Strahlende Gesichter bei „Ruhrhochdeutsch“ – im Saal wie auf der Bühne. Denn die beliebte Kabarett-Reihe ist das erste große Format in Dortmund und der Region, welches auch in Zeiten von Corona bekannte Namen auf die Bühne holen kann – vor bis zu 370 Besucher*innen. Diese Möglichkeit nach Monaten der verordneten Untätigkeit treibt selbst hart gesottenen Unterhaltskünstlern wie Ingo Appelt die Tränen in die Augen. Auch Jochen Malmsheimer ist begeistert.
Neues Konzept im „Schalthaus 101“ geht voll auf und ermöglicht rund 370 Plätze
„Ich freue mich Sie zu sehen. Das sagen wir in unserer Branche zwar immer. Jetzt aber stimmt es“, sagt der Wortakrobat verschmitzt. Denn dass er an drei Abenden im „Schalthaus 101“ auf Phoenix-West vor so vielen Besucher*innen stehen kann, ist in Zeiten von Covid-19 ungewöhnlich.
„Das letzte Mal, dass ich vor Gästen auf einer Bühne stehen konnte, war am 12. März in Dresden. Das ist sowohl geografisch als auch zeitlich sehr weit weg“, berichtet Jochen Malmsheimer. Umso deutlicher und ehrlicher fällt der Dank an das Team um Organisator Horst Hanke-Lindemann sowie die Stadt Dortmund aus, die die Kabarettreihe in diesen schwierigen Zeiten möglich gemacht haben.
Auch Ingo Appelt hatte – sogar an beiden Abenden – Tränen in den Augen, als er die Besucher*innen begrüßte, berichtet Horst Hanke-Lindemann. Dieser hat mit dem „Schalthaus 101“ einen Volltreffer gelandet. Anders als viele andere Häuser und Veranstalter kann er sein Festival durchziehen.
Zwar nicht wie gewohnt im Spiegelzeit an der B1 – dort hätte nur ein Bruchteil der Gäste hineingedurft. Auf Phoenix-West kann er die Gästezahl der Vorjahre halten. Denn hier steht – wie berichtet – deutlich mehr Platz zur Verfügung.
Viel Raum im Saal sorgt für Abstand und ein sicheres Gefühl in Zeiten von Corona
Die neue Location kommt ausgesprochen gut an. In dem alten Schalthaus – es wird derzeit von „World of Walas“ umgebaut und entwickelt – konnte „Ruhrhochdeutsch“ vorübergehend für eine Saison einziehen. In Sachen Hygienekonzept und vor allem Abstand konnten hier alle Vorgaben erfüllt werden. Und nicht nur das: Die Location kann sich sehen lassen. Die Zuschauer*innen waren begeistert vom neuen Spielort.
Sie fühlten sich zudem sicher: Jeweils zwei Plätze werden mit einem Tisch vom nächsten Stuhlpaar abgetrennt, der Abstand zum Vordermann ist riesig. Selbst bei ausgestreckten Beinen können Menschen passieren. Die Gänge sind ebenfalls sehr breit, durch die Halle zieht ein lauer Windhauch. Denn die Halle hat zwar ein Dach, aber keine Seitenfenster. Das sorgt für gute Durchlüftung.
Alle Nebenbereiche sind großzügig gestaltet, Abstandswahrung ist daher möglich, auch wenn dies nicht alle Gäste nutzten. Zudem gab es keine Pause, um die Begegnungen draußen zu minimieren. Dafür konnten sich die Gäste am Platz mit Getränken bedienen lassen. Die Künstler*innen haben sich damit arrangiert – sowohl mit der fehlenden Pause als auch der Bedingung am Platz. Die Freude – endlich wieder auftreten zu können – überwog die Atmosphäre.
Gäste kamen aus einem Umkreis von 200 Kilometern nach Dortmund
Außerdem hielten sich die Beeinträchtigungen durch den Service wegen der Zurückhaltung des Personals und der Weitläufigkeit in Grenzen. Die Begeisterung überwog sehr deutlich. „Die Leute sind froh, dass es endlich wieder Kulturangebote gibt“, weiß Horst Hanke-Lindemann aus vielen Gesprächen.
Ein Blick auf den Parkplatz offenbart viele auswärtige Kennzeichen. Das ist zwar bei Künstler*innen wie Jochen Malmsheimer nicht ungewöhnlich – auch schon im Spiegelzelt waren in den Vorjahren Fans aus einem Umkreis von 200 Kilometern gekommen. Ein Stammgast kommt dafür sogar aus Hannover.
Doch die Möglichkeiten – überhaupt solche hochkarätigen Acts live sehen zu können – sind noch rar gesät. Und es hat sich offenbar noch nicht komplett herumgesprochen: Selbst für Jochen Malsheimer gab es noch an allen drei Abenden Restkarten (auch für den heutigen Donnerstag /25. Juni und den morgigen Freitag/ 26. Juni).
