Dicke Panne bei den Briefwahlunterlagen zur Ratswahl in Dortmund: In sieben Ratswahlbezirken wurden fehlerhafte Stimmzettel verschickt. Darauf stand jeweils ein*e Bewerber*in, die mangels ausreichender Unterstützungsunterschriften nicht zur Wahl zugelassen wurden. Insgesamt 18.443 Briefwahlunterlagen in den sieben Stimmbezirken wurden verschickt. Wer die nicht zugelassene Person ankreuzt bzw. angekreuzt und abgegeben hat, dessen Stimmzettel ist ungültig. Betroffen sind Wahlbezirke in den Stadtbezirken Brackel, Hörde, Hombruch und Lütgendortmund. Ab morgen werden korrigierte Wahlzettel ausgegeben – die Urnenwahl wird nicht betroffen sein.
Kandidat*innen von DOS-Partei, Tierschutz-Partei und „Wir für Widerstand“ betroffen
Konkret geht es um die Wahlbezirke 17,18 und 20 in Brackel, 28 in Hörde, 29 und 30 in Hombruch und 35 in Lütgendortmund. In fünf Fällen geht es um die Kandidat*innen der neuen DOS-Partei, ein Mal um „Wir für Widerstand“ und ein Mal um die Tierschutzpartei. Der Wahlausschuss hatte mangels der erforderlichen Anzahl von Unterstützungsunterschriften die jeweilige Person nicht zur Wahl zugelassen. ___STEADY_PAYWALL___
Allerdings wurden im Rahmen der automatisierten Übertragung der Stimmzetteldaten an den Druckdienstleister die Daten der nicht zugelassenen Wahlvorschläge ebenfalls in die Stimmzettel aufgenommen. Wortreich versuchte die Stadt, die Panne zu erklären, die erst 14 Tage nach Beginn der Briefwahl durch den Anruf eines Wählers auffiel.
Darauf hin wurden alle 55 Stimmzettel erneut überprüft – sieben erwiesen sich als fehlerhaft. Rechtsamt und Bürgerdienste haben daher fieberhaft geprüft, wie die Wahl dennoch von statten gehen kann.
Für die Stimmabgabe in den betroffenen Wahlräumen (Urnenwahl) der sieben betroffenen Kommunalwahlbezirke wird sich dies nicht auswirken. Am 13. September 2020 werden dort korrekte Stimmzettel ausgegeben. Gleiches gilt für die ab sofort verschickten Briefwahlunterlagen.
Stadt wird nur die „fälschlich“ abgegebenen Stimmen für ungültig erklären
Aufgrund der konkreten Nähe zum Wahltermin ist es nicht mehr möglich, die falsch produzierten Stimmzettel gegen neue auszutauschen und rechtzeitig zurückgesendet zu bekommen. Vielmehr muss davon ausgegangen werden, dass ein großer Teil der Briefwähler wenige Tage vor der Wahl urlaubsbedingt abwesend ist.
In diesem Fall würde dieser Weg das Risiko eines erheblichen Wahlanfechtungsrisikos bergen, betont die Stadt. Die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Nachwahl liegen ebenfalls nicht vor – hier wäre nur höhere Gewalt ein Grund – beispielsweise eine Naturkatastrophe am Wahltag.
Bei dem vorgeschlagenen Weg – lediglich die fälschlich vergebenen Stimmen ungültig zu erklären und dann zu prüfen, ob diese im jeweiligen Wahlkreis einen Wahlausschlag hätten geben können, handelt es sich unter den gegebenen Umständen um die rechtssicherste Verfahrensweise, betont Rechtsdezernent Norbert Dahmen. Die Bezirksregierung Arnsberg sowie die Landeswahlleitung wurden bereits informiert.
Wer gewählt hat, kann seinen Wahlschein für ungültig erklären lassen und neu wählen
Wie geht es nun weiter? Bis zum heutigen Tag wurden in den genannten Kommunalwahlbezirken bereits 18.443 Briefwahlunterlagen an Briefwähler*innen verschickt. Seit Bekanntwerden der fehlerhaften Stimmzettel am gestrigen Tag, werden keine weiteren Briefwahlunterlagen für diese Kommunalwahlbezirke ausgestellt.
Sobald die korrekten Stimmzettel vorliegen (voraussichtlich am Freitag (4. September), werden in diesen Fällen die Briefwahlproduktion und die Ausgabe der Briefwahlunterlagen fortgesetzt. Soweit Briefwähler*innen ihre beantragten Briefwahlunterlagen noch nicht zurück geschickt haben, können sie einen korrekten Stimmzettel für die Wahl des Rates der Stadt Dortmund in ihrem Kommunalwahlbezirk beim Wahlbüro anfordern.
Briefwahlstimmen, die für die o.g. Bewerber*innen zur Wahl des Rates abgegeben wurden, sind ungültig – Stimmen für alle anderen Bewerber*innen auf dem Stimmzettel bleiben gültig. Wer sich unsicher ist oder weiß, dass seine Stimme ungültig erklärt würde, kann beim Wahlamt beantragen, den alten Wahlschein für ungültig erklären lassen. Er bekommt dann einen neuen Satz mit Wahlzetteln. Dadurch würde sich die Zahl der ungültigen Stimmen weiter minimieren.
Stadt will nicht über Zahl der betroffenen Stimmen spekulieren – Rechtssicherheit erst später
Wie groß der Anteil werden könnte, darüber will man bei der Stadt nicht spekulieren. Klar ist nur, dass die Zahl der Unterstützer*innen im Vorfeld so gering war, dass nicht genügend Unterschriften zur Zulassung zusammenkamen. Erst am Wahlabend wird es zumindest eine Aussage über die Zahl der ungültigen Stimmen geben.
Anschließend wird das Wahlamt die Auswirkungen prüfen und berechnen. Doch eine abschließende Entscheidung darüber, ob es eine gravierende Auswirkung auf den Wahlausgang im jeweiligen Wahlbezirk gab und ob es eine Nachwahl geben soll, wird erst der Wahlprüfungsausschuss treffen.
Doch dieser wird vom neuen Rat bestimmt – eine theoretische Nachwahl wird es also keinesfalls zum Termin einer möglichen OB-Stichwahl am 27. September geben. Da es zudem zu Klagen und Wahlanfechtungen kommen kann, kann es eine abschließende Entscheidung mitunter erst Monate nach der eigentlichen Wahl geben.
HINTERGRUND:
Komplizierte Bewertung
- Die auf den fehlerhaften Stimmzetteln abgegeben Stimmen für die vorgenannten Parteien und Wählergruppen sind für ungültig zu erklären.
- Ob diese dann von entscheidendem Einfluss auf das Wahlergebnis im jeweiligen Wahlbezirk oder auf die Zuteilung der Sitze aus der Reserveliste sein werden, kann erst nach Vorprüfung durch den Wahlausschuss im nachfolgenden Wahlprüfungsverfahren zur Gültigkeit der Wahl nach § 42 Abs. 1 lit. b Kommunalwahlgesetz (KWahlG) abschließend festgestellt werden.
- Hierbei gilt, dass es für eine Mandatsrelevanz i. S. des § 42 Abs. 1 lit. b KWahlG darauf ankommt, dass es sich im jeweils vorliegenden Einzelfall um eine Unregelmäßigkeit von “entscheidendem” Einfluss handelt.
- D. h., dass eine Wahl (hier im jeweiligen Wahlbezirk) nur dann für ungültig erklärt werden kann, wenn es ernstzunehmende Gründe für die Annahme gibt, dass sie bei ordnungsgemäßem Ablauf möglicherweise zu einem anderen Ergebnis geführt hätte.
- Notwendig ist deshalb die reale Möglichkeit einer anderen Sitzverteilung; daran fehlt es, wenn nach der Lebenserfahrung und den konkreten Fallumständen Auswirkungen der Unregelmäßigkeit auf das Wahlergebnis praktisch so gut wie auszuschließen sind, ganz fernliegen, höchst unwahrscheinlich erscheinen oder sich gar als lebensfremd darstellen.
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