Von Jil Bastian
Ein Großteil der Handwerksbetriebe in Dortmund hat durch die Maßnahmen gegen die Corona-Pandemie mit starken Umsatzeinbußen zu kämpfen – die Frustration ist groß, berichtet die Handwerkskammer. Anfangs sah es so aus, dass das Bauhauptgewerbe nur geringe Verluste verkraften muss, jedoch herrscht seit einigen Wochen Materialknappheit vor. Viele Betriebe befürchten ihre Mitarbeiter*innen in Kurzarbeit schicken zu müssen. Die Handwerksunternehmen suchen trotz Corona weiterhin Auszubildende – die Anzahl an Bewerbungen ist im Gegensatz zu den Vorjahren stark rückläufig. Viele handwerkliche Unternehmen versuchen auch bei Frauen Interesse für das Berufsfeld zu wecken.
Aktuelle Geschäftslage sieht nicht positiv aus- Steigende Preise sind in kommenden Monaten zu erwarten
Die Stimmung der im Handwerk tätigen Personen ist von der Pandemie und dem daraus resultierenden Lockdown geprägt. 81 Prozent der Handwerksbetriebe im Kammerbezirk der Handwerkskammer Dortmund bewerten die Geschäftslage aktuell negativ. Die Erwartungen bezüglich der Entwicklung der wirtschaftlichen Situation in den kommenden sechs Monaten sind zuversichtlicher und liegen somit seit über zwei Jahren wieder über der Einschätzung der aktuellen Wirtschaftslage. ___STEADY_PAYWALL___
Durch vermehrtes Impfen werden viele Beschränkungen zurückgenommen und die Situation wird sich entspannen. Der Gesamtumsatz der befragten Handwerksunternehmen in Dortmund ist um 44 Prozent gesunken, was einen enormen Rückschlag für die Betriebe darstellt. Sie erhalten mehr als ein Drittel weniger Aufträge und müssen teils ihre Verkaufspreise erhöhen, um die entgangenen Umsätze wieder einzufahren.
Zudem haben sich die Einkaufspreise im Nahrungsmittelhandwerk, Bauhauptgewerbe und bei den personenbezogenen Dienstleistungen erhöht, sodass sie ohne eine Preiserhöhung keinen Gewinn mehr erzielen können. Die Anzahl der beschäftigten Mitarbeiter*innen bleibt überraschend konstant, jedoch lässt sich das auf die Auslastung im Baugewerbe zurückführen, welche in den letzten Monaten viel zu tun hatten und somit von den Corona-Maßnahmen profitiert haben. 35 Prozent der Betriebe vermuten, dass die Preise in den nächsten Monaten weiterhin steigen werden.
Volle Auftragsbücher bei Bauhauptgewerbe während Pandemie- akute Materialknappheit führt zur Kurzarbeit
„Man ist bereit auch schlechte Zeiten mit dem Personal, was vorhanden ist, durchzustehen, weil man genau weiß, wie knapp gute Mitarbeiter sind und wie rar auch Fachkräfte sind. Dort sieht man, dass Handwerk durchaus auch ein Beschäftigungsanker in dieser Situation ist“, erklärt Kammer-Präsident Berthold Schröder.
Das Bauhauptgewerbe kann sich im Gegensatz zu den weiteren Handwerksberufen nicht beschweren. Bei einem Viertel der Unternehmen des Bauhauptgewerbes hat sich die Anzahl der Aufträge in den vergangenen sechs Monaten verbessert. Auch in diesem Gewerbe haben knapp die Hälfte aller Betriebe aufgrund von teureren Einkaufspreisen ihre Verkaufspreise angehoben.
Der Vorteil dieser Betriebe waren die geringen Einschränkungen, sodass alle Mitarbeiter*innen ohne Kurzarbeit oder Ähnliches weiterarbeiten konnten. Aktuell gibt es jedoch bei dem Bauhauptgewerbe ein akutes Problem. Es liegt eine Materialknappheit vor, so dass viele Mitarbeiter*innen in der kommenden Zeit Kurzarbeit beantragen müssen.
