Kaum ein städtischer Bereich ist so dicht bebaut wie die Nordstadt – dem bevölkerungsreichsten und auch jüngsten Stadtteil in Dortmund. Das birgt mehrere Probleme: Kein Stadtbezirk braucht mehr Kitas. Doch nirgends ist der Platz knapper. Daher geht es jetzt hoch hinaus: Erstmals ist eine Kita nicht in einem Erdgeschoss untergebracht – und der Spielplatz ist auf dem Dach!
Familie Hüßler öffnet die Türen des ehemaligen Büro- und Lagergebäudes
Nach knapp drei Jahren Planungs- und Bauzeit ist das Umbauprojekt in der Nordstraße 23-25 auf der Zielgeraden. Ab Oktober 2021 wird das ehemalige Büro- und Lagergebäude der Fa. Faustmann & Rodenkirchen die neue Adresse für eine sechszügige Kindertagesstätte mit einem Dachspielplatz, 19 behinderten- bzw. rollstuhlgerechten Apartments, einer Logopädie-Praxis sowie einem Kinder- und Jugendtreff sein.
Bei einem gemeinsamen Rundgang mit Vertreter*innen der Stadterneuerung und des Quartiersmangements, die den Eigentümern bei der Planung zur Seite standen, gab es bei den künftigen Nutzer*innen viele strahlenden Gesichter.
Wobei „zukünftig“ nicht ganz stimmt: Logopädin Barbara Pleuger ist mit ihrer großen Praxis bereits im Dezember 2020 eingezogen. Sie ist bereits seit 1992 in der Nordstadt und freut sich, mit den neuen Räumen in einem Haus mit verschiedenen und sehr unterschiedlichen Akteuren zu sein – sie erhofft sich davon Impulse auch für die eigene Arbeit sowie für die Nordstadt insgesamt.
Die privaten Eigentümer haben 5,5 Millionen Euro investiert
Ebenfalls schon eingezogen ist Grünbau: Im Juni sind das Nähprojekt sowie der Kinder- und Jugendtreff aus der eigenen Immobilie in der Mallinckrodtstraße ins Erdgeschoss bei der ITW-GmbH in der Nordstraße umgezogen.
Die Einrichtungen mussten verlagert werden, weil das Gebäude umgebaut wird. Doch eine Rückkehr ist nicht geplant: In die Räume dort wird zukünftig eine Kita einziehen. Doch statt auf dem Dach wird deren Spielplatz im Hinterhof eingerichtet.
Mit dem Dachspielplatz betreten Werner und Stephan Hüßler von der ITW GmbH als Eigentümer der Immobilie absolutes Neuland. Das Gebäude stand in den oberen Etagen seit vielen Jahren leer.
Nachdem Familie Hüßler es 2018 für rund eine Million gekauft hatte, wurde der Sanierungsstau behoben und die Immobilie umfassend instand gesetzt. Rund 4,5 Millionen Euro investierte die familiengeführte Immobilienverwaltungsgesellschaft aus Ahaus, die seit 20 Jahren in der Nordstadt aktiv ist, in die Immobilie.
100 Tonnen Stahl: Dachspielplatz als planerische Herausforderung
„Wir haben uns auf die Sanierung und anschließende Vermietung von Bestandsimmobilien spezialisiert“, so Werner Hüßler. Sein Sohn Stephan Hüßler ist der Firmennachfolger. „Seit Beginn der Bauphase wurden etwa 4.000 Quadratmeter ehemalige Büro-, Lager- und Dachflächen zu einer modernen Begegnungsstätte mitten im Herzen der Dortmunder Nordstadt wiederbelebt.“
„Das Highlight dieses Umbaus bildet der neue Spielplatz mit einer Fläche von etwa 500 Quadratmetern auf dem Dach des Gebäudes. Wir freuen uns, dass wir damit der Kindertageseinrichtung einen eigenen Freiraum in der Nordstadt bieten können“, so Werner Hüßler.
Dies war aber planerisch und statisch eine riesige Herausforderung. Denn auf dem Dach wurden bzw. werden 100 Tonnen Stahlträger und Zäune verbaut, macht Bauunternehmer Jochen Tempel deutlich.
Kita und Betreutes Wohnen ziehen ab Oktober in die neuen Räume
Die neuen Mieter*innen ziehen voraussichtlich ab Oktober ein. Der sechsgruppige Kindergarten wird von den Katholischen Kindertageseinrichtungen Östliches Ruhrgebiet gGmbH betrieben – sie ist bereits mit vielen Einrichtungen in Dortmund vertreten.
Auch in der Nordstadt ist St. Joseph keine Unbekannte und bisher schon in der Missundestraße vertreten. Geschäftsführer Thorsten Herrmann freut sich auf die neue Einrichtung – nicht zuletzt wegen des Dachspielplatzes – der einzige unter seinen 150 Kitas. Auch bei anderen Trägern weit und breit gibt es so etwas nicht.
Auf eine gute Ökumene hofft Hermann mit den anderen kirchlichen Nachbarn: Die Stiftung Bethel.regional hat die oberen Etagen des Gebäudes langfristig gemietet. Dort befinden sich 17 behinderten- bzw. rollstuhlgerechten Apartments, in denen der evangelische Träger intensiv betreutes Wohnen für Menschen insbesondere mit psychischen Handicaps anbieten will.
Pastorin Verena Schmidt, Geschäftsführerin von Bethel.regional, freut sich darüber, dass die neue Einrichtung mitten in einem lebendigen Quartier ist und nicht „auf der grünen Wiese“.
Idee für Dachspielplatz und anderen Nutzungen entand durch Beratung
Die ITW GmbH hat sich im Vorfeld der Sanierungsarbeiten intensiv durch das Amt für Stadterneuerung und das Quartiersmanagement Nordstadt beraten lassen. Dass hier eine Kita und Stiftung einziehen könnten, hatten die Eigentümer nicht auf dem Schirm.
°Wir hatten vor allem an Wohnungen und Büros gedacht“, gesteht der Senior. Doch die Idee gefällt Vater und Sohn deutlich besser. Sie entstand u.a. im Zusammenspiel mit Uta Wittig-Flick von der Stadterneuerung und dem Quartiersarchitekten Till Rendenz.
„Nach dem aufwändigen und innovativen Umbau erstrahlt das ehemalige Büro- und Lagergebäude jetzt in neuem Glanz“, freut sich Stadtrat Ludger Wilde. „Die Mischung aus Wohnungen und den verschiedenen Angeboten für Kinder und Jugendliche in dem Gebäude bereichern das Nordmarkt-Quartier um weitere wichtige Angebote im sozialen und kulturellen Bereich“, ergänzt Sebastian Kröger.
„Es ist toll, dass immer mehr private Eigentümer*innen mit ihrem Engagement aktiv die Entwicklung der Nordstadt anschieben. Dabei unterstützen wir sie gern“, so der stellvertretende Leiter des Amtes für Stadterneuerung.