Jochen Malmsheimer zelebriert das Sprechen und drechselt kunstvolle Wortgebilde
Jochen Malmsheimer ist mit seinem Programm „Ich bin kein Tag für eine Nacht oder: ein Abend in Holz“ zu Gast. In diesem Kabarettprogramm geht es vor allem um eins: ums Sprechen. Das findet ja immer häufiger statt, ohne dass der, die oder das Sprechende wirklich weiß, was da mit und in ihm, ihr oder dem Kleinen da geschieht.
Dem wird nachgespürt und zwar erschöpflich: Zuerst in allerlei Gesprächssituationen, als da wären: das Kneipengespräch, das ja immer mit „Passauff!!“, beginnt, und das privatradiöliche Moderatorengewäsch. Alsbald bekommt der Vortragende die Kurve, und das überrascht nicht zuletzt ihn selbst immer wieder, zu einschneidenden Jetset-Erlebnissen mit fremdsprachlichen Fallgruben auf Flugzeugtoiletten und dem Babyschwimmen, bei dem ja auch viel geblubbert wird.
Die anschließende Pause hätten sich alle verdient, wenn es sie denn gegeben hätte. Im Folgenden geht es um den Sprechakt als solchen, und zwar in Form einer auch den Naturwissenschaftler in keiner Weise zufriedenstellenden Vivisektion eines Gesprächsrudimentes pubertärer Prägung. Mit Warnlampe! Danach ist allen vieles oder vielen alles klarer, was aber keine Erleichterung schafft.
Dann muss auch mal Schluss sein! Doch die Fans wollten Malmsheimer „so schnell nicht“ gehen lassen. Sie klatschten ihn zurück auf die Bühne. „Das trifft mich jetzt nicht unvorbereitet“, sagt der Kabarettist lachend. Natürlich gab es eine Zugabe. In Zeiten von Corona sogar von ganzem Herzen. Fortsetzung folgt.
Weitere Informationen:
- Termine vom Festival RuhrHOCHdeutsch: hier.
- Seite des Veranstalters, dem Theater Fletch Bizzel hier.
- Seite des Vereins Halte-Stelle e.V. findet sich hier.hier.
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RuhrHOCHdeutsch im Schalthaus 101 – Im August 2020 (PM)
RuhrHOCHdeutsch im Schalthaus 101 – Im August 2020
Im August gibt es eine schlechte Nachricht und vier gute Nachrichten zu verkünden, die schlechte zuerst. Leider fällt die Sport-Revue „Der Trainer muss weg“ den Corona-Beschränkungen zum Opfer, da die Zahl der auf der Bühne unter Berücksichtigung der Abstandsvorschriften erlaubten Künstler weitaus überschritten werden würde. Die vier guten Nachrichten: wir haben hochkarätigen Ersatz gefunden!
Den Auftakt macht Ingo Appelt, einer von drei Künstler*innen, die schon in den ersten Tagen der diesjährigen Spielzeit unser Publikum begeistert haben und nun noch einmal zu sehen sind. Auch für die Fans von Jochen Malmsheimer und Frieda Braun gibt es durch die Absage jeweils einen Zusatztermin. Ganz neu und erstmalig im Programm bei RuhrHOCHdeutsch vertreten ist das Hansa Theater mit einem Best-Of der Produktionen, für die unsere Kolleg*innen aus Hörde bekannt und beliebt sind.
Ebenso zu ersten Mal begrüßen wir ein wahres Multitalent auf unser Bühne, den Entertainer, Autor, Podcaster Moderator und Comedian Micky Beisenherz, der sein Programm „Filterkaffee und Apokalypse“ präsentiert.
Ansonsten geben sich wieder einmal eine Vielzahl von Kabarettisten mit großem Namen die Klinke in die Hand: die Mitternachtsspitzen-Macher Jürgen Becker & Wilfried Schmickler, René Steinberg, Jürgen B. Hausmann unser „Lokalmatador“ Bruno „Günna“ Knust (mit neuem Programm).
Stark vertreten ist im August auch die Riege erstklassiger Comedy-Frauen durch Anny Hartmann, Carmela de Feo, Lioba Albus, Katie Freudenschuss und Barbara Ruscher. Wie immer kommen auch die Freund*innen musikalischer Unterhaltung nicht zu kurz, denn wir haben GlasBlasSing, William Wahl und basta zu Gast, von Klavierkabarett über schräge Pfandflaschen-Musik bis A-Capella wir Ihnen Einiges geboten. Der Höhepunkt des diesjährigen musikalischen Programmes ist die Verleihung des Tana-Schanzara-Preises an Stoppok, der den Tag mit einem abendlichen Konzert krönt.
Junges, aufstrebendes Stand-Up- Blut wird in den Show von RebellComedy und NightWash vertreten sein, und auch zwei ..immer dienstags“- Vorstellungen werden von den jungen und schon gefeierten Comedy- Magikern Siegfried & Joy bestritten bis das RuhrHOCHdeutsch-Ensemble rund um „Kuballa seine Bude“ aus der kleinen Sommerpause zurück ist.