Von Klaus Winter
Der Name „Hafenviertel“ für den westlichen Bereich der Nordstadt entstand in den 1920er Jahren quasi von selbst, ohne amtliche Unterstützung und ohne irgendeine Taufe. Seit der Mitte des Jahrzehnts hatte zwischen Münster- und Mallinckrodtstraße, Hafen und Fredenbaum eine verstärkte Bebauung eingesetzt. Daraus entwickelte sich das Bedürfnis, dem Gebiet auch einen eigenen Namen zu geben, so wie die Gegend um den Borsigplatz bereits „Hoesch-Viertel“ genannt wurde.
Dem Hafenviertel in der Nordstadt mangelte es an Plätzen
Die Bebauung des Hafenviertels erfolgte durch vier- bis fünfstöckige Häuserzeilen, für die meist Wohnungsbaugesellschaften oder die Stadt als Bauherren auftraten. Die große Zahl der Wohnungen, die gebaut wurde, war notwendig, um dem dringenden Bedarf der vielen Wohnungssuchenden zu entsprechen. ___STEADY_PAYWALL___
Die neuen Häuserblöcke wirkten nicht monoton. Man schätzte ihre „geradezu vorbildlichen Architekturformen“, ihren besonderen architektonischen Reiz. Anders als in den ersten Jahren nach dem Ersten Weltkrieg wurde jetzt auch mit guten Materialien gebaut. Das steigerte den Eindruck eines gefälligen und repräsentativen Straßenbildes im neuen Viertel.
Aber der Ausbau der Straßen hielt nicht Schritt mit dem Wohnungsbau. Vermisst wurde vor allem ein Zentrum wie es der Borsigplatz und der Republikplatz (Nordmarkt) in ihrem Umfeld waren. Überhaupt fehlte es an Platzanlagen. Ohne Plätze aber „ist der ganze Stadtteil nur ein unorganisches Durcheinander von Straßen und Häusern“.
Der neue „Hindenburg-Spielplatz“ wurde im Jahr 1928 fertiggestellt
Unter diesem Gesichtspunkt wurde die Fertigstellung des „Hindenburg-Spielplatzes“ im Sommer 1928 begrüßt. Er sollte Teil eines „grünen Bandes“ sein, das parallel zur Schützenstraße verlaufen und sich bis zum Fredenbaumwald erstrecken sollte.
Der Kern des heutigen Blücherparks ist der 60 x 50 Meter große Kinderspielplatz, der von Lessing-, Blücher-, Feldherrn- und Lützowstraße (Martha-Gillessen-Straße) begrenzt wird. Er wurde unter der Regie des städtischen Garten- und Friedhofsamtes angelegt.
Zum Schutz der Kinder lag der Platz 1,20 Meter unter dem Straßenniveau. Die Böschungen wurden mit Sträuchern bepflanzt und mit Hecken eingefasst. Von der Feldherrnstraße gelangten die Kinder zu einem 25 x 15 Meter großen Sandkasten, für dessen Befüllung 20 Waggonladungen Sand notwendig gewesen waren.
Neubauten rund um den Spielplatz
Die Eröffnung des für kleine Kinder gedachten Spielplatzes am 2. August 1928 fiel – sehr passend! – mit dem Beginn der Schulsommerferien zusammen. Zu dem Zeitpunkt waren Erweiterungsarbeiten schon im Gange. Es sollten noch ein schattiger Platz mit Bänken, einer Schutz- und Erfrischungshalle, eine Bedürfnisanstalt und ein Spiel- und Turnplatz mit Geräten für größere Kinder gebaut werden.
In den folgenden Monaten entstanden aufgrund privater Bautätigkeit neue vierstöckige Häuser an der Ecke Lessing- /Blücherstraße und der Ecke Blücher- /Mallinckrodtstraße. Auch an der Feldherrnstraße waren Ausschachtungsarbeiten für Neubauten im Gange. „Die Bewohner all dieser Häuser haben einen freien Ausblick, da die Bauten unmittelbar der neuhergestellten Grünfläche gegenüber liegen.“
Die zweite Platz-Hälfte wurde im Jahr 1929 seiner Bestimmung übergeben
Nach einer Winterpause wurden die Arbeiten am Hindenburg-Spielplatz und dem daran nördlich angrenzenden, neu entstehenden Park im März 1929 wieder aufgenommen.
An der Westseite baute man eine „ziemlich umfangreiche“ Erfrischungshalle mit einem besonderen Aufenthaltsraum für den Platzaufseher. An der Ostseite entstand eine sowohl vom Spielplatz als auch von der Blücherstraße aus „gut zugängliche Bedürfnisanstalt in angemessenen Ausmaßen“.
Alle Arbeiten wurden bis Ende April 1929 abgeschlossen. Die Gesamtanlage bestand nun aus einem südlichen Teil mit Sandkasten für kleinere Kinder und einem nördlichen, mit Sitzbänken versehenen für Erwachsene. Den ursprünglichen Plan, diesen Teil mit Spielgeräten für größere Kinder auszustatten, hatte man fallen gelassen.
Die Tagespresse lobte seinerzeit Farbe, Leben und Freude im eintönigen Stadtbild
Die Planänderung schmälerte das städtebauliche Ergebnis nicht. „Die neue Grünanlage mit ihren schönen Anpflanzungen bedeutet für den dicht bevölkerten Stadtteil am Hafen eine Stätte der Ruhe und Erholung“, urteilte die „Dortmunder Zeitung“.
Und im Spätsommer empfahl dieselbe Zeitung: „Wer Lust hat, sich von der neuen Blumenfreudigkeit überraschen zu lassen […] der lenke seine Schritte nach dem Süden [der Stadt], wo die Dahlien jetzt in üppigen Flor kommen, oder nach dem Nordwesten, er wird sich selbst davon überzeugen, daß die Stauden und die einjährigen Sommerblumen berufen sind, in unser ach so graues und eintöniges Stadtbild Farbe, Leben und Freude zu bringen.“
Parkanlage wurde nach hochrangigen Militärs benannt
Die Grünanlage im Hafenviertel behielt ihren Namen nach dem Feldmarschall des Ersten Weltkriegs und späteren Reichspräsidenten Hindenburg bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs. Danach hielt man ihn nicht mehr für geeignet.
Neuer Namensträger des Parks wurde allerdings erneut ein hochrangiger Militär, nämlich der preußische Generalfeldmarschall Blücher, der durch den Sieg über Napoleon in der Schlacht bei Waterloo einen beinah legendären Ruf erworben hatte. Ihm war bereits die den Park östlich begrenzende Straße gewidmet.
Der Blücherpark erstreckt sich heute weiter nach Süden bis zur Treibstraße. Die einstmals angestrebte Anbindung an den Fredenbaumwald wurde dagegen nie realisiert.
Reader Comments
Wolfgang Lachermund
Danke für diesen Beitrag über meine alte Heimatund den mir sehr bekannten Spielplatz. Ich bin immer wieder überrascht über ihre „Entdeckungen“ – z.B. einen Beitrag über die Union-Vorstadt an anderer Stelle. Danke