67 Prozent der Beschäftigten im öffentlichen Dienst haben in den vergangenen zwei Jahren Beleidigungen, Bedrohungen und tätliche Angriffe erlebt. Vor diesem Hintergrund wirbt der Dortmunder DGB gemeinsam mit den Dortmunder Stadtwerken (DSW21) für mehr Respekt gegenüber den Beschäftigten. Eine Stadtbahn und ein Linienbus fahren ab sofort mit dem Motto der bundesweiten Kampagne „Vergiss nie, hier arbeitet ein Mensch“ durch die Stadt.
Jutta Reiter: „Alle Beschäftigten im Dienst der Gesellschaft werden immer öfter Opfer.“
„Die Gewalt betrifft längst nicht mehr nur die Polizei und andere Sicherheitskräfte“, sagt Jutta Reiter, DGB-Vorsitzende in Dortmund. „Alle Beschäftigten im Dienst der Gesellschaft werden immer öfter Opfer. Von daher sind wir dankbar, dass DSW21 unsere Kampagne unterstützt und damit ein deutlich sichtbares Zeichen setzt!“
Bei der Kampagne geht es um mehr Respekt gegenüber Polizist*innen, Feuerwehrleuten, Mitarbeiter*innen von Rettungsdiensten, Beschäftigten im Gesundheitswesen, in Bildungseinrichtungen, bei Ordnungsämtern oder Jobcentern und auch anderen öffentlichen Verwaltungen und Betrieben.
„Zunehmende Respektlosigkeit und sinkende Hemmschwellen sind so grundlegende Probleme, dass wir darüber dringend einen gesellschaftlichen Diskurs führen müssen. Auch die Bus- und Stadtbahnfahrer*innen von DSW21, unsere Mitarbeitenden in der Fahrausweisprüfung sowie im Service- und Präsenzdienst werden zunehmend angegangen“, ergänzt Harald Kraus, Arbeitsdirektor bei DSW21.
„Erst wurden die Beschäftigten beklatscht – wenig später schon wieder beschimpft. Da besteht eine Unwucht.“
Viele Beschäftigte klagen über langfristige Folgen für ihren Arbeitsalltag und ihre Gesundheit. „Das ist für uns als Arbeitgeber nicht hinnehmbar. Es ist aber auch ganz grundsätzlich inakzeptabel – deshalb unterstützen wir die Kampagne sehr gerne“, so Kraus.
Gerade während der Corona-Pandemie hat er ein Phänomen beobachtet, das ihm Sorge bereitet: „Erst wurden die Beschäftigten in Medizin, Pflege und vielen Branchen der Grundversorgung und Daseinsvorsorge beklatscht – wenig später werden sie schon wieder beschimpft. Da besteht eine Unwucht.“
Laut einer bundesweiten Umfrage des DGB wird häufig der Frust und Ärger über den Staat gegenüber den Beschäftigten im öffentlichen Dienst ausgelebt. Über 70 Prozent der Befragten gaben an, dass Bürger*innen aufgrund von zu wenig Personal, schlechter Ausstattung, mangelhaftem Service und hohem Bürokratieaufwand oft genervt sind und aggressiv reagieren.
Hier sieht ver.di-Bezirksgeschäftsführer Michael Kötzing dringenden Handlungsbedarf: „Diese Erfahrungen müssen für uns Warnung sein. Wir dürfen die Kolleginnen und Kollegen mit der Gewalt nicht alleine lassen; wir müssen aktiv Veränderungen anstoßen. Die Beschäftigten im öffentlichen Dienst brauchen Unterstützung, Hilfe und Anerkennung für ihre Tätigkeit. Für uns ist die tägliche Gewalt und Aggression nicht zu akzeptieren, die Beschäftigten sind keine Blitzableiter für Frust und Aggression.“
Hintergrund:
- Mit Plakatmotiven, einer Beschäftigtenbefragung, einem Video-Spot, einer Meldekarte für Übergriffe gegen Beschäftigte und vielen bundesweiten Aktionen thematisiert die DGB-Initiative „Vergiss nie, hier arbeitet ein Mensch“ Gewalt und Respektlosigkeit gegenüber Beschäftigten.
- Die Initiative skizziert das Ausmaß eines gesellschaftlichen Skandals und fordert einen gesellschaftlichen Bewusstseinswandel und konkrete Verbesserungen für Beschäftigte im Dienst der Gesellschaft.
