Von Susanne Schulte
Der Kirchenvorplatz ist schon seit Wochen gesperrt, zu Gottesdiensten gehen die Gläubigen in die Markus- oder die Pauluskirche und zum Dienst im Lutherzentrum die Gemeindemitarbeiter*innen über das Kindergartengelände in ihre Büros – und jetzt schweigen auch noch die Glocken. Das alles muss so sein, damit niemanden womöglich ein Stein aus dem Turm der alten Lutherkirche an der Hirtenstraße auf den Kopf fällt. Wie Pfarrerin Birgit Worms-Niggmann auf Anfrage von Nordstadtblogger erzählt, war in der vergangenen Woche ein Fachmann in Sachen Gebäudesanierung vor Ort, hat sich den Turm angeguckt und angeordnet, sofort das Glockengeläut abzustellen. „Die Glocken versetzen den ganzen Turm in Schwingungen und diese Bewegung kann das Gemäuer instabil machen“, sagt sie.
Sicherheit vor Glockengeläut: Ausgewaschene Fugen machen eine Sanierung des Gemäuers nötig
Dass der Turm nicht mehr wie eine feste Burg an der Kreuzung von Flur- und Hirtenstraße steht, weiß die Lydiagemeinde schon seit einiger Zeit und hatte den kompletten Kirchenvorplatz bereits abgesperrt. ___STEADY_PAYWALL___
Ein Stein löste sich bereits zu Anfang des Frühjahrs und fand sich vor dem Eingang zur Kirche wieder. Der Grund: Die Fugen sind ausgewaschen und dadurch lockern sich die Steine.
Jetzt wartet das Presbyterium auf den Kostenvoranschlag der Fachfirma zur Sanierung. Bis dahin gilt: Sicherheit geht vor Glockengeläut – mögen das die Anwohner*innen auch noch so sehr bedauern.
Die Lutherkirche und ihr damit noch erhaltener Turm sind 1907 eingeweiht worden, weiß Pfarrerin Carola Theilig. Die drei unterschiedlich großen Glocken stiftete damals die Hoesch AG.
Gegossen wurden sie beim Bochumer Verein in Bochum. Und weil die Lutherkirche eben Lutherkirche heißt, steht auf jeder der Glocken jeweils die Anfangszeile von Liedern, die Martin Luther geschrieben hat.
Die große Glocke trägt die Worte „Aus tiefer Not schrei ich zu dir“, die mittlere Glocke verkündet „Eine feste Burg ist unser Gott“ und auf der kleinsten steht „Nun freut Euch liebe Christengemein“. Nachzulesen ist das alles in einer Festschrift.
Architekt Ernst Marx baute nach denselben Plänen eine Kirche in Wetter
Und Carola Theilig weiß noch eine außergewöhnliche Geschichte zur ursprünglichen Lutherkirche zu erzählen: „Die gleiche Kirche steht noch in Wetter.“ Der Architekt, das war Ernst Marx aus Wetter/Ruhr, verabredete damals mit den Presbyterien in der Dortmunder Nordstadt und der Stadt am Fluss, den selben Plan gleich zweimal umsetzen zu dürfen. Ist die Kirche in Wetter noch komplett erhalten, hofft das Presbyterium der Lydia-Kirchengemeinde, dass hier zumindest der Turm erhalten werden kann.
Reader Comments
Michael Wüsthoff
Hallo liebe Nordstadtblogger!
„Durch den Abriss des Kirchturms musste geguckt werden, wo man die Glocken unterbringt. Die Firma HEW hat mit einem Kran die Glocken aus dem Turm geholt. „Man braucht es halt, dieses Netzwerk. Das irgendjemand mitdenkt“, sagt Frau Parussel.“ Und ich denke mit. Die Schwerter St.-Viktor-Kirche braucht eine neue cis‘-Glocke: https://www.evangelische-kirche-schwerte.de/eine-glocke-an-der-st-viktor-kirche-stillgelegt/ . Und die Gemeinde in Schwerte könnte ihre e‘-Glocke mit der e‘-Glocke aus dem Lutherkirchturm ersetzen, wenn die qualitativ besser ist und die große Glocke im Ton ais°/b° würde das Geläut an St. Viktor vergrößern und bereichern. Es können also alle drei Glocken in den Tönen ais°/b° , cis‘ und e‘ wieder im Turm der St.-Viktor-Kirche in Schwerte quasi weiterleben und -wirken. Allemal besser, als die Glocken irgendwo abzustellen bzw. im Museum einzumotten. Glocken, die nicht läuten sind wie ausgestopfte Tiere: sinnlos.
Liebe Grüße
Michael Wüsthoff