Von Jil Bastian
Lange Schlangen mit ausreichend Abstand – freier Eintritt für jeden Gast – statt ein Ort für Konzerte und Veranstaltungen ist das Freizeitzentrum West (FZW) ab sofort der neue Ort der Corona-Hilfe, der Obdachlosen in Dortmund die Möglichkeit bietet, kostenfrei warme Mahlzeiten einzunehmen. Gemeinnützige Organisationen – das „Team Wärmebus“ und das „Gast-Haus e.V.“- werden ab Donnerstag (1.April) täglich zwischen 8 und 11 Uhr sowie 16.30 Uhr bis 19.30 Uhr Lunchpakete sowie Suppen an Bedürftige ausschenken, da das Zelt der ,,Corona-Winterhilfe“ neben dem Dortmunder U nicht mehr genutzt werden kann.
Unterstützung von Obdachlosen geht mit Projekt ,,Corona-Hilfe“ am FZW weiter
Das FZW ist eine optimale Alternative, da sich dieses ebenfalls nahe des Dortmunder U befindet und es über ausreichend Platz verfügt. Veranstaltungen können in den kommenden Monaten höchstwahrscheinlich nicht stattfinden, sodass das Gebäude sowieso leer steht, sodass man es für einen guten Zweck nutzen kann.
Das FZW in Dortmund, welches sich ganz in der Nähe vom Dortmunder U und damit auch unweit des bisherigen Standortes der Corona-Winterhilfe, startet ab dem 1. April bis mindestens zum 30.September die ,,Corona-Hilfe“. Durch anstehende Baumaßnahmen kann das Zelt neben dem Wahrzeichen der Stadt nicht mehr für die Versorgung von Obdachlosen genutzt werden und schenkt am Mittwoch (31.März) seine letzte warme Mahlzeit in diesem aus.
„Wir haben seiner Zeit gesagt, das kann nur befristet am Dortmunder U sein, weil wir am 30. April den Platz dort übergeben müssen – und deswegen muss der Rückbau ab Anfang April anfangen“, betonte Sozialdezernentin Birgit Zoerner.
Statt Konzerten gibt es hier die nächsten Monaten Essen für Obdachlose
Aus diesem Grund hat die Stadt Dortmund die Räumlichkeiten sowie Außenflächen des Freizeitzentrums West angemietet: „Wir haben als Stadt den Bistrobereich und den Biergartenbereich angemietet, um hier die Corona-Hilfe fortsetzen zu können“, erklärte Birgit Zoerner.
Das Veranstaltungsprogramm des Freizeitzentrums ist aufgrund des Corona-Lockdowns abgesagt. Außer einigen wenigen Streaming-Veranstaltungen ohne Publikum gibt es keine Veranstaltungen – Konzerte, Tagungen und Partys müssen auf unabsehbare Zeit ausfallen.
Die freien Räumlichkeiten sowie ein 60 Quadratmeter großes Zelt, was vor dem FZW aufgebaut wurde, können ab Donnerstag optimal genutzt werden, sodass bedürftige Personen warme Mahlzeiten von ehrenamtlichen Mitarbeiter*innen der Initiativen ,,Gast-Haus“ e.V. sowie dem „Wärmebus“ erhalten werden.
Die Ehrenamtlichen der Kana-Suppenküche werden nur noch in dieser Woche mithelfen – anschließend möchte man schrittweise seine Arbeit in der Nordstadt wieder aufnehmen.
Das FZW-Team hilft gerne: „Es ist für uns eine Selbstverständlichkeit“
Seit über einem Jahr können die Betroffenen die Versorgungs- sowie Aufenthaltsortefür Obdachlose nur eingeschränkt benutzen, da die Corona-Hygienekonzepte aus Platzgründen in diesen schwierig umsetzbar sind.
„Den Menschen muss geholfen werden. Es sind genauso Bürger Dortmunds und wir wollen dafür sorgen, dass diese Menschen gut unterkommen und gut versorgt werden und das ihnen so entgegengekommen wird, wie es notwendig ist“, betont Ralf Stolze.
Der stv. Bezirksbürgermeister der Innenstadt-West stellte klar, dass bis auf ein Mitglied der Bezirksvertretung alle für die Unterstützung von Obdachlosen eingetreten seien. Für die BV seien die Obdachlosen keine Störfaktoren.
Für Till Hoppe, Geschäftsführer des Freizeitzentrums West, ist die Unterstützung von Obdachlosen eine Selbstverständlichkeit geworden.
Die Institution hat schon häufiger Erfahrungen mit wohnungslosen Personen gemacht, die zwar nicht immer positiv ausfielen, jedoch oftmals verlief die Kommunikation freundlich und war zielführend, was das Team der Einrichtung, die ab Donnerstag der neue Standort der ,,Corona-Hilfe“ ist, motiviert.
„Wir versuchen die Zeit, die wir aktuell ohne Kultur und ohne Veranstaltungen durchführen müssen sinnvoll zu nutzen. Da ist diese Kombination etwas für Dortmund, für Obdachlose, für gesellschaftlich Benachteiligte zu tun, für uns eine sehr gute Option“, betont Till Hoppe mit Blick auf die Vermietung ab dem 1.April.
Das Freizeitzentrum West schätze sich glücklich, dass es die Chance habe, ein solches Projekt dort umsetzen zu dürfen: „Wir tun unser Bestes und wir freuen uns sehr auf die Zusammenarbeit mit Wärmebus, Gasthaus und den Kontakt mit Obdachlosen“, erklärt der Geschäftsführer des Freizeitzentrums West.
