläne sind dabei oft Bremsklötze. Es spricht doch nichts dagegen, eine 8-Stunden-Schicht auch zu splitten: also mehr Teilzeit im Schichtbetrieb“, fordert Torsten Gebehart. Mehr Flexibilität bedeute allerdings immer auch mehr Organisation und Planungsaufwand bei der Schichteinteilung.

    Interessant sei dies beispielsweise bei der Produktion von Lebensmitteln. Denn dabei werde oft im Schichtbetrieb gearbeitet. In der Nahrungsmittelherstellung sind nach Angaben der Arbeitsagentur insgesamt aktuell rund 1.950 Menschen in Dortmund beschäftigt. „Die Betriebe der Lebensmittelherstellung, die eine ‚Familien-Offensive‘ fahren, haben einfach deutlich bessere Chancen, das Potential, das Eltern und Alleinerziehende als Beschäftigte bieten, für sich zu nutzen“, macht Gebehart deutlich. Insgesamt arbeiten nach Angaben der NGG in ganz Nordrhein-Westfalen mehr als 800.000 Beschäftigte Tag für Tag in Wechselschichten. Die Gewerkschaft beruft sich dabei auf Angaben des Statistischen Bundesamtes (Destatis).

    Außerdem spricht sich die NGG Dortmund dafür aus, dass Betriebe sich in Dortmund zusammenschließen und eigene Angebote für eine Ganztagsbetreuung von Kindern organisieren. „Vom Handwerk bis zum mittelständischen Industrieunternehmen: Wenn Betriebe im gleichen Ortsteil oder in einem Gewerbepark eine ‚Job-mit-Kind-Betreuung‘ in der Nähe vom Arbeitsplatz der Eltern machen, kann das für viele Eltern und vor allem auch für Alleinerziehende ein wichtiger Impuls sein, wieder ins Berufsleben einzusteigen“, so Torsten Gebehart.

Write a Comment

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert