Von Susanne Schulte (Text) und Alexander Völkel (Fotos)
Thomas Westphal hat es geschafft. Nach der Stichwahl, die die Wähler*innen mit 51,97 Prozent ihrer Stimmen für ihn entschieden, setzt er nun die seit 1946 ungebrochene Reihe der SPD-Oberbürgermeister in Dortmund fort. Knapp 33 Prozent der Wahlberechtigten machten ihr Kreuz bei dieser Stichwahl. Der gemeinsame Wahlaufruf von Grünen und CDU, den CDU-Mann Dr. Andreas Hollstein zu wählen, hat nicht das Ergebnis gebracht, das sich die beiden Parteien gewünscht hatten.
Sichtlich aufgeregt und erleichtert: Thomas Westphal erscheint erst, als das Ergebnis feststeht
Während Andreas Hollstein im CDU-Fraktionsaal die ganze Zeit die Statistik und seine politischen Weggefährt*innen im Blick hatte, kam Thomas Westphal erst um 19 Uhr in den SPD-Raum, um sich feiern zu lassen. „Man verlässt den Platz erst nach dem Abpfiff“, kommentierte er sein spätes Erscheinen.
Das für diese Situation schräge Zitat war wohl seiner Aufregung und Erleichterung zuzuschreiben. So verpasste er auch seinen Mitbewerber um das Amt des Oberbürgermeisters, der vorher schon zum Gratulieren in den Saal der SPD-Fraktion gekommen war.
Die in den vergangenen Jahren nicht gerade von Erfolgen verwöhnten Genoss*innen freuten sich über den knappen Wahlsieg. „Ich muss mich bedanken, bei allen Menschen die geholfen haben, diesen riesigen und beherzten Wahlkampf hinzulegen“, sagte Westphal.
Viele Aktive hätten gezeigt, „was man erreichen kann, wenn man zusammensteht und daran glaubt. Wir haben nie gezweifelt, dass in Dortmund Fairness, Sicherheit und Verlässlichkeit gefragt ist und gewinnt“, betont der neue OB und konnte sich die Seitenhiebe gegen die Grünen und ihre Wahlempfehlung für Hollstein nicht verkneifen.
„Es geht um die Menschen in der Stadt, um Dortmund, die Zukunft dieser Stadt und nicht um Parteien und ihre Kalküle, ihre Überlegungen und Schachzüge – das haben die Menschen schon lange satt“, betonte Thomas Westphal unter dem Applaus seiner Parteifreund*innen. „Die Menschen, die sagen was sie wollen und die dazu stehen, die gewinnen.“
Hollstein: „Es tut mir wenig Leid für mich selbst, es tut mir Leid für die Stadt“
Anders dagegen harrte Westphals Konkurrent von Anfang an im CDU-Fraktionssaal aus. 590 von 671 Wahlbezirken waren ausgezählt, die Leinwand zeigte 47,41 Prozent der Stimmen für Dr. Andreas Hollstein an, da nahmen der CDU-Oberbürgermeisterkandidat selbst und Sascha Mader, der stellvertretende Kreisvorsitzende, das Votum im leisen Gespräch bereits gefasst an: „Es war ja sehr eng, bei der hohen Wahlbeteiligung. Ich hätte es gerne gemacht“, so Hollstein mit Blick auf die Statistik. „Es tut mir Leid“, antwortete Sascha Mader.
Kurz nach diesem kurzen Wortwechsel, wandte sich Hollstein an alle im CDU-Raum auf der ersten Etage des Rathauses: „Ich denke, das Rennen ist gelaufen“, sagte er, noch bevor die Ergebnisse der letzten Wahlbezirke eingetroffen waren. Zum guten Sportler gehöre auch anzuerkennen, dass man verloren habe. „Es tut mir wenig Leid für mich selbst, es tut mir Leid für die Stadt. Dortmund ist mir ans Herz gewachsen.“
Er bedanke sich bei dem „Super-Team“, das seinen Wahlkampf organisiert hatte. Er sei gefestigt genug, seinen „Glückwunsch an die SPD und Herrn Westphal“ auszusprechen. „Ich hoffe zutiefst, dass Grüne und CDU weitermachen in der Politik der Gemeinsamkeit.“
48,03 Prozent der Wähler*innen wollten Andreas Hollstein als Oberbürgermeister
Minutenlanger Applaus folgte den Worten des langjährigen, ehemaligen Bürgermeisters von Altena, dessen Kandidatur vier Tage vor der Stichwahl von den Grünen unterstützt wurde, die eine Wahlempfehlung für den CDU-Mann aussprachen.