Absperrungen vor dem Eingang des FZW- anstatt Konzertbesucher*innen haben ab 1.April nur Obdachlose Zutritt
Ab dem 1.April haben alle bedürftigen Dortmunder*innen die Möglichkeit im FZW warme Mahlzeiten zu erhalten. Bevor sie die Einrichtung betreten dürfen, ist es Pflicht, sich draußen mit Maske sowie Abstand in die Schlange einzureihen, um Zutritt zu erlangen.
An den Absperrungen vor der Tür vorbei, wird bei dem Einlass in die Institution mit einem Infrarotsystem Fieber gemessen, was kontaktlos geschieht. Bei einer Temperatur von 38,5 Grad oder höher wird das Betreten des Gebäudes verwehrt, sodass die Obdachlosen stattdessen ein Lunchpaket erhalten, was sie in diesem Fall nicht drinnen konsumieren dürfen, da die Ansteckungsgefahr bei einer möglichen Infektion zu hoch ist.
Durch Luftreinigungsgeräte wird versucht, möglichst viel zur Vermeidung des Infektionsgeschehens im Freizeitzentrum beizutragen. Dazu gehören auch die bekannten und erprobten Maßnahme wie Handdesinfektion am Eingang.
Jede Person bekommt einen eigenen Tisch zugewiesen, an dem sie ihr Essen zu sich nehmen darf. Zwischen 8 und 11 Uhr sowie 16.30 bis 19.30 Uhr werden die Lunchpakete sowie Suppen in dem Bistro zum Verzehr zur Verfügung gestellt. ,,Es können zeitgleich 50 Menschen an Einzeltischen versorgt werden“, berichtet Birgit Zoerner – 20 weniger als bei der Winterhilfe.
Betrieb des Hygienezentrums an der Leuthardstraße geht weiter
Nachdem die Obdachlosen ihre Mahlzeit beendet haben, können sie dem Einbahnstraßensystem in Richtung des Zelts folgen und die Anlage verlassen, sodass es zu keinem Kontakt zwischen den vorne wartenden Gästen gibt.
Neben dem Zelt im Außenbereich, gibt es eine Küche, die knapp 100 Quadratmeter groß ist, um die Speisen zuzubereiten. Für Personen, die auf einen Rollstuhl angewiesen sind, gibt es ebenfalls Möglichkeiten das FZW zu besuchen durch einen rollstuhlgerechten Ausgang.
Nur durch das Zusammenspiel von Zelt und Indoor-Gastronomie kann die „Corona-Hilfe“ im FZW unterkommen, da eine der Flächen alleine für die mehreren hundert Menschen zu klein wäre.
Die Veranstaltungshalle des Freizeitzentrums wurde aufgrund von Live-Streamings, die in dieser aktuell an manchen Tagen stattfinden, nicht als Ort für die „Corona-Nothilfe“ gewählt, da die Ehrenamtlichen ihre Tätigkeiten aufgrund der Veranstaltungen nicht durchgängig durchführen könnten.
Die Obdachlosen haben zudem die Möglichkeit Toilettenanlagen zu nutzen, welche deutlich komfortabeler sind als die bisherigen Lösungen am Zelt. Duschen bietet die Institution hier nicht an.
Jedoch können die Obdachlosen das Hygienezentrum an der Leuthardstraße nutzen. Dessen Betriebe geht ebenfalls auf unbestimmte Zeit weiter – so lange wie es auch das Angebot im FZW geben wird bzw. geben muss, stellte Sozialamtsleiter Jörg Süshardt klar.
Seit November letzten Jahres hat „Corona-Winterhilfe“ Bedürftige versorgt
Organisationen wie ,,Gast-Haus“ e.V., Bodo e.V. , Kana Suppenküche sowie das „Team Wärmebus“ hatten sich im vergangenen Jahr dazu bereit erklärt, mit insgesamt zahlreichen Ehrenamtlichen die „Corona-Winterhilfe am Dortmunder U“ ins Leben zu rufen und in Wechselschichten den Obdachlosen Essen auszuschenken.
In einem Großzelt versorgten sie pro Tag um die 500 Personen mit Frühstück und Abendessen. Die wohnungslosen Personen hatten die Möglichkeit die Mahlzeiten im Zelt an Einzeltischen einzunehmen, sodass sie nicht auf der Straße essen mussten. In knapp fünf Monaten wurden um die 65.000 Besuche gezählt, was die das Ausmaß an Bedarf verdeutlicht.
„Das Zelt, was wir betrieben haben, war ein humanitäres Erfolgsprojekt. Alleine die Tatsache, dass 500 bis 600 Menschen dieses Zelt als Fixpunkt gewählt haben, um Nahrung zu sich zu nehmen, spricht glaube ich für sich“, betont Heinrich Bettenhausen, 1. Vorsitzender des Gast-Haus in Dortmund.
Unter den Gästen kam es so gut wie nie zu Auseinandersetzungen – im Gegenteil: Es sei ein friedliches Miteinander gewesen. Heinrich Bettenhausen spricht von einer ,,logistischen Meisterleistung“ aller Ehrenamtlichen, die bei dem Projekt mitgewirkt haben. 500 bis 600 Personen täglich zu versorgen sei eine große Herausforderung, die die „Corona-Winterhilfe“ erfolgreich gemeistert habe.
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