Wegfall von Regelangeboten wegen Corona: Stadtrat einmütig für Stärkung der Obdach- und Wohnungslosenhilfe

Parkplatz gegenüber dem Gast-Haus, wo ein Großzelt als Behelfsangebot für den Winter aufgestellt werden könnte. Luftbild: mapz.com

Die Folgen der Coronakrise, das hat sich mittlerweile rumgesprochen, treffen vor allem die Schwächsten in der Gesellschaft. Obdach- oder wohnungslose Menschen sind nun besonders schutzbedürftig, weil es aus Hygienegründen an Aufenthaltsmöglichkeiten und anderen Regelangeboten fehlt. Sie benötigen vor Einbruch des Winters, also zeitnah, außergewöhnliche Unterstützung. Das haben viele Fraktionen des Dortmunder Stadtrats sehr wohl erkannt und konzertiert gehandelt. Mit großer Mehrheit beschlossen die Ratsmitglieder in der vergangenen Woche eine Reihe von Maßnahmen zur Verbesserung der Situation dieser Personengruppe.

Herannahender Winter verlangt schnelle Entscheidung über Verbesserung der Hilfsangebote für Obdachlose

Armut in Dortmund
Ein Wohnungsloser auf einer Bank in der Dortmunder Innenstadt. Foto: Klaus Hartmann

Bündnis 90/Die Grünen hatten auf der letzten Stadtratssitzung am vergangenen Donnerstag (8. Oktober) „zusätzliche temporäre Unterstützungen für die Wohnungslosenhilfe“ beantragt, die SPD will eine „Verbesserung der Situation hilfsbedürftiger Menschen“ erreichen, Linke & Piraten blicken auf die „Obdachlosenversorgung“ – und bei soviel Engagement, da mochte auch die CDU nicht hintenanstehen. Sie schloss sich dem Grünen-Antrag kurz vor der Sitzung mit einem eigenen Ergänzungsantrag an. ___STEADY_PAYWALL___

Den meisten Vertreter*innen in dem kommunalen Selbstverwaltungsgremium ist klar: Weil Teile der Regelhilfen für Menschen ohne eigene Wohnung wegen der Coronakrise gegenwärtig nicht genutzt werden können, muss jetzt vor dem herannahenden Winter noch gehandelt werden, also schnell. Zwar sei in den letzten Jahren viel auf den Weg gebracht worden, aber durch Corona gäbe es viele neue Probleme oder es könnten Leistungen eben nicht mehr an den Mann und die Frau gebracht werden, konstatiert Renate Weyer von der SPD zur Begründung des Antrags ihrer Partei.

Die Sozialdemokrat*innen möchten die Essensausgaben im Gast-Haus verbessern und „zusätzliche Aufenthaltsmöglichkeiten in der kalten Jahreszeit“ schaffen. Und dies eben so schnell wie möglich. Das sehen Linke & Piraten sowie die Grünen ganz ähnlich. Beide Fraktionen möchten wie die SPD die Errichtung einer Großzelteinrichtung in Nähe des Gast-Hauses an der Rheinischen Straße prüfen lassen; außerdem solle es zusätzliche Essensausgaben und Aufenthaltsräume geben.

Anvisiert ist die Umnutzung des Parkplatzes am Dortmunder U gegenüber dem Gast-Haus

Das Gast-Haus an der Rheinischen Straße. Foto: Thomas Engel

Justine Grollmann (CDU) sekundiert: das Thema sei auch ihrer Partei sehr wichtig. Was den Christdemokrat*innen vorschwebt: gegenwärtig nicht mehr benötigte Logistik und Infrastruktur aus der Flüchtlingskrise für obdach- und wohnungslose Menschen zur mobilen wie stationären Versorgung einzusetzen. Da gibt es eingelagerte Zelte, Containergebäude, Toilettenanlagen sowie geschlossene Erstaufnahmeeinrichtungen, die als zeitweilige Versorgungszentren umfunktioniert werden könnten.

Es ginge darum, kurzfristig zu reagieren und langfristig zu planen. Daher solle sofort über alle vorliegenden Anträge entschieden werden, so die Christdemokratin. Auch Utz Kowalewski möchte nicht bis zur nächsten Ratssitzung im Dezember warten, sondern sofort beschließen. Ulrich Langhorst ist d’accord und macht für die Grünen klar: es sei ein schönes Zeichen, dass von den vier Fraktionen solche Signale gesendet werden.

Anvisiert ist auf einen Vorschlag der Wohnungslosenhilfe die Errichtung eines Großzeltes auf dem derzeit nicht genutzten Parkplatz vor dem Dortmunder U, gegenüber vom Dortmunder Gast-Haus. An der Einrichtung werden gegenwärtig an die 300 Essenspakete täglich ausgegeben, doch ihre Räumlichkeiten, also Essensraum, Duschen und Toiletten, bleiben aus Corona-Schutzgründen genauso wie etwa die der Kana-Suppenküche weiterhin geschlossen.

Überweisung in Fachausschuss: Hygienezentrum an der Leuthardstraße als dauerhafter Regelbetrieb?

Das verkompliziert die Lage vieler wohnungs- und obdachloser Menschen angesichts der herannahenden Kältemonate erheblich. Es bestünde Einigkeit unter den Akteuren der Wohnungslosenhilfe wie der Stadt, so Sozialdezernentin Birgit Zoerner, dass es ein weiteres Angebot geben müsse. Weil bestimmte Hilfsstrukturen unter Corona nicht mehr betrieben werden könnten, bräuchte es innenstadtnah Ersatz – und mit Blick auf den Winter dies eher in einer geschlossenen Räumlichkeit. Dort, möglichst in Gast-Haus-Nähe könnten Tagesangebote gemacht, die Essensausgabe organisiert werden. Zumal: außer den Betriebskosten wie Strom und Wasser müsste die Stadt kein weiteres Geld in die Hand nehmen.

Viele Angebote sind wegen Corona noch nicht wieder oder nur eingeschränkt geöffnet. Das Hygienezentrum hilft.
Viele Angebote sind wegen Corona nur eingeschränkt zugänglich. Das Hygienezentrum hilft. Foto: Sebastian Sellhorst/bodo e.V.

Was bislang nicht geklärt ist: wie das temporär betriebene Hygienezentrum im ehemaligen Kreiswehrersatzamt an der Leuthardstraße perspektivisch – wie unter anderem von der CDU gefordert – in einen dauerhaften Regelbetrieb überführt werden könnte. Dieses Problem wurde von den Fraktionen für weitere Prüfungen an den Sozialausschuss überwiesen, ansonsten wurden die Anträge der Fraktionen mehrheitlich im Stadtrat beschlossen.

Unter der Trägerschaft des Verbands „Der Paritätische Dortmund“ und koordiniert vom Gast-Haus wird das Hygienezentrum an der Leuthardstraße augenblicklich vom Team Wärmebus bodo, dem DRK und der Diakonie und dem DRK mit professioneller Hilfe eines  Reinigungs- und Sicherheitsteams betrieben.

Die Immobilie wird von der Stadt Dortmund zur Verfügung gestellt, die zugleich die Betriebskosten sowie 60 Prozent der Kosten für Reinigung und Security übernimmt. Zudem kommt sie für eine Pauschale der ausgegebenen Hygieneartikel wie Kleidungsstücke auf. Die Stadt Dortmund stellt das Gebäude, zahlt die Verbrauchskosten und 60 Prozent der Reinigungs- und Security-Kosten, außerdem eine Pauschale für ausgegebene Hygieneartikel und Kleidungsstücke.

 

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