Das Ergebnis – 48,03 Prozent der Wähler*innen stimmten für Hollstein – zeigt aber auch, das eine andere Politik in der Stadt gewünscht wird. Und diese Änderung hängt nicht an der Person Andreas Hollstein.
So zögerte Katja Bender, Parteisprecherin der Grünen auch mit einer schnellen Antwort auf die Frage, ob man in den Reihen der Grünen sehr enttäuscht sei ob des Ergebnisses: „Ein bisschen ja. Wenn man es hätte schaffen können, dann jetzt. Aber die Kommunalwahl habe ja auch gezeigt, „dass wir immer mehr Menschen in dieser Stadt vertreten“.
Ihr Kollege Julian Jansen ergänzte: „Der künftige OB muss sich überlegen, wie er Politik macht, um die Stadtgesellschaft nicht zu spalten.“
Die Grünen sind mit 22 Sitzen im Rat nun die zweitstärkste Fraktion. Die SPD hat mit Thomas Westphal als Oberbürgermeister nun 28 Sitze, die CDU 20. Insgesamt sitzen in dem Gremium 91 Lokalpolitiker*innen.
Kerstin Feldhoff, Mitglied im Kreisvorstand der Grünen, sagte dann auch: „An uns vorbei kann keine Politik gemacht werden.“ Vor allem, wenn der Schulterschluss mit der CDU nach dieser Stichwahl nicht brüchig wird.
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Ulrich Sander, Dortmund, Sprecher der VVN-BdA
„In Dortmund treten seit Jahren gewaltbereite, Geschichte verleugnende und den Nationalsozialismus verherrlichende Kräfte offensiv auf. Der Rat der Stadt Dortmund legt größten Wert darauf, dass die Zeit der nationalsozialistischen Schreckensherrschaft Teil eines kollektiven gesellschaftlichen Gedächtnisses bleibt. Er hat keinerlei Verständnis für eine Maßnahme, die die demokratische und humane Erinnerungskultur unserer Stadt beschädigt. Der Rat der Stadt Dortmund fordert die Landesregierung auf, alle Möglichkeiten auszuschöpfen, um die Gemeinnützigkeit für die VVN-BdA beizubehalten.“
Diese Erklärung, hier ein Auszug, beschloss am 28. März 2019 der Rat der Stadt Dortmund auf Antrag der Fraktionen von SPD, B´90/Die Grünen und Die Linke & Piraten; dagegen stimmten die CDU und FDP gemeinsam mit den Rechtsextremen von AfD, NPD und „Rechten“. Oberbürgermeister Ullrich Sierau befürwortete die Erklärung der Solidarität mit der VVN-BdA ausdrücklich. Dafür ist ihm sehr zu danken.
Bei der Kommunalwahl verbanden sich zuletzt die Grünen mit der CDU, statt weiter mit SPD und Linken im Sinne dieser Erklärung zusammenzuarbeiten.
Wir möchten Thomas Westphal zur Wahl zum neuen Dortmunder Oberbürgermeister auch deshalb beglückwünschen, weil er im Wahlkampf die antifaschistischen Kräfte, und sie sind die Mehrheit, bestärkte. Er hat sich entschieden für eine Aufklärung der rechtsextremen Vorkommnisse auch bei der Dortmunder SEK-Polizeiformation eingesetzt. Wir hoffen auf eine gute Zusammenarbeit.
Ulrich Sander, Dortmund, Sprecher der VVN-BdA