- Weitere Informationen und Materialien unter www.mensch.dgb.de
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Nordstadtblogger-Redaktion
EDG beteiligt sich an der DGB-Initiative: „Vergiss nie, hier arbeitet ein Mensch“
Wer sich tagtäglich für unsere Gesellschaft einsetzt, sollte keine Angst vor Gewalt am Arbeitsplatz haben. Der DGB veröffentlicht jedoch erschreckende Zahlen. 62 Prozent aller Mitarbeiter*innen im öffentlichen Dienst und dem priva- tisierten Sektor wurden schon mal während der Arbeit beleidigt, beschimpft oder angegriffen. Auch EDG-Mitarbeiter*innen z. B. auf den Recyclinghöfen oder bei der Straßenreinigung haben schon ähnliches erfahren. Dies war für die EDG ein Anlass, sich an der DGB-Initiative zu beteiligen.
Der DGB macht seit Februar 2020 mit seiner Initiative „Vergiss nie, hier arbeitet ein Mensch“ deut- lich, was die Beschäftigten täglich für die Gesellschaft leisten – und was sie im Gegenzug erleben. Es geht um Respekt gegenüber Polizist*innen, Feuerwehrleuten, Mitarbeiter*innen von Rettungs- diensten, in Jobcentern und vielen weiteren öffentlichen Verwaltungen und Betrieben. „Die Gewalt betrifft längst nicht mehr nur die Polizei und andere Sicherheitskräfte“, sagt Jutta Reiter, DGB-Vorsit- zende in Dortmund. „Alle Beschäftigten im Dienst der Gesellschaft werden immer öfter Opfer. Von daher sind wir dankbar, dass die EDG unsere Kampagne unterstützt und damit ein deutlich sicht- bares Zeichen setzt!“
EDG-Geschäftsführer Bastian Prange begründet die Unterstützung der DGB-Initiative: „Die Gewalt gegen Beschäftigte im öffentlichen Dienst muss ein Ende haben. Unsere Mitarbeiterinnen und Mitar- beiter, die dazu beitragen, dass unser Gemeinwesen funktioniert, verdienen Respekt. Bei uns ist der Schutz unserer Beschäftigten schon länger Thema.“ Die EDG bietet ihren Mitarbeiter*innen z. B. Deeskalationstrainings an und stattet sie mit kleinen tragbaren Alarmsirenen und stark blendenden Taschenlampen aus.
Herzstück der Initiative ist eine Plakatreihe. Ein EDG-Müllwagen ist mit dem Plakat „Ich hole deinen Müll ab. Und du pöbelst mich an?“ beschriftet und leert Abfallbehälter unter anderem in den nördli- chen Dortmunder Stadtteilen.
Die DGB-Initiative „Vergiss nie, hier arbeitet ein Mensch“ beleuchtet die Ursachen der Gewalt ge- gen Beschäftigte des öffentlichen Dienstes. So lösen Einsparungen bei Personal und Leistungen, die die Funktionsfähigkeit der Dienstleister schmälern, Frustration und Aggressionen bei den Bürger*in- nen aus.
Insgesamt, stellt der DGB fest, verrohe die Gesellschaft. Eigene Interessen wiegen immer stärker und die kleinsten Unannehmlichkeiten führen oft zu heftigen verbalen und körperlichen Aus- einandersetzungen. ver.di-Bezirksgeschäftsführer Michael Kötzing dazu: „Diese Erfahrungen müs- sen für uns Warnung sein. Wir dürfen die Kolleginnen und Kollegen mit der Gewalt nicht alleine lassen; wir müssen aktiv Veränderungen anstoßen. Die Beschäftigten im öffentlichen Dienst brau- chen Unterstützung und Anerkennung für ihre Tätigkeit. Für wollen die tägliche Gewalt und Aggres- sion nicht akzeptieren.“
Die Folgen von Gewalt und Aggressionen für die Beschäftigten schwerwiegend: 29,4 Prozent der Betroffenen wurden nach einem Angriff krankgeschrieben, mehr als jeder Zehnte berichtet von an- haltenden psychischen Problemen und nicht wenige Beschäftigte sind nach einer Gewalterfahrung nicht mehr arbeitsfähig. Neben dem individuellen Leid kosten diese Folgen die Steuerzahler*innen viel Geld.
Für die EDG ist klar: Sie möchte zum öffentlichen Bewusstseinswandel beitragen. Beschäftigte sind keine Blitzableiter. Ihre körperliche und seelische Gesundheit hat höchste Priorität.