Der Holzbereich, der Dämmungsbereich und viele weitere Bereiche sind betroffen. Eine Vielzahl an Betrieben befürchtet mittlerweile in Kurzarbeit gehen zu müssen, weil das Material ausgeht. „Es ist eine krisenhafte Situation“, erklärt Berthold Schröder mit Hinblick auf die kommenden Monate für das Bauhauptgewerbe.
Pandemie beeinflusst Ausbildungsverhältnisse kaum – Durch Wegfall von Praktika weniger Bewerbungen wie zuvor
Im Sommer werden viele junge Menschen ihre Ausbildung beispielsweise in Handwerksberufen beginnen. Umfragen haben ergeben, dass sich das Ausbildungsangebot in einem Großteil der Betriebe kaum bis gar nicht verändern wird.
Bei den meisten Unternehmen wird der Ausbildungsbetrieb wie gewohnt weiterlaufen. 11,8 Prozent der Auszubildenden waren während der Pandemie im Home-Office, vier Prozent hatten Kurzarbeit und bei knapp zehn Prozent gab es andere betriebsbedingte Einschränkungen.
Der Großteil von ihnen hat keine negativen Auswirkungen aufgrund der Pandemiesituation erlebt – betont zumindest die Kammer. Die Bewerbungsgespräche, welche ein wichtiges Instrument des Einstellungsprozesses darstellen, sind weiterhin das wichtigste Kriterium, um einen Ausbildungsplatz zu erhalten. Eine Vielzahl an Unternehmen veranstaltet Bewerbungsgespräche vor Ort. Einige Unternehmen treffen aufgrund der wirtschaftlich schwierigen Zeit aktuell keine Auswahl an Bewerber*innen oder erhalten kaum bis keine Bewerbungen für Ausbildungsplätze.
Ein Grund dafür sind die wegfallenden Praktika aufgrund der Pandemie: „Es ist eine besondere Schwierigkeit im Handwerk junge Menschen für das Handwerk zu begeistern, wenn man die Praktikumsphasen nicht hat, denn Handwerk muss man fühlen, schmecken, riechen und anfassen können. Es ist was sehr Haptisches und nur dann bekommt man die Begeisterung für das Handwerk auch transportiert“, betont Berthold Schröder mit Blick auf das kommende Ausbildungsjahr, welches in einigen Monaten mit hoffentlich einer Vielzahl an neuen Auszubildenden beginnen wird.
Handwerk ist immer noch männerdominierender Beruf- Handwerksbetriebe wünschen sich mehr weibliche Azubis
In Handwerksbetrieben arbeiten überwiegend Personen des männlichen Geschlechts, jedoch versucht man seit einigen Jahren das Berufsfeld auch für Frauen attraktiv zu gestalten. 77,2 Prozent gaben bei einer Umfrage der Handwerkskammer Dortmund an, dass sie ihr Handwerk nicht als männerdominiert sehen.
Knapp ein Viertel sehen den Beruf immer noch traditionell männlich an und unterstützen ihre Meinung mit Argumenten wie der Tradition, des Desinteresses von Frauen gegenüber dem Berufsfeld oder aufgrund der körperlichen Arbeit. 88,3 Prozent der Betriebe sehen Potenzial in jungen Frauen in ihrem Betrieb, auch wenn diese in einem männerdominierten Gewerk tätig sind.
11,7 Prozent vertreten die gegensätzliche Meinung, da sie ebenfalls den Beruf als zu anstrengend für Frauen einschätzen. Zudem sind sie der Überzeugung, dass Frauen in dem Beruf schon sehr oft gescheitert sind und die Unternehmen nur in seltenen Fällen Bewerbungen von ihnen erhalten. Als besonders männerdominiert sehen sich Betriebe des Bauhandwerks, da die körperliche Arbeit in einem noch größeren Ausmaß gefordert wird. 43,8 Prozent sind der Überzeugung, dass die Ausübung einer solchen Tätigkeit kein Beruf für Frauen ist.
Wenn das Potenzial potenzieller Auszubildender seitens der Ausbildungsbetriebe erkannt wird, hat ein Drittel (33,3 Prozent) bereits Maßnahmen ergriffen, um Frauen zu ermutigen sich in ihrem Betrieb für eine Ausbildung zu bewerben.
Durch Angebote wie den jedes Jahr stattfindenden Girls Day, Werbung, Anzeigen, Social Media und viele weitere Angebote, sollen junge Frauen auf das Interesse des jeweiligen männerdominierenden Ausbildungsbetriebs an weiblichen Arbeitskräften aufmerksam gemacht werden. Rund 20 Prozent der Ausbildungsbetriebe, die aktiv geworden sind und junge Frauen gezielt ansprechen, verzeichnen positive Statistiken. Sie konnten bereits einen Zuwachs an ausbildungsinteressierten Frauen in den Handwerksberufen sehen.
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Umfrage: Probleme in den Lieferketten stark gestiegen – Online-Infoveranstaltung am kommenden Montag ab 17.30 Uhr (PM HWK Dortmund)
Umfrage: Probleme in den Lieferketten stark gestiegen – Online-Infoveranstaltung am kommenden Montag ab 17.30 Uhr
Vier von zehn Betrieben im Handwerk sind im Vergleich zum Mai vorigen Jahres von Umsatzrückgängen betroffen. Der durchschnittliche Verlust liegt derzeit bei 38 Prozent (Januar 2021: 55 Prozent). Sinkende Auftragsbestände (bei 39 Prozent) fallen zwar moderater aus als noch zu Jahresbeginn (Januar 2021: 56 Prozent), doch sie sind weiterhin eine Herausforderung bei der Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebs. Am stärksten davon betroffen sind die Persönlichen Dienstleistungen, Lebensmittel- und KFZ-Handwerke. Das hat eine Ende Mai vom Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH) bundesweit durchgeführte Umfrage ergeben, an der auch Betriebe aus dem Kammerbezirk Dortmund beteiligt waren.
Stark zugenommen haben offenbar Probleme in den Lieferketten. 61 Prozent der Handwerksunternehmen berichteten, dass Rohstoffe, Materialien oder Vorprodukte in den letzten vier Wochen nur eingeschränkt oder gar nicht verfügbar waren (Januar 2021: 40 Prozent). Die Auswirkungen sind dabei teilweise dramatisch und drohen die Erholung zu gefährden. Besonders hoch ist die Betroffenheit in den Bau- und Ausbaugewerken und den Handwerken für den Gewerblichen Bedarf. Am häufigsten fehlen aktuell Metalle (53 Prozent). Oft gibt es aber auch Engpässe bei Holz (38 Prozent), Kunststoffen und Elektronikkomponenten (je 37 Prozent) sowie Dämmstoffen (29 Prozent).
Bei den Betrieben mit Beeinträchtigungen in der eigenen Lieferkette berichteten 84 Prozent davon, dass Aufträge storniert oder verschoben werden müssen. Mit 61 Prozent meldet zudem ein großer Anteil, dass infolge von Materialknappheiten Einkaufspreise teilweise so stark gestiegen sind, dass die Abarbeitung bestehender Aufträge nicht mehr rentabel ist und Verluste eingefahren werden. Ein noch kleiner Teil der Betriebe (4 Prozent) hat aufgrund des Materialmangels bereits Beschäftigte in Kurzarbeit geschickt.#
TIPP: Die Rechtsabteilung der HWK Dortmund informiert am kommenden Montag, 14. Juni, ab 17.30 Uhr, online interessierte Unternehmen über juristische Möglichkeiten. Zudem gibt es für Betroffene Gelegenheit zum direkten Austausch über diese Thematik. Neben Kammer-Präsident Berthold Schröder werden Vivien Gravenstein, Juristin bei der HWK Dortmund, Frederike Tanzeglock, Juristin des Fachverbands Metall NRW sowie Matthias Eisfeld, Geschäftsführer des Innungsverbands des Zimmerer- und Holzbaugewerbes Westfalen, die Teilnehmer umfassend informieren.
Anmeldung und weitere Infos gibt es unter:http://www.hwk-do.de
Die Bundesagentur für Arbeit beteiligt sich am Girls‘Day & Boys’Day (PM)
Sie baut Boote, arbeitet in einer Werft. Er ist Erzieher, arbeitet mit Kindern. Beides geht heute selbstverständlich. Gleichwohl bringen mitunter geschlechterspezifische Rollenzuschreibungen nach wie vor Mädchen und Jungen von einer solchen Berufswahl ab: In Berufen mit einem hohen Anteil an Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik (sogenannte MINT-Berufe) sind 17 Prozent der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten Frauen. In Berufen etwa für Erzieherinnen und Erzieher und Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter sind circa 17 Prozent der Beschäftigten Männer.
Am Donnerstag, den 28. April 2022, findet bundesweit der Girls‘Day und Boys‘Day statt. Mädchen gewinnen dann in ganz Deutschland Einblicke in Berufe, in denen meist Männer tätig sind. Für Jungen ist es umgekehrt: Sie erkunden Berufe, die überwiegend Frauen wählen. Jugendliche sollen sich so über das Berufsangebot in der ganzen Breite informieren können, ohne sich an Rollenbildern zu orientieren. Auch die Arbeitsagentur Dortmund engagiert sich seit Jahren mit vielen Aktionen gezielt für Jungen und Mädchen, so etwa in diesem Jahr mit einem digitalen Boys’Day.
Die Bundesagentur für Arbeit beteiligt sich mit vielen Angeboten am Girls‘Day und Boys’Day. Die Beauftragten für Chancengleichheit am Arbeitsmarkt koordinieren bundesweit Aktivitäten unter anderem mit Best-Practice-Beispielen aus den Unternehmen digital und auch vor Ort. Arbeitsagenturen, Jobcenter und Jugendberufsagenturen bringen Jugendlichen zum Girls‘Day und Boys‘Day zudem auch Ausbildungs- und Studienberufe in der Arbeitsverwaltung näher. Auf der Suche nach zukünftigen Fachkräften bieten Unternehmen und Einrichtungen in ganz Deutschland den Jugendlichen für die berufliche Orientierung Einblicke hinter die Kulissen. Mithilfe des „Radars“ können die Jugendlichen auf den Internetseiten http://www.girls-day.de und http://www.boys-day.de passende Angebote in ihrer Nähe finden.
Detlef Scheele, Vorstandsvorsitzender der Bundesagentur für Arbeit: „Für die Jugendlichen ist der Zukunftstag eine inzwischen etablierte und gute Möglichkeit, ihren Blick auf die Berufswelt zu erweitern, indem sie klischeefrei und geschlechterunabhängig Berufe aktiv kennenlernen können. Besonders wichtig sind dabei die Eltern, die Schulen sowie die Lehrerinnen und Lehrer: Sie unterstützen die Jungen und Mädchen in der beruflichen Orientierung, wenn sie ihnen ermöglichen, an den Angeboten zum Girls‘Day und Boys‘Day teilzunehmen. Die jungen Menschen können so auch erste Kontakte zu Betrieben knüpfen – sei es für ein Praktikum oder eine spätere Ausbildung. Deutschlandweit stellen Arbeitgeber dieses Jahr weit über hunderttausend Plätze bereit.“
Hintergrund zum Girls’Day und Boys’Day
Den Girls‘Day und Boys‘Day gibt es jedes Jahr. Das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend und das Bundesministerium für Bildung und Forschung gehören wie die BA zu den Förderern. Daneben sind am Girls‘Day und Boys‘Day unter anderem auch die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA), der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) und der Deutsche Landkreistag beteiligt.
Mehr Informationen und viele Onlineangebote wie Check-U, das Erkundungstool für Ausbildung und Studium der BA, gibt es auf der Internetseite http://www.arbeitsagentur.de.